DGK-Stellungnahme zur Symplicity HTN-3 Studie zur Blutdrucksenkung nach Renaler Denervation
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Statement Prof. Dr. Michael Böhm (Universitätsklinikum des Saarlandes, Homburg/Saar)
Die Renale Denervation, bei der durch Unterbrechung von Nervenfasern zu den Nierengefäßen eine Blutdrucksenkung erzielt werden soll, hatte sich in einer Reihe kleinerer Studien als wirksam in der Behandlung von medikamentös nicht ausreichend behandelbarem Bluthochdruck erwiesen. Ende März wurde beim Kongress des American College of Cardiology 2014 die Simplicity HTN-3 Studie präsentiert, die jedoch diesen positiven Ergebnissen widersprach. Bei jenen Patienten, die renal denerviert wurden, zeigte sich eine Abnahme des systolischen Blutdrucks von 14,13 mmHg. Patienten, die einer Scheinprozedur unterzogen wurden, erreichten eine Abnahme von 11,74 mmHg. Damit kam es zwar in beiden Gruppen zu einer hochsignifikanten Abnahme des Blutdruckes, wohingegen die Differenz zwischen beiden Behandlungsarmen nicht signifikant war. Somit war der primäre Endpunkt einer Überlegenheit der Renalen Denervation (Abstand der Streuungen von 5 mmHg) nicht erreicht.
Bedeutet dieses negative Ergebnis das Ende der Renalen Denervation? Um das beantworten zu können, müssen die Details der Studie Simplicity HTN-3 genauer betrachtet werden. Einerseits handelte es sich um eine kontrollierte Studie (prospektiv, verblindet, randomisiert), bei der ein Teil der Patienten eine Scheinprozedur erhielt, was für einen hohen methodischen Standard spricht. Andererseits fällt das insgesamt erstaunlich geringe Resultat auf. Die ältere kontrollierte Studie Symplicity HTN-2 zeigte nach Renaler Denervation eine Blutdruckabnahme um 32 mmHg, in der Kontrollgruppe mit Scheinbehandlung kam es zu keinen signifikanten Blutdruckveränderungen.
Außerdem wurde die Studie an Zentren durchgeführt, die wenig Erfahrung mit der Methode hatten. Die Patienten wurden insgesamt in etwa 90 Studienzentren rekrutiert, sodass die Zahl der behandelten Patienten pro Zentrum in der Mehrzahl eher klein gewesen sein dürfte. Die Behandlungen wurden von insgesamt 111 Ärzten durchgeführt, von denen 31 Prozent nur eine Prozedur durchführten. Nur 26 Operateure führten 5 und mehr Prozeduren durch. Angesichts der offenbar geringen Erfahrungen mit der Methode bleibt die Frage der technischen Qualität der Interventionen offen.
Ein weiterer Grund für den Ausgang der Studie könnte die Patientenauswahl sein. Die in Simplicity HTN-3 behandelte Patientengruppe unterschied sich in mehrfacher Hinsicht von jenen Patienten, die in Deutschland für eine Renale Denervation in Frage kommen: 24% (Denervation) und 29% (Kontrollgruppe) waren Afro-Amerikaner. Diese Patienten zeigten keine unterschiedlichen Blutdruck-Abnahmen mit einer besonders starken Abnahme in der Placebo Gruppe. Das könnte daran liegen, dass sie etwas andere Medikamente (stärkerer Einsatz von Vasodilatatoren) erhielten. Es könnte bei ihnen auch eine etwas andere Pathophysiologie der Hypertonie vorliegen.
Simplicity HTN-3 zeigte eindeutig, dass die Prozedur sicher war. Die Gesamtkomplikations-Rate lag in der Denervationsgruppe bei 1,4%, es handelte sich vorwiegend um leichtere Gefäßkomplikationen.
Insgesamt wirft die Simplicity HTN-3 Studie viele Fragen auf. Angesichts des negativen Resultats sollte die Renale Denervation bis auf weiteres nur in ausgewiesenen Zentren durchgeführt werden. Es ist festzuhalten, dass es mittlerweile technische Weiterentwicklungen der Ablationskatheter gibt, sodass auch prozedurale Ursachen für eine verminderte Blutdrucksenkung in Frage kommen. Vom Sponsor der Studie (Medtronic), aber auch von anderen Unternehmen werden weitere Studien durchgeführt, die zurzeit bezüglich ihrer Protokolle überdacht werden. Es werden Studien zur arteriellen Hochdruckerkrankung durchgeführt werden, wobei einige Unternehmen die Renale Denervation auch als mögliche Therapiemöglichkeit bei anderen Krankheitsbildern mit erhöhter Sympathikus-Aktivität verfolgen.
Die DGK strebt eine Zertifizierung von Hochdruckzentren gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie und der Deutschen Hochdruckliga an. Patienten sollten über den Ausgang der Symplicity-HTN3 Studie im Aufklärungsgespräch informiert werden. Weiterhin ist anzustreben, dass alle in Deutschland behandelten Patienten in ein Register oder in Studien eingeschlossen werden sollten, um mehr Informationen über dieses innovative Verfahren zu generieren.