The torpedo-pacemaker – towards blood flow driven lead- an batteryless right ventricular outflow tract pacing
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Dr. Adrian Zurbuchen, Bern
Eine zunehmende Anzahl Patienten benötigt heutzutage künstliche Herzschrittmacher. Einmal implantiert überwachen sie die Herzfunktion, stellen Diagnosen und therapieren Fehlfunktionen. Trotz des technologischen Fortschritts unterliegen solche Implantate immer noch den erheblichen Einschränkungen ihrer internen Energiequelle: Batterien limitieren die Lebensdauer der Herzschrittmacher und müssen in wiederkehrenden chirurgischen Eingriffen ersetzt werden. Dies birgt Risiken und erhöhte Kosten für den Patienten. Speziell limitierend ist dies für die neuste Generation von endokardialen Herzschrittmachern. Einmal im Myokard eingekapselt, ist der Zugang zur erschöpften Batterie stark eingeschränkt und erhöht das Risiko für ein Austauschen des Implantats massiv.
Um dem Patienten diese Nachteile und Risiken zu ersparen, sind batterielose Herzschrittmacher erstrebenswert. Tatsächlich gibt es alternative Energiequellen: Das Herz pumpt kontinuierlich Blut in den Kreislauf und wendet dafür mehr als 1 Watt Leistung auf. Dies entspricht einem rund 200’000 fachen durchschnittlichen Leistungsverbrauch eines modernen Herzschrittmachers (~5 Mikrowatt). Adrian Zurbuchen und seine Kollegen am Inselspital Bern, Schweiz, haben sich zum Ziel gemacht, einen kleinen Teil dieser Energie zu nutzen um einen Herzschrittmacher betreiben zu können.
Die interdisziplinäre Gruppe aus Ingenieuren und Kardiologen hat sich daher für die Entwicklung einer miniaturisierten Turbine entschieden um aus dem Blutstrom Energie zu gewinnen. Die Funktionsweise ist analog zu den gut erforschten und effizienten Kaplan-Turbinen in Wasserkraftwerken. Der Generator besitzt vier Nitinoldrähte, welche sich im Gefäss entfalten und das Gerät zentrisch in seinem Lumen positionieren. Das torpedoförmige Implantat (Durchmesser 6.2 mm, Gewicht 3.6 g) wird von Blut umströmt, welches das Schaufelrad (Durchmesser 10.2 mm) am distalen Ende zum Rotieren bringt. Über eine magnetische Kupplung treibt das Schaufelrad einen Mikrogenerator im Innern des Gehäuses an und generiert so die benötigte elektrische Energie um einen Herzschrittmacher zu betreiben. Die magnetische Kupplung überträgt das Drehmoment zum Generator ohne Welle und damit ohne Durchgang ins Innere des Gehäuses. Dies erlaubt es die Elektronik hermetisch vom Blut zu isolieren. Mit dieser Konstruktion wird das Schaufelrad nicht nur um- sondern auch durchspült, womit das Bluttrauma und die damit verbundene Thrombosebildung reduziert werden. Das Schaufelrad wurde für einen physiologischen Blutfluss im rechtsventrikulären Ausflusstrakt (RVOT) konzipiert und mit einem 3D Drucker aus Kunststoff hergestellt.
Der Turbinenprototyp wurde in einem Versuchsaufbau getestet bei dem realistische hämodynamische Bedingungen im RVOT nachgeahmt werden können. Die Turbine wurde dafür in einer transparentem und flexiblem Silikonlumen postvalvulär eingesetzt. Die Versuche wurden mit einem Blutanalogon bei einer Herzfrequenz von 60 Schlägen pro Minute durchgeführt.
Auf Grund der pulsatilen Strömung hat die Turbine nur einen kurzen Einsatzbereich (ca. 230ms) während der Systole. Dabei macht das Schaufelrad im Mittel ca. 11 Umdrehungen. Trotz dem sehr kurzen Einsatz generiert die Turbine in jedem Zyklus rund 30 Mikrowatt, was dem fünffachen Leistungsbedarf eines modernen Herzschrittmachers entspricht. Mit dem Strömungswiderstand der Turbine wird der Druckgradient im Gefäss erhöht. Allerdings ist dieser zusätzliche Strömungswiderstand marginal und erhöht den Druckabfall um nur maximal 4 mmHg aus.
In allen durchgeführten Tests konnte die Turbine genügend Energie liefern um einen Herzschrittmacher ohne Schrittmacherelektroden wie auch ohne Batterie im RVOT zu betreiben. Ausserdem bietet der Prototyp schon jetzt genügend Raum für eine Integration einer Herzschrittmacherelektronik was den Schritt zum Batterie- und Schrittmacherelektrodenlosen Herzschrittmacher vervollständigen würde.
Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz und Kreislaufforschung e.V. (DGK) mit Sitz in Düsseldorf ist eine gemeinnützige wissenschaftlich medizinische Fachgesellschaft mit mehr als 9500 Mitgliedern. Sie ist die älteste und größte kardiologische Gesellschaft in Europa. Ihr Ziel ist die Förderung der Wissenschaft auf dem Gebiet der kardiovaskulären Erkrankungen, die Ausrichtung von Tagungen die Aus-, Weiter- und Fortbildung ihrer Mitglieder und die Erstellung von Leitlinien. Weitere Informationen unter www.dgk.org