Herzkatheter: Was Kardiologen und Labors können müssen
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Vom 8. – 11. April 2015 findet in Mannheim die 81. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) statt.
Herzkatheter-Eingriffe werden nicht in einem konventionellen Operationssaal durchgeführt, sondern in einem Katheterlabor. Die DGK legt nun neue Anforderungen für die baulichen Gegebenheiten und den Betrieb solcher Einrichtungen fest.
Mannheim, Donnerstag, 9. April 2015 – „Die Geschichte der interventionellen Kardiologie ist eine Erfolgsgeschichte. Vor einigen Jahren beschäftigten uns im Katheterlabor vor allem Untersuchungen der Herzkranzgefäße sowie die Aufweitung von Gefäßen. Heute werden bei verschiedensten Erkrankungen des Herzens Behandlungen mit dem Herzkatheter durchgeführt“, betonte Prof. Dr. Volker Schächinger (Fulda), auf der 81. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiolgie, bei der vom 8. Bis 11. April 2015 in Mannheim 8.500 aktive Teilnehmer aus 25 Ländern zusammentreffen. „So sind die Diagnostik und Behandlung von Herzrhythmusstörungen sowie die Implantation von Rhythmusaggregaten, also zum Beispiel Herzschrittmachern und Defibrillatoren, hinzugekommen.“
An großer Bedeutung gewinnen derzeit die mittels Katheter durchgeführten minimalinvasiven Implantationen von Aortenklappen (Klappen-Stents), die TAVI-Eingriffe, und stellen damit nun neue Anforderungen an die Ausrüstung der Katheterlabore. Prof. Schächinger: „Diese Entwicklung wird sich aller Wahrscheinlichkeit nach in den kommenden Jahren fortsetzen. Vor allem werden interventionelle Verfahren auch für die Behandlung von Erkrankungen an weiteren Herzklappen erwartet. Dies bedeutet, dass mit dem Herzkatheter heute vermehrt Eingriffe durchgeführt werden, die den Charakter kleiner Operationen haben.“
Damit entstanden aus bzw. neben den klassischen Herzkatheterlaboren Hybrid-OPs bzw. Hybrid-Labore, die wesentliche Möglichkeiten von Katheterlabor und Operationssaal verbinden. Die DGK hat kürzlich in einer Leitlinie Qualitätsstandards sowohl für klassische Herzkatheterlabore als auch für Hybrid-OPs festgelegt1. An der Gestaltung waren neben interventionellen Kardiologen auch Rhythmologen, Hygieniker und weitere Experten beispielsweise für Strahlenschutz oder Datenverarbeitung beteiligt. Auch ein Herzchirurg war im Team.
Wichtige Bedeutung für hochwertige Bildgebung
„Hygiene spielt eine noch größere Rolle und muss näher an Operationssaal-Bedingungen herangeführt werden“, so Prof. Schächinger. „Ein Hybrid-Labor für TAVI muss beispielsweise getrennte Patienten- und Personalschleusen haben. Und man braucht mehr Platz, weil für TAVI mehr Geräte und Personal benötigt werden.“ Gleichzeitig sei es aber auch nicht sinnvoll, das Katheterlabor einfach durch einen Operationssaal zu ersetzen. Prof. Schächinger: „Dies ist aufgrund der besonderen Bedeutung der speziellen hochwertigen Bildgebung für Katheter-Untersuchungen und
-Interventionen nicht machbar. In einem reinen Operationssaal ist Raumluftklasse 1A mit einem laminaren Luftfluss über dem Operationsfeld erforderlich. Im Katheterlabor ist das schwierig zu erreichen, weil die Röntgenanlage im Luftfluss steht. Allerdings zeigen die Daten, dass Raumluftklasse 1B für die im Hybrid-Labor durchgeführten Eingriffe wie TAVI ausreicht. Im Übrigen wird mittlerweile auch für Standard-Herzkatheterlabore, die neu erstellt werden, Raumluftklasse 1B empfohlen.“
Erstmals werden in der Leitlinie ausführlich neue Aspekte behandelt, berichtet Prof. Schächinger: „Die kombinierte Bildgebung trägt der wachsenden Bedeutung der dreidimensionalen Darstellung der Herzstrukturen Rechnung. Die Kardioanalgesie thematisiert die zunehmende Bedeutung von Eingriffen in oberflächlicher Einschläferung, ohne künstliche Beatmung.“ Vielfältige Auflagen und Richtlinien zu Strahlenschutz, Hygiene und Dokumentation werden mit praktischen Handlungsempfehlungen zusammengefasst. Außerdem wurde ein aktualisiertes Muster für die gesetzlich vorgeschriebenen Arbeitsanweisungen veröffentlicht.
Bereits heute muss in Deutschland jedes Katheterlabor von einem Facharzt für Hygiene oder vergleichbarer Qualifikation abgenommen werden. „Wir geben nun Hygienikern auf Basis der publizierten Literatur, Gesetzesvorschriften und dem gesammelten Expertenwissen einen Maßstab an die Hand, an dem sie sich bei der Abnahme orientieren können“, so Prof. Schächinger. „Auch Architekten oder Krankenhausplaner erhalten mit der Leitlinie eine Orientierung für ihre Arbeit.“
Curricula für Spezialisten
Ebenso wie die Einrichtung des Katheterlabors müsse auch die Ausbildung der interventionellen Kardiologen höchsten Anforderungen entsprechen, so der Experte. Die DGK hat dazu Curricula geschaffen, welche auf die Spezialisierungen und Sub-Spezialisierungen des in rasanter Entwicklung befindlichen Faches Rücksicht nehmen (http://curricula.dgk.org). Das ist nicht mit der gesetzlich durch die Ärztekammern autorisierten Weiterbildung zu verwechseln. Hier geht es um freiwillige Zusatzqualifikationen in besonders spezialisierten Bereichen innerhalb der Kardiologie wie beispielsweise der interventionellen Kardiologie2 oder Rhythmologie, welche beide invasiv (im Herzkatheterlabor) tätig sind.
„Die Zertifizierung von Ausbildungsbedingungen und Herzkatheter-Stätten kommt dabei sowohl mittel- als auch unmittelbar der Qualität der Patientenversorgung in Deutschland zu Gute“, betont Prof. Schächinger. „Die 2012 von der DGK gestartete Qualitäts-Initiative erreicht aktuell ein erstes Zwischenziel. Bis Jahresmitte werden wir in Deutschland mehr als 2.000 erfahrene, zertifizierte interventionelle Kardiologen und 1.000 zertifizierte Rhythmologen haben. Als nächsten Schritt zertifizieren wir derzeit Zentren als Ausbildungs-Stätten, in denen junge Kolleginnen und Kollegen ihre Zusatzqualifikation in standardisierter, hochwertiger Qualität erwerben können. Anträge von mehr als 150 (Interventionelle Kardiologie) bzw. 100 (Rhythmologie) Stätten werden bereits bearbeitet.“ Diese Stätten müssen Mindestanforderungen an Ausstattung, Fortbildungsstrukturen, Behandlungs-Spektrum und -Zahlen sowie notwendige interdisziplinäre Kommunikation, zum Beispiel mit der Herzchirurgie, verfügen, um zertifiziert werden zu können, was dann alle fünf Jahre wieder überprüft werden wird.
Informationen:
Deutsche Gesellschaft für Kardiologie
Pressesprecher: Prof. Dr. Eckart Fleck (Berlin)
Pressebüro während des Kongresses: 0621 4106-5002; 0621 4106-5005
Pressestelle: Kerstin Krug, Düsseldorf, Tel.: 0211 600692-43, presse@dgk.org
B&K Kommunikation, Dr. Birgit Kofler, Roland Bettschart, Berlin/Wien, Tel.: 0176 35426750; Tel.: +43 1 31943780; kofler@bkkommunikation.com
Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz und Kreislaufforschung e.V. (DGK) mit Sitz in Düsseldorf ist eine wissenschaftlich medizinische Fachgesellschaft mit über 9000 Mitgliedern. Ihr Ziel ist die Förderung der Wissenschaft auf dem Gebiet der kardiovaskulären Erkrankungen, die Ausrichtung von Tagungen und die Aus-, Weiter- und Fortbildung ihrer Mitglieder. 1927 in Bad Nauheim gegründet, ist die DGK die älteste und größte kardiologische Gesellschaft in Europa. Weitere Informationen unter www.dgk.org.
1 V. Schächinger, H. Nef, S. Achenbach et al., Leitlinie zum Einrichten und Betreiben von Herzkatheterlaboren und Hybridoperationssälen/Hybridlaboren, 3. Auflage 2015. Kardiologe 2015; 9:89–123;http://leitlinien.dgk.org/2015/leitlinie-zum-einrichten-und-betreiben-von-herzkatheterlaboren-und-hybridoperationssaelenhybridlaboren/
2 V. Schächinger · C.K. Naber · J. Kreuzer et al., Curriculum Interventionelle Kardiologie, Kardiologe 2012; 6:315–323, http://curricula.dgk.org/