Effizienz medikamentenbeschichteter Stents mit vollständig resorbierbarem Polymer für die Behandlung chronisch verschlossener Herzkranzgefäße
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Priv.-Doz. Dr. Mark Rosenberg, Kiel
Die Rekanalisation chronisch verschlossener Herzkranzgefäße (CTO) stellt aufgrund spezieller technischer Erfordernisse eine der größten Herausforderungen in der interventionellen Kardiologie dar. Dennoch erfreuen sich diese Prozeduren einer vermehrten Aufmerksamkeit, da verschiedene Studien belegen konnten, dass eine erfolgreiche Wiedereröffnung über eine Reduktion des ischämischen Myokards zu weniger Angina pectoris, vermehrter elektrischer Stabilität und einer verbesserten linksventrikulären Pumpfunktion führen kann ([1]-3). Diese zumeist komplexen Läsionen sollten bei erfolgreicher Drahtpassage zur Vermeidung von unerwünschten Ereignissen mit medikamentenbeschichteten Stents (DES) behandelt werden (4). Mittlerweile sind unterschiedliche DES verfügbar, die sich nicht nur im Design der Stentstreben sondern auch anhand des aufgebrachten Polymers sowie des elutierenden Medikaments unterscheiden können.
Aus Grundlagenexperimenten weiß man, dass insbesondere bei DES der ersten Generation das Polymer über eine lokale Hypersensitivitätsreaktion eine chronische Inflammation in der Gefäßwand auslösen kann und damit das morphologische Korrelat für In-Stent-Restenosen und Stentthrombosen darstellen kann (5). Tatsächlich konnten klinische Studien belegen, dass Stents mit vollständig bioresorbierbarem Polymer im Vergleich zu Stents mit dauerhaftem Polymer weniger Restenosen bzw. Stentthrombosen aufweisen (6). Wir postulierten daher, dass DES mit vollständig bioresorbierbarem Polymer mit hoher Effizienz für die Rekanalisation von chronisch verschlossenen Herzkranzgefäße eingesetzt werden können.
Zur Überprüfung unserer Hypothese analysierten wir retrospektiv die Daten von insgesamt 210 CTO Patienten, die zwischen 01/2012 und 11/2014 in unserer Institution behandelt wurden. 161 dieser Patienten wurde dabei ausschließlich mit Biolimus-elutierenden Stents mit vollständig bioresorbierbarem Polymer versorgt und bildete das eigentliche Studienkollektiv. CTO wurde definiert als Koronarverschluss von >3 Monaten Dauer mit TIMI 0 Fluss im okkludierten Segment. Primärer Endpunkt der Studie war Late loss im Bereich der ehemaligen Verschlussstelle nach 6 Monaten. Sekundärer Endpunkt war die klinische Kombination aus kardialem Tod, Myokardinfarkt und jegliche Revaskularisation der zuvor behandelten Läsion ebenfalls nach 6 Monaten (MACE).
Das durchschnittliche Alter der Patientenpopulation betrug 65 Jahre. Es wurden überwiegend Männer (78%) in die Untersuchung eingeschlossen. Die Patienten wiesen am häufigsten einen Verschluss der rechten Herzkranzarterie (54%) auf, wohingegen die LAD in 22,5% und die RCX in 23,5% der Fälle betroffen waren. Insgesamt führten wir seit Januar 2012 210 CTO-Prozeduren durch, von denen 172 (82 %) erfolgreich verliefen. Dabei konnten 144 Fälle (84%) antegrad behandelt werden, wohingegen bei 28 Patienten auch retrograde Techniken notwendig wurden. Die mittlere Verschlusslänge betrug 32 ± 16 mm und wurde mit einer durchschnittlichen Stentlänge von 71 ± 35 mm behandelt. Der J-CTO-Score betrug 2,1±1,0. 161 der behandelten Patienten erhielten ausschließlich BES mit biodegradierbarem Polymer. Von diesen 161 Patienten durchliefen bis November 2014 113 (70%) das angiographische und klinische 6 Monats Follow Up. Late loss im Bereich des ehemaligen Verschluss wurde mit 0,29±0,68 mm ermittelt (Tabelle 1). Eine binäre Restenose mit Reintervention konnte bislang bei 9 Patienten (7,9%) festgestellt werden. Darüber hinaus verstarb ein Patient, während bei einem Patienten eine Stentthrombose mit konsekutiver Ausbildung eines Myokardinfarktes ermittelt werden konnte. Die MACE Rate lag somit bei 11 bzw. 9,7% (Tabelle 1). Klinisch profitierten die Patienten in erheblichem Ausmaß von der Prozedur. Während vor der Intervention lediglich 28% der Patienten keine Beschwerden bzw. Symptome auf hoher Belastungsstufe (CCS 0-1) angaben, waren dies nach erfolgreicher Prozedur immerhin 70%.
Vorläufige Ergebnisse unserer monozentrischen Analyse deuten an, dass die Verwendung von BES mit biodegradierbarem Polymer in komplexen CTO-Läsionen mit niedrigem Late loss und klinischen Ereignisraten einhergeht. Künftige Arbeiten in größeren, unabhängigen Kollektiven müssen folgen, um den hier vorgestellten Ergebnissen eine breitere Datenbasis zu geben.
Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz und Kreislaufforschung e.V. (DGK) mit Sitz in Düsseldorf ist eine gemeinnützige wissenschaftlich medizinische Fachgesellschaft mit mehr als 9000 Mitgliedern. Sie ist die älteste und größte kardiologische Gesellschaft in Europa. Ihr Ziel ist die Förderung der Wissenschaft auf dem Gebiet der kardiovaskulären Erkrankungen, die Ausrichtung von Tagungen, die Aus-, Weiter- und Fortbildung ihrer Mitglieder und die Erstellung von Leitlinien. Weitere Informationen unter www.dgk.org.
Literatur:
[1]. 2012 Consensus Document of the EuroCTO Club, EuroIntervention 2012; 8: 139-145
2 Grantham JA et al., Circulation: Qual Outcomes 2010; 3: 284-290
3 Werner G et al., Heart 2004; 90: 1303-1309
4 Colmenarez H et al., JACC 2010; 55: 1854-1866
5 Finn AV et al., ATVB 2007; 27: 1500-1510
6. Stefanini GG et al., EHJ 2012; 33: 1214-1222