Kontrollrate und kardiovaskuläres Risiko von Hypertonikern mit Typ-II-Diabetes – Ergebnisse des T2TARGET Registers
Abdruck frei nur mit Quellenhinweis
Pressetext als PDF - gegebenenfalls mit Bildmaterial
Prof. Dr. Thomas Mengden, Bad Nauheim
Hypertensive Typ-II-Diabetiker haben ein sehr hohes kardiovaskuläres Risiko. Dies ergibt sich aus weiteren kardiovaskulären Risikofaktoren, Endorganschäden sowie manifesten kardiovaskulären Erkrankungen (Abb. 1). Eine leitliniengerechte antihypertensive Therapie (ESH/ESC 2013) mit dem Ziel einer Blutdrucknormalisierung kann das exzessiv hohe kardiovaskuläre Risiko von Hypertonikern mit Typ-II-Diabetes deutlich reduzieren.
Die aktuellen Leitlinien der Europäischen Hochdruckliga, der Deutschen Hochdruckliga und anderer nationaler Hochdruckligen empfehlen die Durchführung einer ambulanten 24-Stunden-Blutdruckmessung zur Therapiekontrolle bei Hypertonikern mit Typ-II-Diabetes. Die prognostische Aussagekraft der ambulanten 24-Stunden-Blutdruckmessung ist der Praxis-Blutdruckmessung deutlich überlegen, da nur mit der Langzeit-Blutdruckmessung Weißkitteleffekte, eine versteckte Hypertonie (Masked Hypertension) oder eine isolierte nächtliche Hypertonie ausgeschlossen bzw. diagnostiziert werden können.
In dem deutschen T2TARGET Register wurden 919 hypertensive Typ-II-Diabetiker mit behandelter arterieller Hypertonie eingeschlossen (mittleres Alter 64,4 +/- 12,3 Jahre). Sowohl die Praxis-Blutdruckmessung als auch die Langzeit-Blutdruckmessung erfolgte bei niedergelassenen Inter-nisten / Allgemeinmedizinern mit etabliertem ABDM-Setting und klinisch validierten Blutdruckrekordern. Das auf der Basis der ABDM Profile in der Praxis durchgeführte Hypertoniemanagement wurde mit einer zentralen, unabhängigen Analyse, die entsprechend den Leitlinien der europäischen Hochdruckliga durchgeführt wurde, verglichen (O’Brien 2014).
Von den 919 eingeschlossenen Patienten hatten
230 eine Nephropathie,
41 eine cerebrovaskuläre Erkrankung,
208 eine periphere arterielle Verschlusserkrankung / Atherosklerose,
143 eine linksventrikuläre Hypertrophie und
188 Patienten eine koronare Herzerkrankung und/oder Herzinsuffizienz.
In den Praxen wurde bei 11 % der 919 Patienten das 10 –Jahres Risiko als sehr hoch klassifiziert. Die zentrale, unabhängige Analyse des 10-Jahres Risikos gemäß ESH / ESC Leitlinien ergab ein sehr hohes Risiko bei 97 % der untersuchten Patienten (Abb. 2).
Obwohl in der Gesamtgruppe 784 Patienten gemäß ABDM Profil eine nicht kontrollierte Hypertonie aufwiesen, wurde eine Therapie-Eskalation in nur 59 % der Patienten vorgenommen. Die Kontrollrate für die Subgruppen von Patienten mit etablierter kardiovaskulärer / renaler Erkrankung und die daraus resultierenden Therapieänderungen sind in Tabelle 3 dargestellt. Obwohl in der Gruppe mit koronarer Herzerkrankung und/oder Herzinsuffizienz nur 79 % der Patienten gemäß ABDM Profil normotensiv waren, erfolgte in dieser Hochrisikogruppe lediglich bei 52% der Patienten eine Therapie-Eskalation (Abb.3).
Mittels Langzeit-Blutdruckmessung konnte unter Praxisbedingungen im Rahmen unserer Registerstudie ein hoher Prozentsatz von unkontrollierten Hypertonikern mit Typ-II-Diabetes identifiziert werden. 15% hatten eine isolierte nächtliche Hypertonie, 14 % eine Praxisnomotonie („masked treated hypertension“) und 8% eine Praxishypertonie; Diagnosen, die nur durch die ABDM gesichert werden können.
Weiterhin zeigte sich, dass sich aufgrund von weiteren kardiovaskulären Risikofaktoren, Endorganschäden oder bereits manifesten kardiovaskulären Erkrankungen fast alle Patienten in der Kategorie „sehr hohes Risiko“ auf der Basis der ESH/ESC Leitlinie befanden (Abb.2). Dieses Risiko wurde jedoch in der Praxis häufig deutlich unterschätzt. Ob die Unterschätzung des Risikos dazu führte, dass bei unkontrollierten Patienten zum Teil unzureichende therapeutische Maßnahmen eingeleitet wurden, ist aufgrund des vorliegenden Registers nicht zu klären.
Interessanterweise orientieren sich die Zielbereiche für Hypertoniker mit Typ-II-Diabetes immer noch an der Praxis-Blutdruckmessung, die aufgrund verschiedener Limitationen eine nur eingeschränkte prognostische Bedeutung hat. Es gibt bislang noch keine Empfehlungen welchem ABDM-Wert der Zielwert <140/85 mmHg (Praxisblutdruck!) entspricht. Aus diesem Grunde werden wir in dem T2TARGET Register für die Praxisblutdruckkwerte entsprechende Äquivalenzwerte für die Langzeit-Blutdruckmessung berechnen. Dies sollte den hypertensiologisch tätigen Kollegen ermöglichen, ihre therapeutischen Ziele auch mittels Langzeit-Blutdruckmessung zu überprüfen. Des Weiteren schließt sich an die aktuelle Studie eine Langzeitbeobachtung unseres Registers an, um das errechnete kardiovaskuläre Risiko mit den tatsächlichen Ereignisraten zu vergleichen
Referenzen:
TheTask Force for the management ofarterial hypertension of the European Society of Hypertension (ESH) and of the European Society of Cardiology (ESC). 2013 ESH/ESC Guidelines for the management of arterial hypertension. European Heart Journal 2013, 34: 2159-2219
European Society of Hypertension practice guidelines for ambulatory blood pressure monitoring.
Parati G, Stergiou G, O’Brien E, Asmar R, Beilin L, Bilo G, Clement D, de la Sierra A, de Leeuw P, Dolan E, Fagard R, Graves J, Head GA, Imai Y, Kario K, Lurbe E, Mallion JM, Mancia G, Mengden T, Myers M, Ogedegbe G, Ohkubo T, Omboni S, Palatini P, Redon J, Ruilope LM, Shennan A, Staessen JA, vanMontfrans G, Verdecchia P, Waeber B, Wang J, Zanchetti A, Zhang Y; European Society of Hypertension Working Group on Blood Pressure Monitoring and Cardiovascular Variability. J Hypertens. 2014 Jul;32(7):1359-66
Lüders · R. Dechend · S. Eckert · T. Mengden · J. Nürnberger · U. Tholl · B. Sanner. 24-h-Langzeitblutdruckmessung (ABDM)
Statement der Deutschen Hochdruckliga e. V. DHL® (Deutsche Gesellschaft für Hypertonie und Prävention), Sektion Hochdruckdiagnostik. Der Kardiologe 2013
Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz und Kreislaufforschung e.V. (DGK) mit Sitz in Düsseldorf ist eine gemeinnützige wissenschaftlich medizinische Fachgesellschaft mit mehr als 9000 Mitgliedern. Sie ist die älteste und größte kardiologische Gesellschaft in Europa. Ihr Ziel ist die Förderung der Wissenschaft auf dem Gebiet der kardiovaskulären Erkrankungen, die Ausrichtung von Tagungen, die Aus-, Weiter- und Fortbildung ihrer Mitglieder und die Erstellung von Leitlinien. Weitere Informationen unter www.dgk.org