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MicroRNAs bei Adipositas

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Dr. Sandor Batkai, Hannover

Adipositas stellt ein bedeutsames Gesundheitsproblem mit weitreichenden Folgen für die zunehmende Häufigkeit von kardiovaskulären Erkrankungen dar. Nicht zuletzt erhöht Adipositas das Risiko für Typ 2 Diabetes mellitus massiv. Bei der Entstehung der Adipositas werden die vorhandenen Fettzellen größer, je nach Fettgewebedepot bilden sich aber auch früher oder später neue Fettzellen aus Stammzellen und bereits determinierten Fettzellvorläufern. Dieser komplexe Umbau des Fettgewebes wird von Entzündungsreaktionen, Gefäßproliferation und Umbau des Kollagengerüsts begleitet. Die Änderung der Fettzellgröße und die lokalen Entzündungsreaktionen beeinflussen dann den Stoffwechsel und die Sekretionsmuster der Fettzellen. Obwohl die Ursache der Adipositas weitgehend klar ist und auf einem Ungleichgewicht von Energieaufnahme und Energieabgabe beruht, so sind die Auswirkungen der Adipositas auf verschiedene Organsysteme und auf die Entstehung von sogenannten Adipositas-assoziierten Erkrankungen in vielen Fällen noch nicht gut verstanden.

Adipositas entsteht durch Vermehrung und Differenzierung der Fettzellvorläufern. Dieser Vorgang ist charakterisiert durch komplexe intrazelluläre Prozesse auf der Expressionsebene von Proteinen. Dabei spielen sogenannte microRNAs eine bedeutsame Rolle. MicroRNAs sind kurze RNA-Moleküle und enthalten keine Proteininformation, wie die lange Boten-RNA (mRNAs), welche die genetische Informationen der DNA in Proteine übersetzt. MicroRNAs modulieren vielmehr ein ganzes Netzwerk von Genen und steuern den Aufbau eines spezifischen Musters von Proteinen in einer Zelle. Dadurch werden komplexe Prozesse wie die Entwicklung und Differenzierung, sowie Kontrolle von spezifischen Funktionen von Zellen reguliert. MicroRNAs wurden früher als „Abfallprodukt“ der Zelle angesehen, ihre besondere Bedeutung ist erst seit wenigen Jahren bekannt. Das Erbgut des Menschen enthält ca. 2 tausend unterschiedliche microRNAs. Die biologischen Funktionen der meisten microRNAs sind noch nicht bekannt, allerdings wird angenommen, dass über 50% der Gene im menschlichen Genom durch microRNAs reguliert werden.

Die Untersuchung von MicroRNAs in der Fettgewebebiologie könnte zu neuen Erkenntnissen der Adipositas führen. Für unsere Untersuchungen wählten wir mehrere MicroRNAs aus, deren Expression wir direkt im Fettgewebe untersuchten. Hierbei interessierte uns der Einfluss verschiedener Ernährungs-formen und einer Gewichtsreduktion bei massiv adipösen Patienten. In dieser Arbeit wurde die Rolle von drei unterschiedlichen MicroRNAs in der menschlichen weißen und braunen Fettentwicklung untersucht. Zusammenfassend unter-streichen unsere Ergebnisse die Bedeutung von MicroRNAs in der Entwicklung von Fettzellen und zeigen, dass diese potentiell wichtige therapeutische Funktionen in der Behandlung der Adipositas besitzen.

Es wurde bereits gezeigt dass die MicroRNA miR-519 in Fettgewebe mit Adipositas assoziiert ist. Es ist allerdings nicht bekannt, ob miR-519 auch im Blut von Patienten mit Adipositas verändert ist. Dafür haben wir miR-519 im Blut von 17 schlanken (BMI 22 kg/m2) und 12 adipösen (BMI 33 kg/m2) Probanden ohne kardiovaskuläre Begleiterkrankungen verglichen. Alle Blutproben wurden unter gut standardisierten Bedingungen entnommen (nüchtern, schnelle Verarbeitung nach der Entnahme). Die detektierten Mengen von miR-519 im Blut zeigten eine grosse Variabilität (relativer Einheiten von 0,11 bis 3,11). Weder der Body Mass Index noch die Gesamtfettmasse der Probanden waren signifikant mit miR-519 assoziiert. Dennoch sahen wir einen Trend zu erhöhten miR-519-Mengen im Blut der adipösen Probanden (p = 0.088), der am ehesten durch den größeren Taillenumfang der adipösen Probanden zu erklären war. Außerdem korrelierte miR-519 mit dem LDL-Cholesterin (r = 0,56; p = 0,005). Bei dem Vergleich von fettarmer gegen fettreiche Ernährung (22% vs. 44% Fettgehalt) über jeweils 2 Wochen bei den gleichen Probanden fanden wir eine Zunahme von miR-519 mit der fettreichen Diät (0,84 ± 0,58 vs. 1,53 ± 1,03; MW ± SD; p < 0.05; n = 10). Fettverteilung und Fettstoffwechselstörungen scheinen daher zu einer veränderten Bildung von miR-519 zu führen was wiederum Einfluss auf Adipositas-assoziierte Folgeerkrankungen haben könnte.

Die Bestimmung von weiteren Adipositas-assoziierten miRNAs (miR-26a, miR-30c, miR-92a, miR-126, miR-143, miR-145, miR-193a-5p, miR-193b, miR-652, let-7a, und let-7d) direkt im Fettgewebe massiv adipöser Patienten vor und nach chirurgisch herbeigeführter Gewichtsreduktion ergab einen Trend zur verstärkten Expression von miR-26a, miR-30c, miR-92, miR-126, und let-7a nach Reduktion des Körpergewichts von bis zu 35 kg nach 6 Monaten. Inwiefern dieses veränderte miRNA-Muster im Fettgewebe zur Veränderung der Fettzellfunktion führt und damit die günstigen kardiovaskulären und metabolischen Veränderungen nach chirurgisch-induziertem Gewichtsverlust erklären kann, muss in weiterführenden Studien untersucht werden.

Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz und Kreislaufforschung e.V. (DGK) mit Sitz in Düsseldorf ist eine gemeinnützige wissenschaftlich medizinische Fachgesellschaft mit mehr als 8500 Mitgliedern. Sie ist die älteste und größte kardiologische Gesellschaft in Europa. Ihr Ziel ist die Förderung der Wissenschaft auf dem Gebiet der kardiovaskulären Erkrankungen, die Ausrichtung von Tagungen die Aus-, Weiter- und Fortbildung ihrer Mitglieder und die Erstellung von Leitlinien. Weitere Informationen unter www.dgk.org