Prognose und klinischer Verlauf bei Patienten mit Herzinsuffizienzverdacht in der Hausarztpraxis – 5-Jahres-Follow-Up der Handheld-BNP-Studie
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Dr. Daniel Oder, Würzburg
Hintergrund und Studienziel: Die Handheld-BNP-Studie rekrutierte in zwei Regionen Deutschlands diagnostisch naive Patienten, die sich beim Hausarzt mit für Herzinsuffizienz (HI) verdächtigen Symptomen vorstellten, und prüfte den inkrementellen diagnostischen Wert natriuretischer Peptide bzw. eines miniaturisierten Echokardiographie-Gerätes im Vergleich mit Anamnese und Klinik allein. Als Goldstandard galt die innerhalb von 14 Tagen gestellte Kardiologen-Diagnose. Ziel der jetzigen Untersuchung war es, mittels eines 5-Jahres-Follow-Up (FUP) der Patienten aus Region 1 (Würzburg) die folgenden Fragen zu klären:
1. Wie ist die Langzeit-Prognose der Patienten je nach initialer Kardiologen-Diagnose (HI-/+) bzw. dem NT-proBNP-Wert (<125/125-300/>300pg/ml) bei Studieneinschluss?
2. Wie ist bei Überlebenden der Verlauf klinischer, technischer und laborchemischer Untersuchungsbefunde, und wie ist die Übereinstimmung der Diagnosen (HI+/HI-) mit der bei Studieneinschluss?
Methode und Ergebnisse: Bei allen Patienten wurde der Vitalstatus geprüft (Hausärzte, Einwohnermeldeamt, 97% komplett). Überlebende wurden zum FUP in die Studienzentrale eingeladen. Vom Gesamtkollektiv mit FUP (n=470, 68±12 Jahre, 65% weiblich) hatten bei Einschluss 246 (52%) die Kardiologen-Diagnose HI-, 224 (48%) HI+. Von den HI+-Patienten hatten 84% eine normale linksventrikuläre Pumpfunktion (LVEF), die im Mittel 64±8% betrug. Das mediane NT-proBNP war in dieser Gruppe 211, der IQR 106-870pg/ml. 16% der Patienten hatten eine reduzierte Pumpfunktion (<50%), hier war die LVEF 40±9%, das NT-proBNP 1493, und der IQR 202-6572pg/ml. Bis zum 5-Jahres-FUP waren 103 Patienten (22%) verstorben (34/% kardial, 50% nicht-kardial, 16% unbekannt). Verstorbene hatten häufiger HI+ (67 vs. 42%, Hazard Ratio [HR] 2.85, 95% Konfidenzintervall [KI] 1.7- 4.9), p<0.001 (Abbildung links); altersadjustiert: HR 1.9, KI 1.1-3.3, p = 0.017) und höheres NT-proBNP (455, IQR 188-1693 pg/ml, p=0.001). Bei NT-proBNP 125-300 bzw. >300 war die Prognose schlechter als bei 125pg/ml (HR 3.3, KI 1.3-8.2, p=0.010, und HR 10.5, KI 4.7- 23.5, p<0.001, altersadjustiert: NT-proBNP <125 vs. 125-300pg/ml: HR 1.6, KI 0.6-4.2, p=0.299, und <125 vs. >300pg/ml: HR 4.2, KI 1.8-10.0, p=0.001, Abbildung Mitte). NT-proBNP hatte mit Bezug auf die 5-Jahressterblichkeit eine größere Vorhersagekraft als die Kardiologendiagnose (HI+/HI-) bei Studieneinschluss (Abbildung rechts).
200 Patienten (43%) nahmen am FUP in der Studienzentrale persönlich teil (63±11 Jahre, 65% weiblich, HI-/HI+ 62/38%). Bei dieser Subpopulation hatte insgesamt die LVEF abgenommen (2D-Echokardiographie, 61.5±6.6%, vorher 65.3±9.2, p<0.001), der LV enddiastolische Diameter war gleich (49.7±7.8 vorher 50.3±7.7mm, p=0.18), die mittlere glomeruläre Filtrationsrate hatte ab- und das mediane NT-proBNP zugenommen (72±21 vs. 79±20 ml/min/173m2 und 131, IQR 49-339pg/ml vs. 101, IQR 52-196pg/ml, beide p<0.001). Nur bei 42 (55%) der in der Studienzentrale nachuntersuchten HI+ Patienten wurde die Kardiologen-Diagnose vom Zeitpunkt des Einschlusses bestätigt (NT-proBNP 480, IQR 247 – 1042pg/ml), bei 35 (45%) wurden die Symptome anders erklärt (NT-proBNP 117, IQR 47 – 251pg/ml). Bei 34 (28%) der Patienten mit der Kardiologen-Diagnose HI- wurde bei FUP HI+ diagnostiziert (NT-proBNP 284, IQR 122 – 388pg/ml). Insgesamt hatten Patienten mit HI- bei FUP (n=124) verglichen mit denen mit HI+ (n=76) immer ein niedrigeres NT-proBNP (aktuell 86, IQR 42-138pg/ml, Baseline 75, IQR 43-147pg/ml, vs. aktuell: 345, IQR 168-963pg/ml, Baseline 173, IQR 84-402pg/ml; p-FUP=0.018 (adjustiert für Alter und Baseline NT-proBNP) und p-Baseline=0.010 (altersadjustiert)).
Schlussfolgerungen: Bei diagnostisch naiven Patienten, die sich mit V. a. Herzinsuffizienz in der Hausarztpraxis vorgestellt hatten, bestätigte der Kardiologe nur in knapp der Hälfte der Fälle die Diagnose. Bei diesen Patienten (HI+) war allerdings meist die Pumpfunktion normal (HIpEF), und nur wenige hatten eine LVEF<50% (HIrEF). Die Mortalität des Gesamtkollektivs während des FUP lag mit 22% über derjenigen der altersgleichen Allgemeinbevölkerung; nicht-kardiale Todesursachen überwogen. NT-proBNP war bzgl. des 5-Jahresüberlebens als prognostischer Marker der Kardiologendiagnose (HI+/H-) überlegen; bereits Werte von 125-300 pg/ml zeigten ein erhöhtes Risiko an und sollten eine weitere Abklärung triggern.
Bei den persönlich klinisch nachuntersuchten Patienten (n=200) waren bei FUP Nierenfunktion und LVEF gering, aber signifikant schlechter. Die Kardiologendiagnose HI-/HI+ bestätigte sich dabei oft nicht. Allerdings hatten Patienten, die beim FUP neu HI- hatten, verglichen mit Baseline ein niedrigeres, und die neu HI+ hatten ein höheres NT-proBNP. Eine Objektivierung der Diagnosen HIrEF und besonders HIpEF anhand quantitativer Messungen nach ESC Leitlinien muss angestrebt werden und könnte helfen, Konsistenz und Reproduzierbarkeit der Diagnose HI zu verbessern.
Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz und Kreislaufforschung e.V. (DGK) mit Sitz in Düsseldorf ist eine gemeinnützige wissenschaftlich medizinische Fachgesellschaft mit mehr als 8800 Mitgliedern. Sie ist die älteste und größte kardiologische Gesellschaft in Europa. Ihr Ziel ist die Förderung der Wissenschaft auf dem Gebiet der kardiovaskulären Erkrankungen, die Ausrichtung von Tagungen die Aus-, Weiter- und Fortbildung ihrer Mitglieder und die Erstellung von Leitlinien. Weitere Informationen unter www.dgk.org