Rekanalisation innerhalb von 90 Minuten halbiert die Mortalität bei reanimierten Patienten mit STEMI
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Priv.-Doz. Dr. Claudius Jacobshagen, Göttingen
Priv.-Doz. Dr. Karl Heinrich Scholz, Hildesheim
Das Akute Koronarsyndrom ist die häufigste Ursache für einen Herz-Kreislauf-Stillstand beim Erwachsenen. Trotzdem werden die Patienten nach Wiederherstellung des Kreislaufs (ROSC) häufig zunächst in eine Notaufnahme oder auf die Intensivstation gebracht, um dort die weitere Stabilisierung und Diagnostik durchzuführen. Hierdurch geht möglicherweise wertvolle Zeit verloren. Welche prognostische Bedeutung ein prä-hospitales 12-Kanal-EKG und die Direktübergabe des reanimierten Patienten im Herzkatheterlabor (HKL) haben, ist bislang nicht bekannt.
Das multizentrische FITT-STEMI- Projekt verfolgt eine standardisierte Dokumentation und ein systematisches Feedback der Behandlungsergebnisse bei STEMI-Patienten. Aktuell nehmen 49 Herzinfarkt-Netze mit zentraler PCI-Klinik am FITT-STEMI-Programm teil. Bis November 2015 wurden an diesen Kliniken 19.780 Patienten mit akutem STEMI (Symptomdauer <24 h) eingeschlossen. Darunter waren 1.595 Patienten, die zuvor prä-hospital erfolgreich mechanisch reanimiert worden waren (8%). Dies sind 10% aller STEMI-Patienten, die als Primärtransport durch den Rettungsdienst in eine Klinik mit HKL verbracht wurden (1.425/14.306). Bei 1.004 von 1.425 reanimierten STEMI-Patienten mit Primärtransport lag bei Eintreffen im Krankenhaus ein Schock vor (70%). Diese Gruppe der Reanimierten mit Schock wies mit 47,4 % eine besonders hohe Sterblichkeit auf. Bei 74% aller reanimierten Patienten (1.056/1.425) wurde durch die Rettungskräfte prä-hospital ein 12-Kanal-EKG geschrieben. Auf dieser Basis erfolgte in 43% der Fälle (609/1.425) eine Direktübergabe im HKL. Bei reanimierten STEMI mit prä-hospital abgeleitetem EKG und bei reanimierten STEMI mit Direktübergabe im HKL waren die Behandlungszeiten signifikant verkürzt. Dies führte zur einer signifikanten Verbesserung der Prognose: Bei prä-hospital abgeleitetem EKG lag die In-Hospital-Sterblichkeit (IHM) um absolut 9,2% signifikant niedriger als in der Gruppe ohne prä-hospitales EKG (IHM: 36,6% vs. 45.8%). Bei Direktübergabe im HKL lag die Sterblichkeit um absolut 6,7% signifikant niedriger (IHM 35,1% vs. 41,8%). Bei reanimierten STEMI-Patienten, die innerhalb von 90min nach Erstkontakt mit PCI behandelt werden konnten (C2B ≤ 90min), war die Mortalität hochsignifikant auf nahezu die Hälfte reduziert (IHM: 22,7% (66/291) bei C2B ≤ 90min vs. 40,4% (368/912) bei C2B >90min).
Eine therapeutische Hypothermie wurde bei 49% der reanimierten STEMI-Patienten eingeleitet. Hier fand sich kein Unterschied in der Prognose im Vergleich zu STEMI-Patienten ohne Hypothermie (IHM 38% vs. 40%).
Schlussfolgerungen:
Eine Rekanalisation innerhalb von 90 min nach Erstkontakt halbiert die Mortalität bei reanimierten STEMI-Patienten. Dies kann erreicht werden durch eine prä-hospitale EKG-Diagnose und eine Direktübergabe im HKL. Beide Maßnahmen per se gehen bei reanimierten STEMI-Patienten mit einem Zeitgewinn und einer signifikanten Prognose-Verbesserung einher. Daher sollte nach Wiederherstellung des Spontan-Kreislaufs (ROSC) prä-hospital ein 12-Kanal-EKG geschrieben werden, um STEMI-Patienten zu identifizieren und diese direkt in ein HKL zu verbringen. Es kann diskutiert werden, ob nicht alle reanimierten erwachsenen Patienten grundsätzlich primär ins HKL gebracht werden sollten.
Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz und Kreislaufforschung e.V. (DGK) mit Sitz in Düsseldorf ist eine gemeinnützige wissenschaftlich medizinische Fachgesellschaft mit mehr als 9000 Mitgliedern. Sie ist die älteste und größte kardiologische Gesellschaft in Europa. Ihr Ziel ist die Förderung der Wissenschaft auf dem Gebiet der kardiovaskulären Erkrankungen, die Ausrichtung von Tagungen die Aus-, Weiter- und Fortbildung ihrer Mitglieder und die Erstellung von Leitlinien. Weitere Informationen unter www.dgk.org