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Medikamente gegen Herzrhythmusstörungen: Seltener, gezielter und kürzer

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Die neuen Möglichkeiten der interventionellen Kardiologie haben die langfristige Anwendung der mit zahlreichen Nebenwirkungen behafteten Antiarrhythmika bei vielen Patienten mit Herzrhythmusstörungen überflüssig gemacht. Wenn sie eingesetzt werden müssen, dann so selten, so kurz und so gezielt wie möglich.

Berlin, 9. Oktober 2015 – „Die medikamentöse Therapie spielt weiterhin eine wichtige Rolle in der Behandlung von Herzrhythmusstörungen, die Tendenz geht allerdings zunehmend dahin, dass wir die verfügbaren Medikamente seltener, für eine kürzere Dauer und gezielter einsetzen, da es insbesondere für die Dauertherapie heute gute nicht-medikamentöse Alternativen gibt“, betonte Prof. Dr. Stephan Willems (Hamburg) auf der Herbsttagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK).

Herzrhythmusstörungen können für die Betroffenen nicht nur äußerst unangenehm sein, sondern auch gefährlich. Daher wird seit langem versucht, diesen Entgleisungen der Erregungsleitung im Herzen mit Medikamenten entgegenzuwirken – allerding mit bescheidenen Erfolgen und erheblichen Nebenwirkungen.

„In den vergangenen Jahren ist es jedoch gelungen, durch die immer besser werdenden Möglichkeiten der interventionellen Kardiologie neue Therapiemöglichkeiten bei Herzrhythmusstörungen zu entwickeln“, so Prof. Willems. Mit der Technik der Ablation etwa ist es möglich geworden, die sogenannten Herde zu veröden oder die Verbindung dieser störenden Signalgeber zum Rest des Erregungsleitungssystems zu kappen. Anwendungen für dieses Verfahren sind etwa Vorhofflimmern, bestimmte Formen supraventikulärer und ventrikulärer Tachykardien („Herzrasen“) oder extrem häufige Extrasystolen („Herzstolpern“). „Beim anfallsartigen Vorhofflimmern liegt die Erfolgsrate nach der ersten Prozedur mittlerweile bei 70 bis 80 Prozent, beim persistierenden Vorhofflimmern ist sie deutlich geringer“, so Prof. Willems.

Medikamente: Akut-, Bedarfs- und Kurzzeittherapie

Medikamentöse Therapien haben trotz der Fortschritte der interventionellen Kardiologie immer noch einen gewissen Stellenwert in der Behandlung von Herzrhythmusstörungen, und zwar insbesondere in der Akutbehandlung im Krankenhaus, betont der Experte: „Dabei geht es um mehr oder weniger intensivmedizinische Maßnahmen, mit denen das akut aus dem Takt geratene Herz wieder in einen physiologischen Rhythmus gebracht wird.“

Eine weitere „Bastion“ der medikamentösen Therapie ist die Bedarfs- oder Kurzzeittherapie, auch als „pill in the pocket“ bezeichnet. Prof. Willems: „Menschen, die unter anfallsartigem Vorhofflimmern oder anderen Rhythmusstörungen leiden, tragen das Medikament – in der Regel Flecainid – bei sich und nehmen es nur bei Bedarf ein.“

Flecainid eignet sich auch zur Rhythmuskontrolle nach Kardioversion. Bei dieser Prozedur wird Vorhofflimmern durch einen Stromschlag beendet. Damit das Herz nicht sofort wieder in diesen krankhaften Rhythmus gerät, müssen nach der Kardioversion Medikamente eingenommen werden. „In der Studie FLEC-SL konnte nun gezeigt werden, dass eine kurzzeitige medikamentöse Therapie mit Flecainid über vier Wochen langfristig annähernd so wirksam ist wie eine Langzeittherapie über sechs Monate“, berichtet Prof. Willems.

Viel an Stellenwert verloren hat hingegen das Medikament Amiodaron, das nach wie vor weltweit am häufigsten bei Herzrhythmusstörungen eingesetzte Medikament. „Aufgrund der bei langfristiger Einnahme doch erheblichen Nebenwirkungen wird heute versucht, eine dauerhafte Verschreibung so gut es geht zu vermeiden. Angesichts der in den vergangenen Jahren zu Amiodaron publizierten Studienergebnisse hat sich die Datenlage für dieses Medikament noch weiter verschlechtert“, so Prof. Willems. „Sobald eine Rhythmusstörung chronisch wird, sollte geprüft werden, ob sich der betroffene Patient für eine Ablation eignet.“

Allerdings gäbe es durchaus Fälle, in denen eine Therapie nicht ohne Amiodaron auskommen kann. Sei es, weil eine Ablation nicht möglich ist, oder weil sie nicht den gewünschten Effekt bringt. Prof. Willems: „Letzteres ist bei persistierendem Vorhofflimmern nicht selten der Fall. Bei vielen Patienten mit persistierendem Vorhofflimmern sind Ablation und Amiodaron erforderlich, damit die Rhythmusstörung aufhört.“

Zu den häufigsten Nebenwirkungen von Amiodaron zählen Ablagerungen an der Hornhaut des Auges, die in ungefähr zehn Prozent der Fälle zu Sehstörungen führen. Unangenehm für Patienten ist eine gesteigerte Lichtempfindlichkeit der Haut mit erhöhter Sonnenbrandgefahr.

Quelle: Kirchhof P et al: Short-term versus long-term antiarrhythmic drug treatment after cardioversion of atrial fibrillation (Flec-SL): a prospective, randomised, open-label, blinded endpoint assessment trial. Lancet 18.06.2012, doi:10.1016/S0140-6736(12)60570-4

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Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz und Kreislaufforschung e.V. (DGK) mit Sitz in Düsseldorf ist eine wissenschaftlich medizinische Fachgesellschaft mit über 9.000 Mitgliedern. Ihr Ziel ist die Förderung der Wissenschaft auf dem Gebiet der kardiovaskulären Erkrankungen, die Ausrichtung von Tagungen und die Aus-, Weiter- und Fortbildung ihrer Mitglieder. 1927 in Bad Nauheim gegründet, ist die DGK die älteste und größte kardiologische Gesellschaft in Europa. Weitere Informationen unter www.dgk.org.