Ausschluss des akuten Myokardinfarkts durch hoch-sensitives Troponin I: Ein Direktvergleich von vier Strategien
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Dr. Jasper Boeddinghaus, Basel
Etwa zehn Prozent aller weltweiten Konsultationen auf Notfallstationen erfolgen durch Patienten mit Symptomen, welche auf einen akuten Myokardinfarkt (AMI) hindeuten. Eine schnelle und adäquate Identifikation jener Patienten, die tatsächlich einen AMI erleiden, ist von essenzieller Bedeutung für die unmittelbare Einleitung einer adäquaten und evidenz-basierten Therapie. Der schnelle und sichere Ausschluss eines AMI (das sogenannte „rule-out“) sowie der schnelle und sichere Einschluss (das sogenannte „rule-in“) von Patienten stellt für Mediziner nach wie vor eine entscheidende Herausforderung dar. Das Elektrokardiogramm (EKG), die kardialen Troponine sowie die klinische Präsentation des Patienten bilden die drei diagnostischen Grundpfeiler. Während das EKG das diagnostische Instrument der Wahl für die Erkennung eines ST-Hebungsinfarktes (STEMI) ist, spielen die Troponine die entscheidende Rolle für die Diagnose eines Nicht-ST-Hebungsinfarktes (NSTEMI). Durch die Einführung von sogenannten hoch-sensitiven Troponin-Assays wurde die Detektion sehr niedriger Troponin-Konzentrationen im Blut ermöglicht, was zu einer Zunahme der diagnostischen Genauigkeit führte. Der Einsatz und Nutzen dieser neuartigen Assays wurden in der jüngeren Vergangenheit in zahlreichen internationalen Studien untersucht. Ein wesentliches Interesse lag hierbei auf der Entwicklung von Algorithmen zum schnellen und sicheren Ausschluss eines AMI.
Unsere hier vorgestellte Studie beschäftigt sich mit dem Direktvergleich von vier Strategien zum schnellen und sicheren Ausschluss eines AMI durch den Einsatz eines hoch-sensitiven Troponin I-Assays (Architect). Alle Strategien wurden in der von uns koordinierten internationalen, prospektiven Multizentrumsstudie APACE (Advantageous Predictors of Acute Coronary Syndrome Evaluation) untersucht. Die verglichenen Strategien sind der Abbildung zu entnehmen.
Strategie 1: Limit of Detection (LOD): Diese Strategie schließt einen Myokardinfarkt bei jenen Patienten aus, die bei Präsentation auf der Notfallstation einen initialen Troponin I Wert von <2ng/L haben.
Strategie 2: UK single cut-off: Die von Shah et al. entwickelte Strategie schließt einen AMI aus, falls Patienten einen initialen Troponin I Wert von <5ng/L aufweisen.
Strategie 3: 1-algorithm: Der 1h-Algorithmus klassifiziert Patienten als „rule-out“, wenn diese einen initialen Troponin I Wert <5ng/L haben und das Delta (die Differenz von 0h- zu 1h-Wert) <2ng/L ist.
Strategie 4: 0/1h-algorithm: Die vierte Strategie sieht vor, dass Patienten mit einem initialen Troponin I Wert von <2ng/L als „rule-out“ klassifiziert werden, falls der Beginn des Brustschmerzes innerhalb der letzten 3h eingesetzt hat oder wenn die Kriterien des 1h-algorithm (Strategie 3) erfüllt sind. Qualitätsmerkmale der jeweiligen Strategie sind zum einen die Effizienz (definiert als relative Anzahl der als „rule-out“ klassifizierten Patienten) und zum anderen die Sicherheit (definiert durch die Sensitivität und den negativ prädiktiven Wert für das „rule-out“).
Unsere Ergebnisse zeigen, dass alle Strategien eine hohe Sicherheit mit negativ prädiktiven Werten von 98.8-100% aufweisen. Die Effizienz der jeweiligen Strategien unterscheidet sich hingegen. Durch Strategie 1 werden 16% der Patienten als „rule-out“ klassifiziert. Im Vergleich hierzu kommt es durch den Einsatz der anderen Strategien zu einem „rule-out“ von 53-54%. Das Langzeitüberleben von Patienten, die als „rule-out“ klassifiziert wurden, unterscheidet sich je nach Strategie. Die durch Strategie 1 als „rule-out“ definierten Patienten zeigen ein Langzeitüberleben von 100%. Auch die anderen Strategien überzeugen mit Überlebensraten von 98-99%. Zukünftige Studien müssen zeigen, welche Strategien im klinischen Alltag am sichersten und effizientesten anzuwenden sind.
Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz und Kreislaufforschung e.V. (DGK) mit Sitz in Düsseldorf ist eine gemeinnützige wissenschaftlich medizinische Fachgesellschaft mit mehr als 9500 Mitgliedern. Sie ist die älteste und größte kardiologische Gesellschaft in Europa. Ihr Ziel ist die Förderung der Wissenschaft auf dem Gebiet der kardiovaskulären Erkrankungen, die Ausrichtung von Tagungen die Aus-, Weiter- und Fortbildung ihrer Mitglieder und die Erstellung von Leitlinien. Weitere Informationen unter www.dgk.org