Der globale linksventrikuläre Funktionsindex als neuer Marker für kardiovaskuläre Ereignisse nach ST-Hebungsinfarkt
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Priv.-Doz. Dr. Ingo Eitel, Leipzig
Die Bestimmung der linksventrikulären Ejektionsfraktion (LVEF) als globaler Marker für die Myokardfunktion hat eine große klinische und prognostische Relevanz. Bei Patienten mit Myokardinfarkt wird die LVEF beispielsweise als wichtiger Parameter zur Risikostratifizierung und Therapieentscheidung angewandt. Problem der Bestimmung der LVEF ist allerdings, dass diese nicht auf die Herzgröße und myokardiale Masse adjustiert ist und somit ein strukturelles Remodelling des Myokards nicht berücksichtigt. Zudem gibt die LVEF als etablierter Marker der systolischen LV Funktion keine Informationen über die diastolische Herzfunktion.
Kürzlich konnte in Studien gezeigt werden, dass andere LV Parameter wie die auf die Körperoberfläche adjustierte LV Masse und der LV Masse/Volumen Index (LVMVR) ebenfalls prognostische Relevanz hinsichtlich der Vorhersage von kardiovaskulären Ereignissen haben. Ein Parameter der sowohl die myokardiale Funktion als auch Struktur/Myokardmasse beinhaltet, könnte somit eine genauere Aussage über die kardiale Leistungsfähigkeit geben. Der kürzlich eingeführte linksventrikuläre globale Funktionsindex (LVGFI) beinhaltet eine Kombination aus Myokardmasse, Myokardvolumen und des Schlagvolumens in einem Parameter und integriert somit alle prognostisch relevanten Dimensionen des LV. Dieser neue globale myokardiale Funktionsmarker konnte in einer großen internationalen Studie (n=5004) bei gesunden Patienten nach einer mittleren Nachbeobachtungszeit von 7,2 Jahren hochsignifikant kardiale Ereignisse vorhersagen. Dabei war der LVGFI nicht nur ein unabhängiger Prädiktor der Prognose, sondern hatte auch eine inkrementelle prognostische Aussagekraft zusätzlich zur LVEF.
Hinsichtlich der prognostischen Relevanz des LVGFI bei Patienten mit akutem ST-Hebungsinfarkt (STEMI) gibt es bisher noch keine Daten. Ziel der vorliegenden Studie war es daher, die Korrelation des LVGFI mit etablierten Markern des Myokard- und Reperfusionsschadens (LVEF, „myocardial salvage“, Infarktgröße, mikrovaskuläre Obstruktion) zu untersuchen, sowie die prognostische Wertigkeit bei akut reperfundierten Patienten mit STEMI zu evaluieren.
In diese multizentrische MRT-Studie wurden 795 STEMI-Patienten mit Symptombeginn kleiner 12 Stunden, die mittels perkutaner Koronarangioplastie (PTCA) therapiert wurden, eingeschlossen. Innerhalb einer Woche nach Myokardinfarkt wurde ein kardiales MRT mit einem Infarktstandardprotokoll in 8 teilnehmenden Zentren durchgeführt. Die Bestimmung des LVGFI erfolgte gemäß einer etablierten Formel (siehe Abbildung). Zudem wurde die LVEF, Infarktgröße, das Ausmaß des geretteten Myokards („myocardial salvage“) und die mikrovaskuläre Obstruktion mittels Standardmethoden semiquantitativ ausgewertet.
Das klinische Follow-up wurde nach 1 Jahr durchgeführt. Der primäre klinische Endpunkt der Studie war eine Kombination aus Tod, Reinfarkt und Rehospital-isierung aufgrund einer Herzinsuffizienz innerhalb 12 Monate nach Myokardinfarkt. Der Median der LVGFI war 31,2% (Interquartilbereich 25,7-36,6). Patienten mit einem LVGFI < Median waren signifikant häufiger Männer, hatten signifikant häufiger einen Vorderwandinfarkt, eine längere Ischämiezeit, präsentierten sich häufiger mit Zeichen einer Herzinsuffizienz (Killip-Klasse), und hatten einen signifikant schlechteren TIMI Fluss im Infarktgefäß vor PTCA. Hinsichtlich des Myokardschadens zeigten Patienten mit einem LVGFI < Median eine signifikant größere Infarktgröße, mikrovaskuläre Obstruktion und ein signifikant reduziertes „myocardial salvage“.
Als unabhängige, signifikante Prädiktoren des LVGFI konnten in einer multivariaten Regressionsanalyse das Geschlecht, die Killip Klasse bei Aufnahme, die Ischämiezeit bis zur PTCA, die Infarktgröße und das Vorhandensein eines Vorderwandinfarkts identifiziert werden.
In der Cox Regression war ein LVGFI < Median ein unabhängiger prognostischer Marker des kombinierten klinischen Endpunktes. In einer c-Statistik zeigte sich hinsichtlich der Mortalität ein inkrementeller prognostischer Wert des LVGFI zusätzlich zur LVEF (Verbesserung der c-Statistik von 0,65 auf 0,73, p=0,05). Hinsichtlich des kombinierten Endpunktes zeigte die LVGFI im Vergleich zur LVEF eine numerisch bessere Vorhersage der Prognose, die jedoch nicht signifikant war (p=0,25).
Zusammenfassend zeigen die Ergebnisse unserer multizentrischen Studie erstmals dass der LVGFI als neuer Marker der globalen Leistungsfähigkeit des Herzens bei STEMI Patienten mit dem Ausmaß des Myokardschadens gemessen mittels der kardialen MRT korreliert. Zudem war der LVGFI ein unabhängiger prognostischer Prädiktor für klinische Ereignisse nach STEMI. Hinsichtlich der Mortalität konnte ein inkrementeller prognostischer Wert zusätzlich zur LVEF detektiert werden. Der LVGFI scheint somit durch die Integration der globalen LV systolischen Funktion mit anatomischen LV Parametern einen zusätzlichen prognostischen Wert zur LVEF zu haben und könnte somit ein neuer wertvoller Endpunkt für klinische Studien und die Prognose sein.
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