Früherkennung symptomatischer Herzrhythmusstörungen unter Verwendung eines symptomgetriggerten Tele-EKG-Monitorings: Bedeutung für die Diagnose und Therapie von Vorhofflimmern
Abdruck frei nur mit Quellenhinweis
Pressetext als PDF - gegebenenfalls mit Bildmaterial
Priv.-Doz. Dr. Monica Patten, Hamburg
Anfallsartig auftretende Herzrhythmusstörungen sind eine der häufigsten Ursachen für ambulante Arztbesuche und Krankenhausaufenthalte. Dabei leidet in Deutschland bereits ca. 1% der Bevölkerung unter Vorhofflimmern, eine der häufigsten Herzrhythmusstörungen, deren Inzidenz mit einer veränderten Altersstruktur sowie zunehmender Risikofaktoren in den nächsten Jahren voraussichtlich noch steigen wird. Da anfallsartig auftretende Herzrhythmusstörungen häufig mit herkömmlichen Untersuchungstechniken wie dem Ruhe- oder Langzeit-EKG nur schwer nachzuweisen sind, wird die Erkrankung häufig gar nicht oder erst sehr spät erkannt und die Beschwerdesymptomatik der Patienten, die häufig auch mit Angstgefühlen einhergeht, nicht ausreichend ernst genommen. Dabei kann insbesondere Vorhofflimmern unbehandelt zu schweren Folgeschäden wie dem Schlaganfall führen. Schätzungsweise sind ein Fünftel aller Schlaganfälle auf Vorhofflimmern zurückzuführen. Dieses Risiko ließe sich durch rechtzeitige Erkennung und ggf. Behandlung mit blutverdünnenden Medikamenten deutlich reduzieren. Ebenso erhöht sich die Chance auf eine kurative Behandlung des Vorhofflimmerns durch eine möglichst frühzeitige Erkennung.
Hier ermöglicht der Einsatz eines mobilen EKG-Eventrekorders (Tele-EKG) bei symptomatischen Patienten einen innovativen Ansatz zur frühzeitigen Erkennung von Herzrhythmusstörungen. Mobile EKG-Aufnahmegeräte werden inzwischen von verschiedenen Herstellern angeboten und ermöglichen es dem Patienten, während einer Episode durch einfaches Auflegen des Gerätes auf den Brustkorb selbsttätig ein EKG aufzuzeichnen.
Im Zeitraum von 2009-2014 wurden insgesamt 790 Pat. (54 + 18 Jahre, 40% männlich), die sich in der Hochschulambulanz des Universitären Herzzentrums Hamburg mit rezidivierenden Symptomen bei V.a. Vorhofflimmern ohne bisherigen Nachweis im 12-Kanal- und/oder Holter-EKG vorstellten, mittels Tele-EKG (CardGuard®, Abb. 1), untersucht. Die Patienten erhielten das Gerät für 2-4 Wochen (mittlere Beobachtungszeit /Pat. 17.3 + 26.9 Tage), mit der Maßgabe, bei Beschwerden und mindesten 3 Mal pro Woche ein EKG aufzuzeichnen. Insgesamt wurden 11775 EKGs telefonisch übertragen und die Symptome der Patienten während der EKG-Aufzeichnung über eine 24 Std. besetzte Hotline mit medizinisch geschultem Personal (GesundheitsNetzwerk Zentrum, GNC, Wedel) erfasst. Die Auswertung der EKGs erfolgte am Universitären Herzzentrum Hamburg.
Im Mittel konnte innerhalb einer Woche eine symptomatische Episode (MW 6,9 Tage, Median 2.5 Tage) und/oder ein pathologisches EKG (MW 7,7 Tage, Median 3 Tage) detektiert werden.
Bei 73% der Patienten konnte eine Herzrhythmusstörung im Tele-EKG nachgewiesen werden (Abb.2): 14% Vorhofflimmern, 19% Extrasystolie, 9% supraventrikuläre Tachykardien, 5% Sinusbradykardie, 2% Sinusarrhythmie, 1% höhergradige AV Blockierungen und 22% Sinustachykardie mit einer Herzfrequenz >100/min. Bei 81% der Patienten korrelierte dies mit der angegebenen Beschwerdesymptomatik. Bei Patienten mit dokumentiertem Vorhofflimmern handelte es sich bei 40% um eine Erstdiagnose, 56% hatten ein Rezidiv nach bzw. unter Therapie – 42% nach Ablation oder elektrischer Kardioversion und 14% unter medikamentöser Therapie ohne vorherige Intervention (Abb. 3). Daraufhin erhielten 27% der Patienten mit neu diagnostiziertem Vorhofflimmern eine invasive Vorhofflimmerablation und 30% eine medikamentöse Therapie. Insgesamt erhielten nach Diagnosestellung 42% dieser Patienten bei erhöhtem CHA2DS2-VASc-Score eine orale Antikoagulation. Bei Patienten mit bereits bekanntem Vorhofflimmern wurde bei 65% eine Ablation bzw. Re-Ablation durchgeführt bzw. empfohlen, bei 16% wurde die antiarrhythmische Therapie modifiziert und nur bei 8% wurde das Therapieregime nach der Diagnose nicht verändert.
Diese retrospektive Analyse zeigt, dass der gezielte Einsatz eines Event-Recorder-Monitorings eine sinnvolle und nützliche Ergänzung in der Diagnostik unklarer Herzbeschwerden darstellt, da sich nicht nur die Zeit bis zur Diagnosestellung einer behandlungsbedürftigen Herzrhythmusstörung wie Vorhofflimmern verkürzt und eine zügige Entscheidung bzgl. spezifischer Therapieoptionen ermöglicht wird, sondern auch bei Patienten mit Beschwerden und Nachweis eines unauffälligen Tele-EKG eine rhythmogene Ursache ohne größeren Aufwand ausgeschlossen werden kann.
Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz und Kreislaufforschung e.V. (DGK) mit Sitz in Düsseldorf ist eine gemeinnützige wissenschaftlich medizinische Fachgesellschaft mit mehr als 9500 Mitgliedern. Sie ist die älteste und größte kardiologische Gesellschaft in Europa. Ihr Ziel ist die Förderung der Wissenschaft auf dem Gebiet der kardiovaskulären Erkrankungen, die Ausrichtung von Tagungen die Aus-, Weiter- und Fortbildung ihrer Mitglieder und die Erstellung von Leitlinien. Weitere Informationen unter www.dgk.org