Transvenous lead extraction in deep analgosedation, a prospective study in 250 consecutive patients
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Dr. Michael Doering, Prof. Dr. Gerhard Hindricks, Leipzig
Die Extraktion von Schrittmacher- oder ICD-Elektroden aufgrund von Elektrodendefekten oder Infektionen von implantierten Aggregaten ist immer häufiger erforderlich. Durch Ausweitung der Indikationen in den vergangenen Jahren vor allem zur kardialen Resynchronisationstherapie und damit einhergehend Anlage einer größeren Anzahl von Elektroden, Implantation von Aggregaten bei zunehmend älteren Patienten mit teilweise erheblichen Komorbiditäten und die steigende Anzahl von Aggregatwechseln, kam es in den vergangenen Jahren zu einer exponentiellen Zunahme der potentiell lebensbedrohlichen Device-assoziierten Infektionen. Bei jeglicher Infektion im Bereich der Elektroden, der Aggregattasche, einer Hautperforation durch das Gerät oder einer Endokarditis mit Befall der implantierten Elektroden muss zwingend das komplette System mitsamt den Elektroden entfernt werden. Zusätzlich kommt es bei den immer älter werdenden Patienten in zunehmendem Maße zu Elektrodendefekten, die teilweise ebenfalls eine Sonden-Extraktion erforderlich machen.
Noch in den 1960-er Jahren konnten Elektroden-Extraktionen nur von Herzchirurgen durch eine Sternotomie vorgenommen werden. Seither wurden jedoch kontinuierlich Werkzeuge entwickelt, die auf der einen Seite eine Stabilisierung der Elektroden und andererseits ein Lösen der entstandenen Verwachsungen mit Herz- und Gefäßwand möglich machen. Ein transvenöser Zugang aus der Aggregattasche zur Extraktion der Elektroden ist heutzutage der bevorzugte Eingriff und mit einer hohen Erfolgsrate sicher möglich. Von jeher Domäne der Herzchirurgie, finden diese Eingriffe auch heute noch zu einem größeren Teil durch einen Kardiochirurgen im chirurgischen Operationssaal unter Vollnarkose statt, jedoch werden sie auch immer häufiger von in der Device-Therapie erfahrenen Kardiologen durchgeführt.
In der Abteilung für Rhythmologie am Herzzentrum Leipzig werden Sondenextraktionen seit 2012 im Katheterlabor in tiefer Analgosedierung durchgeführt. Die Patienten sind mittels EKG, peripherer Sauerstoffsättigung, invasiver arterieller Blutdruckmessung und arterieller Blutgasanalysen überwacht und durch Disoprivan, Midazolam und Fentanyl analgosediert. Dadurch können die Eingriffe in Spontanatmung vorgenommen werden, die Atemwegssicherung erfolgt durch einen oropharyngealen Tubus. Die Sondenextraktion erfolgt schrittweise unter Zuhilfenahme von sogenannten Locking-Stylets, mechanischen Schleusen oder einer kontrolliert-drehenden Extraktionsschleuse. Gelingt die Extraktion der Elektroden nicht über den üblichen Zugangsweg aus der Aggregattasche, ist gelegentlich auch eine Bergung mittels spezieller Fangschlingen über eine femorale oder juguläre Vene erforderlich. Die ersten 250 auf diese Weise am Herzzentrum Leipzig behandelten Patienten wurden prospektiv untersucht und die mit der Prozedur oder der Sedierung assoziierten Komplikationen und das Ergebnis der Sondenextraktion erfasst und ausgewertet.
Zwischen April 2012 und November 2014 wurden bei 250 konsekutiven Patienten insgesamt 531 Elektroden extrahiert. Die behandelten Patienten waren zu 80% Männer und zum Zeitpunkt der Operation im Mittel 65 (± 16) Jahre alt. Die extrahierten Elektroden waren für 84 ± 50 Monate implantiert, in 28% der Fälle handelte es sich um prinzipiell schwieriger zu extrahierende Defibrillator-Elektroden. Unter der tiefen Analgosedierung verblieben 86% der Patienten hämodynamisch stabil, bei hypotoner Kreislauflage war eine medikamentöse Stabilisierung mit Bolusgaben von Cafedrin/Theodrenalin (11%) oder kontinuierlicher Infusion von Norepinephrin (3%) erforderlich. Beim allergrößten Teil der Patienten (245, 98%) konnte der Eingriff in Spontanatmung beendet werden, aufgrund einer respiratorischen Insuffizienz wurden 3 Patienten (1,2%) nicht-invasiv und 2 Patienten (0,8%) invasiv nach endotrachealer Intubation beatmet.
Eine komplette Extraktion gelang bei 510 Elektroden (96%), eine partielle Extraktion mit Verbleib von Elektrodenresten < 2cm erfolgte bei 11 Elektroden (2,1%) und eine erfolglose Extraktion mit Verbleib von Teilen der Elektrode > 2cm ereignete sich bei 10 Elektroden (1,9%). Einen klinischen Erfolg der Sondenextraktion konnten wir dennoch bei 247 Patienten (98,8%) verzeichnen, bei den restlichen 3 Patienten (1,2%) wurde eine operative Bergung der Elektrodenreste erforderlich. Als Zugangsweg diente zum Großteil die Vena subclavia aus der Aggregattasche, bei 31 Patienten (12%) war jedoch eine Extraktion über die V. femoralis und bei 7 Patienten (3%) über die V. jugularis interna erforderlich. Mit der Extraktion assoziierte Komplikationen beobachteten wir bei insgesamt 7 Patienten (2,8%) – von den 4 (1,6%) aufgetretenen Perikard-Tamponaden konnten 2 (0,8%) allein durch Perikardpunktion behandelt werden, bei den restlichen beiden Patienten (0,8%) wurde der Perikarderguss operativ entfernt und die Perforationsstellen am rechten Vorhof-Ohr bzw. dem rechtsventrikulären Apex übernäht. Ein weiterer Patient (0,4%) musste notfallmäßig sternotomiert werden, um einen frei flottierenden Elektrodenrest mit erheblicher Proarrhythmie zu entfernen. Ein postoperativ diagnostizierter, symptomatischer Pneumothorax machte die Anlage einer Thoraxdrainage bei 2 Patienten (0,8%) erforderlich.
Zusammenfassend kann man sagen, dass eine transvenöse Extraktion von Schrittmacher- oder ICD-Elektroden aufgrund der hohen Erfolgsaussichten bei niedrigen Komplikationsraten heute als der Goldstandard angesehen werden sollte. Die Sondenextraktion in tiefer Analgosedierung im Katheterlabor ist sicher möglich und eine gute Alternative zur Durchführung der Eingriffe in Vollnarkose im chirurgischen Operationssaal.
Indikationen zur Sondenextraktion: Eine Hautperforation durch Aggregat und/oder Elektroden (A) und eine Endokarditis mit Befall der Elektroden (C) stellt immer eine absolute Indikation zur Extraktion des Aggregates mitsamt allen Elektroden dar. Eine externalisierte ICD-Elektrode (B) bzw. eine größere Anzahl an Elektroden (D) ist eine relative Indikation zur Extraktion.
Erfolgreiche Extraktion einer single-coil ICD-Elektrode (ǂ) aus dem Apex des rechten Ventrikels. Die Extraktionsschleuse (*) ist auf die rechtsventrikuläre Schock-Coil bis kurz vor die Elektrodenspitze vorgeschoben. Ein nach Punktion der Vena subclavia sinistra eingebrachter Seldinger-Draht (+) zur Sicherung des Gefäßlumens endet im rechten Vorhof.
Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz und Kreislaufforschung e.V. (DGK) mit Sitz in Düsseldorf ist eine gemeinnützige wissenschaftlich medizinische Fachgesellschaft mit mehr als 9500 Mitgliedern. Sie ist die älteste und größte kardiologische Gesellschaft in Europa. Ihr Ziel ist die Förderung der Wissenschaft auf dem Gebiet der kardiovaskulären Erkrankungen, die Ausrichtung von Tagungen die Aus-, Weiter- und Fortbildung ihrer Mitglieder und die Erstellung von Leitlinien. Weitere Informationen unter www.dgk.org