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Sicherheit und Effektivität eines regelmäßigen körperlichen Trainings nach perkutanem Aortenklappenersatz (SPORT:TAVI) – eine randomisierte Pilotstudie

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Benjamin Lechner, PD Dr. med. Axel Preßler, München

Gefördert durch die Deutsche Herzstiftung / Deutsche Stiftung für Herzforschung und durch das Otto-Hess-Promotionsstipendium der DGK.

Körperliches Training stellt eine etablierte Maßnahme innerhalb der Sekundärprävention kardialer Erkrankungen dar und ist als wichtiges therapiebegleitendes Instrument der Rehabilitation in entsprechenden Leitlinien verankert. Trainingsbasierte Rehabilitationsmaßnahmen werden entsprechend auch für Patienten nach operativem Klappenersatz; in Form stationärer oder ambulanter Rehabilitation oder in Herzgruppen; angeboten (wenngleich vielfach noch ungenutzt).

Der häufigste Klappenfehler ist dabei die Aortenklappenstenose, die typischerweise bei älteren Patienten auftritt. Entsprechend weisen Betroffene meist zahlreiche Begleiterkrankungen auf, die das Risiko für einen operativen Klappenersatz signifikant erhöhen. Für dieses Kollektiv wurde seit einigen Jahren der perkutane, transaortale Aortenklappenersatz (engl. TAVI) etabliert, der entsprechend den Ergebnissen großer randomisierter Studien und Register das Überleben gegenüber einer konservativen Therapie signifikant verbessert.

Die enormen Zuwachsraten dieses mittlerweile etablierten Verfahrens spiegeln sich auch in steigenden Patientenzahlen in der Rehabilitation wider, und werfen die Frage nach der Wirksamkeit etablierter Therapiekonzepte wie körperliches Training auch für dieses wachsende Kollektiv auf. Gemäß retrospektiver Beobachtungsstudien sind stationäre rehabilitative Trainingsmaßnahmen auch bei Patienten nach TAVI anwendbar; bisher hat allerdings keine prospektive randomisierte Studie den Effekt und die Sicherheit eines strukturierten körperlichen Trainings in diesem neuen, multimorbiden kardiologischen Patientenkollektiv untersucht.

Die SPORT:TAVI-Studie wurde als prospektive randomisierte kontrollierte Piltostudie in Kooperation mit dem Deutschen Herzzentrum München (Frau PD Dr. Sabine Bleiziffer) und der Kardiologie des Universitätsklinikums Großhadern (Frau Prof. Dr. Julinda Mehilli) konzipiert. Eingeschlossen wurden konsekutiv 30 Patienten innerhalb maximal 6 Monate nach erfolgreichem perkutanem Aortenklappenersatz, die körperlich in der Lage waren, eine Training auf dem Fahrradergometer und an Kraftgeräten zu absolvieren. Nach Aufklärung und schriftlichem Einverständnis wurden die Patienten 1:1 in eine Trainingsgruppe randomisiert, die am Lehrstuhl für Sportmedizin ein dreimal wöchentliches überwachtes Kraft-Ausdauertraining steigender Intensität über insgesamt 8 Wochen absolvierten, sowie in eine Kontrollgruppe, die nach üblicher Manier behandelt wurde und kein strukturiertes Training erhielt. Primärer Endpunkt war die Änderung der spiroergometrisch ermittelten maximale Sauerstoffaufnahme im Gruppenvergleich, zudem wurden Muskelkraft mittels des 1-Wiederholungsmaximums, die zurückgelegte Distanz im 6-Minuten-Gehtest sowie die gesundheitsbezogene Lebensqualität anhand der etablierten Fragebögen KCCQ (Kansas City Cardiomyopathy Questionnaire) und SF-12 untersucht. Im Hinblick auf die Sicherheit des Trainings wurden trainingsassoziierte unerwünschte Ereignisse erfasst, sowie echokardiographisch die Prothesenfunktion (insbesondere das Ausmaß paravalvulärer Lecks) und laborchemisch die Nierenfunktion erfasst.

Die Patienten wiesen ein medianes Alter von 81 Jahren auf (Spannweite 71-92), 40% waren weiblich. Beide Gruppen unterschieden sich nicht hinsichtlich kardialer Vor- bzw. Begleiterkrankungen und entsprechender Medikation; insgesamt 7 Patienten wiesen signifikante Mobilitätseinschränkungen auf und benötigten entsprechend Gehstöcke oder Rollatoren. Zum Einsatz kamen die im Studienzeitraum gängigen Klappenmodelle der Firmen Edwards Lifesciences und Medtronic; bis auf 1 transapikal geführten Ersatz war bei allen Patienten transfemoral interveniert worden.

Durch das 8-wöchige Training konnte die maximale Sauerstoffaufnahme in der Trainingsgruppe um im Median 4,0 ml/min/kg (Interquartilbereich 0,2-5,8) hochsignifikant gesteigert werden (p=0,002), während es in der Kontrollgruppe zu einem leichten Rückgang kam (-1,0 ml/min/kg (-2,1-1,9); p=0,638; p für Gruppenvergleich 0,012). Die Muskelkraft steigerte sich ebenfalls in der Trainingsgruppe in allen 5 untersuchten großen Muskelgruppen hochsignifikant (alle p>0,01) gegenüber unveränderten Werten in der Kontrollgruppe. Gleiches wurde auch für den 6-Minuten-Gehtest beobachtet, sowie in den auf die empfundene körperliche Funktion bezogenen Summenskalen der Lebensqualitätsbögen. Trainingsassoziierte unerwünschte Ereignisse (d.h. während oder bis zu 12 h nach Training) traten im gesamten Studienverlauf nicht auf. Insgesamt konnten 3 Patienten die Studie nicht beenden; 2 Patienten der Trainingsgruppe erlitten trainingsunabhängig eine sturzbedingte und eine spontane Hirnblutung, ein Patient der Kontrollgruppe schied auf eigenen Wunsch aus. Bei 63% der Patienten lag zu Beginn eine geringe paravalvuläre Insuffizienz vor, die sich lediglich bei einem Patienten der Kontrollgruppe im Verlauf zu einer mittelgradigen verschlechterte; alle anderen blieben unverändert. Auch die Nierenfunktion blieb in beiden Gruppen unverändert.

Die Studie zeigt, dass strukturiertes Kraft-Ausdauertraining auch bei Patienten nach TAVI bis in hochbetagte Altersgruppen sicher und hocheffektiv angewendet werden kann. Eine verbesserte Ausdauerleistungsfähigkeit und Muskelkraft scheint sich, über den reinen Effekt des Klappenersatzes hinaus, auch günstig auf die Lebensqualität der Patienten auszuwirken. Wenngleich ein insgesamt typisches TAVI-Patientenkollektiv eingeschlossen wurde, muss einschränkend gesagt werden, dass nicht alle TAVI-Patienten die nötigen körperlichen Voraussetzungen für ein regelmäßiges Training mitbringen. Liegen diese jedoch vor, können selbst Patienten mit eingeschränkter Mobilität profitieren. Ob sich die günstigen Ergebnisse dieser Pilotstudie auf ein größeres Kollektiv übertragen lassen und ggf. auch positive Auswirkungen auf das mittel- bis langfristige klinische Outcome bestehen, müssen nachfolgende Studien evaluieren.

Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz und Kreislaufforschung e.V. (DGK) mit Sitz in Düsseldorf ist eine gemeinnützige wissenschaftlich medizinische Fachgesellschaft mit mehr als 9000 Mitgliedern. Sie ist die älteste und größte kardiologische Gesellschaft in Europa. Ihr Ziel ist die Förderung der Wissenschaft auf dem Gebiet der kardiovaskulären Erkrankungen, die Ausrichtung von Tagungen, die Aus-, Weiter- und Fortbildung ihrer Mitglieder und die Erstellung von Leitlinien. Weitere Informationen unter www.dgk.org.