Grafenberger Allee 100
40237 Düsseldorf
Tel.: + 49 211 600692-0
Fax: + 49 211 600692-10
info@dgk.org

Deutsche Herz-Medizin bietet verbesserte Behandlungsmöglichkeiten und damit längeres Leben und bessere Lebensqualität – auch alte Patienten profitieren davon

Abdruck frei nur mit Quellenhinweis
Pressetext als PDF - gegebenenfalls mit Bildmaterial

Statement DGK-Präsident Prof. Dr. Christian W. Hamm (Gießen/Bad Nauheim) 

Die Kardiologie ist ein Fachgebiet der modernen Medizin, das sich rasant entwickelt und innerhalb der vergangenen 60 Jahre auf einen enormen Wissenszuwachs und methodischen Fortschritt verweisen kann. Die eindrucksvoll erweiterten diagnostischen und therapeutischen Optionen der Herz-Kreislauf-Medizin bieten verbesserte Behandlungsmöglichkeiten und damit längeres Leben und bessere Lebensqualität für die Patienten. Die praktischen Konsequenzen dieser sehr positiven Entwicklungen lassen sich anhand konkreter Zahlen darstellen:

Häufigkeit und Sterblichkeit von Herzkranken ist in Deutschland konsequent rückläufig

Herzkrankheiten machen heute in Deutschland 8,2 Prozent der im Rahmen der Krankenhausdiagnose-Statistik erfassten Krankenhausaufnahmen aus (2011). Die aktuellen Zahlen des Deutschen Herzberichts bestätigen die schon beim Vergleich von 1995 und 2010 diagnostizierten Entwicklungen: Eine Abnahme der koronaren Herzkrankheiten – also der durch Arteriosklerose und reduzierte Durchblutung der Herzkranzgefäße bedingten Krankheiten – in allen Altersgruppen. Zunahme bei den Herzklappenerkrankungen jenseits des 75. Lebensjahres, bei den Herzrhythmusstörungen ab dem 45. Lebensjahr in allen Altersgruppen, sowie bei der Herzmuskelschwäche (Herzinsuffizienz) insbesondere jenseits des 75. Lebensjahres.

Die zunehmende Krankheitshäufigkeit bei einer Reihe von kardiologischen Erkrankungen bedeutet allerdings nicht, dass wir immer kränker werden, sondern ist der demografischen Entwicklung geschuldet: Unsere Gesellschaft wird insgesamt älter und einige Krankheiten des Herz-Kreislauf-Systems sind typisch für das höhere Lebensalter. Außerdem werden die Diagnosemethoden in der Herzmedizin immer präziser, wodurch Herzkrankheiten immer öfter erkannt und eindeutig diagnostiziert werden können.

Nicht nur die Häufigkeit, auch die Sterblichkeit bzw. Mortalität (Sterbeziffer = Verstorbene je 100.000 Einwohner) ist bei Herzkrankheiten im vergangen Jahrzehnt kontinuierlich zurückgegangen. Allein zwischen 2010 und 2011 ist die Sterbeziffer in Deutschland von 267,7 auf 257,4 gesunken. Ein eindrucksvolles Beispiel für diese Entwicklung: Bei akutem Herzinfarkt ist die Sterbeziffer zwischen 2000 und 2010 bei Frauen um 18,4 Prozent und bei Männern um 15,8 Prozent zurückgegangen.

Ein wichtiger Aspekt dieser Entwicklung ist, dass auch alte Menschen von den Entwicklungen der Herz-Medizin immer besser profitieren. Beispielhaft steht dafür die TAVI-Prozedur, eine minimalinvasive, katheterbasierte und damit schonende Herzklappenimplantation, die auch für viele alte und kranke Patienten in Frage kommt.

TAVI: Minimalinvasive Herzklappenimplantation für alte und kranke Patienten

Die katheterbasierte Aortenklappen-Implantation (TAVI) ist eine relativ junge Methode, die bei alten Patienten und bei Patienten mit hohem Operationsrisiko den Ersatz der Aortenklappe durch eine Prothese erlaubt, ohne dass sie sich einer offenen Operation an der Herz-Lungenmaschine unterziehen müssen. Bei einer TAVI wird eine faltbare Herzklappenprothese mittels Katheter in das Herz eingesetzt. Dieser Katheter kann wahlweise über die Leistenarterie („transfemoral“), über die Unterschlüsselbeinarterie („subclavial“), über die Aorta („transaortal“) oder über die Herzspitze („transapikal“) eingeführt werden. Die Klappenprothese wird dabei in die eigene verkalkte Herzklappe des Patienten gesetzt. Der Eingriff erfolgt bei schlagendem Herzen, wodurch die Herz-Lungen-Maschine nicht erforderlich wird.

Verschiedene Datenquellen und das GARY Register zeigen, dass diese Methode in Deutschland bereits breite Anwendung findet (2013 ca. 10.500 Eingriffe) und hauptsächlich bei jenen Patienten zum Einsatz kommt, die für die konventionelle Operation nicht infrage kommen. Die Zahl der herzchirurgischen Eingriffe ist über die letzten Jahre weitgehend konstant geblieben, so dass TAVI eine zusätzliche Therapieoption für Patienten darstellt, die bisher nicht behandelt werden konnten. Gegenwärtig werden rund 60 Prozent der TAVI-Eingriffe an Patienten im Alter über 80 vorgenommen und etwas über 30 Prozent bei 70 bis 80jährigen. Gleichzeitig werden aber in dieser Altersgruppe nach wie vor knapp die Hälfte der Patienten konventionell am offenen Herzen operiert.

2012 waren laut der AQUA Qualitätsdaten TAVI-Patienten im Durchschnitt 80,3 Jahre alt und litten zu einem wesentlich höheren Prozentsatz an Komorbiditäten wie Diabetes, COPD oder eingeschränkter Nierenfunktion als Personen, bei denen eine offene Operation am Herzen durchgeführt wurde. Diese Patientenauswahl entspricht weitgehend den auf den europäischen Leitlinien basierenden Empfehlungen der DGK.

Neue randomisierte Studien aus den USA und Registermeldungen unterstützen den Einsatz von TAVI bei allen Hochrisikopatienten. Deren Einjahres-Überlebensrate mit TAVI war in der neuesten Studie im Vergleich zur konventionellen Operation signifikant höher (Adams et al. New Engl. J. Med., March 29, 2014).

Die TAVI Prozedur ist ein anspruchsvoller Eingriff, der eine hohe Expertise und Qualifikation verlangt. Neben der Indikationsstellung widmet sich die DGK deshalb auch der Frage, welche Qualifikation die Teams, Abteilungen und Krankenhäuser vorweisen sollten, die TAVIs durchführen. Die Kriterien werden derzeit von einer Kommission entwickelt, die im Sommer ein Positionspapier vorlegen wird.

Neue Curricula beschreiben die Ausbildung zum Kardiologen und ermöglichen wichtige Zusatzqualifikationen

Die eindrucksvollen aktuellen Entwicklungen in der Kardiologie stellen aber auch erhebliche Herausforderungen an die Kardiologen und ihre Fachgesellschaft. Die DGK trägt dem auf mehrfache Weise Rechnung, indem sie Qualitätsstandards definiert, europäische Leitlinien übersetzt und an deutsche Gegebenheiten adaptiert und intensiv die Entwicklung von Standards zur Aus-, Weiter- und Fortbildung der Kardiologinnen und Kardiologen vorantreibt.

Das Fach Kardiologie ist gegenwärtig durch einen ausgeprägten Trend zur Spezialisierung charakterisiert. Längst kann ein ausschließlich klinisch tätiger Kardiologe nicht mehr alle diagnostischen und therapeutischen Methoden im Schwerpunkt Kardiologie beherrschen. So entwickeln sich Spezialisierungen in den einzelnen Disziplinen der Kardiologie, beispielsweise zum Rhythmologen, interventionellen Kardiologen, Herzinsuffizienz-Spezialisten oder Experten für Erwachsene mit komplexen angeborenen Herzfehlern.

Diese Entwicklungen begleitet die DGK durch Angebote für strukturierte Zusatzqualifikationen. Diese Curricula der DGK bieten ein einheitliches Programm zur Erlangung von Zusatzqualifikationen, die erstmals einen vergleichbaren Standard in der Rhythmologie, der interventionellen Kardiologie und der Behandlung von Erwachsenen mit angeborenen Herzfehlern ermöglichen.

Die Projektgruppe Aus-, Weiter- und Fortbildung und die Kommission für Klinische Kardiologie der DGK haben in Zusammenarbeit mit eigens eingerichteten Task-Forces in den letzten Jahren zu diesen Themen Curricula in den Fachzeitschriften veröffentlicht, die auch auf der Homepage der DGK einsehbar sind. Nach den Kriterien der Curricula können sich Kardiologen von der DGK zertifizieren lassen und damit ihre Qualifikation nachprüfbar dokumentieren.

Als Grundlage dieser fortschreitenden Spezialisierungen ist der DGK jedoch eine fundierte und umfassende Ausbildung in der allgemeinen Kardiologie äußerst wichtig. Das „Curriculum Kardiologie“ stellt erstmals zusammen, welche Inhalte und praktischen Fertigkeiten ein angehender Kardiologe in seiner Weiterbildungszeit erlernen sollte. Demnach wird die Qualifikation zum Kardiologen schrittweise in 3 Kompetenzlevels erreicht. Dieser Katalog soll auch die Ärztekammern erreichen und in die Weiterbildungsordnungen der Länder einfließen, um die Ausbildung zum Kardiologen von anderen Fachdisziplinen abzugrenzen.