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Aktuelle Daten zeigen: Herzkatheter-Interventionen sind in Deutschland gut und sicher

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Prof. Dr. Christian W. Hamm, Gießen/Bad Nauheim, Präsident der DGK

Eine Herzkatheter-Intervention ist für die meisten Patienten mit Herzinfarkt die optimale und oft lebensrettende Behandlung. Die Statistiken der Krankenhäuser zeigen, dass in Deutschland bei mehr als 715.000 Menschen pro Jahr Eingriffe in Katheter-Labors durchgeführt werden, das Versorgungsniveau also wohl als sehr gut zu bezeichnen ist. Doch bekommen tatsächlich die geeigneten Patienten auch wirklich die passende Behandlung? Für den gesamten europäischen Raum wurden hier in den vergangenen Jahren mitunter Zweifel angemeldet. Andererseits stellt sich auch die Frage, ob nicht Patienten zum Herzkatheter zugewiesen werden, die einer solchen Intervention gar nicht bedurft hätten.

Wie ist die Situation in Deutschland? Welche Patienten werden in deutschen Herzkatheter-Labors wie behandelt? Und welche Faktoren entscheiden über Therapie und Ergebnisse? Solche Fragen können wir nun evidenzbasiert beantworten. Möglich ist das dank der vom AQUA Institut (Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen GmbH) gesammelten Daten, die mittlerweile eine beachtliche Fülle von Informationen enthalten. Insgesamt werden in Deutschland (2011) in 841 Krankenhäusern bei 715.391 Patientinnen und Patienten 745.247 Eingriffe mit dem Herzkatheter durchgeführt. 64,3 Prozent der Patienten sind Männer. 60,4 Prozent der Eingriffe wurden zu diagnostischen Zwecken vorgenommen.

Zusammenfassend kann man sagen, dass die Situation in Deutschland erfreulich und die Qualität der Katheter-Interventionen gut ist.

Eine Analyse der Daten erlaubt die Definition von fünf Patientengruppen, im Folgenden als Cluster bezeichnet.

  • Cluster 1: Patienten ohne akutes Koronarsyndrom (ACS)1, ohne vorangegangene koronare Diagnostik. Häufigste Gründe für die Zuweisung bei diesen Patienten waren Herzerkrankung infolge von Bluthochdruck oder andere Herzerkrankungen sowie Ausschluss einer koronaren Herzerkrankung. Dieser Cluster umfasst 11,5 Prozent der Herzkatheter-Patienten und ist die vergleichsweise kleinste Gruppe.
  • Cluster 2: Patienten ohne ACS, ohne vorangegangene koronare Diagnostik. Das waren 22,8 Prozent der Patienten. Häufigste Gründe für die Zuweisung waren hier Koronare Herzkrankheit, Erkrankungen des Herzmuskels (Kardiomyopathie), Aortenaneurysma und Erkrankungen der Herzklappen.
  • Cluster 3: Patienten ohne ACS, nach vorhergehender koronarer Diagnostik; insgesamt 33,1 Prozent der Herzkatheter-Patienten.
  • Cluster 4: Patienten mit ACS, ohne vorhergehende koronare Diagnostik: insgesamt 20,7 Prozent der Herzkatheter-Patienten.
  • Cluster 5: Patienten mit ACS, nach vorhergehender koronarer Diagnostik: das waren 11,9 Prozent der Herzkatheter-Patienten.

Herzkatheter-Interventionen, das zeigen die aktuellen Auswertungen, sind in Deutschland sehr sicher. Je nach Risiko in den verschiedenen Clustern liegt der Anteil unerwünschter Ereignisse während der Intervention zwischen 0,38 und 1,57 Prozent, wobei Patienten mit akutem Koronarsyndrom ein fünfmal höheres Risiko hatten als Patienten ohne dieses.

Das gleiche gilt für Komplikationen nach dem Eingriff sowie für die Sterblichkeit im Krankenhaus. Während bei Patienten ohne akutes Koronarsyndrom die Sterblichkeit zwischen 0,4 und 0,7 Prozent lag, verstarben in den ACS-Clustern 4,5 bzw. 3,7 Prozent. Damit liegen die Ergebnisse in jenen Bereichen, die man aus anderen Ländern mit hochentwickelten Gesundheitssystemen kennt.

Allerdings sind die Ergebnisse insofern bemerkenswert, als der Anteil der Patienten mit Herzinsuffizienz (Herzmuskelschwäche) in Deutschland höher ist als zum Beispiel in Schweden oder in Großbritannien. Nun wären bei herzinsuffizienten Patienten eigentlich schlechtere Ergebnisse zu erwarten. Dennoch schneiden wir im Vergleich ungefähr so gut ab wie Schweden, und deutlich besser als das UK mit einer Sterblichkeit von 8,8 Prozent bei ACS-Patienten.

Zu kommentieren sind auch die Ergebnisse in Cluster 1 und 2. Cluster 1 ist die 11,5 Prozent aller Herzkatheter-Patienten umfassende Gruppe von Patienten, bei denen eine Katheter-Untersuchung durchgeführt wurde, um eine Koronare Herzkrankheit auszuschließen, was bei 72 Prozent dieser Patienten auch gelungen ist. Bei Patienten ohne ACS und ohne vorangegangene Angiografie, das sind die Patienten in Cluster 1 und 2, wurde bei 76 Prozent eine Herzkrankheit diagnostiziert.

Das führte zur Frage, ob nicht zu viele Patienten, die gar kein ACS hatten, dem Herzkatheter zugewiesen wurden. In diesem Zusammenhang ist auf die insgesamt relativ geringe Zahl der Patienten in den Clustern 1 und 2 hinzuweisen. Wir bewegen uns in einem akzeptablen Bereich und auch hier in Größenordnungen, wie wir sie zum Beispiel aus Schweden kennen.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass Herzkatheter-Untersuchungen in Deutschland qualitätsvoll und sicher durchgeführt werden. Gelegentlich pauschal erhobene Einwände, dass zu viele derartige Eingriffe durchgeführt werden, lassen sich anhand der Qualitätsdaten nicht nachvollziehen.

Akutes Koronarsyndrom (Acute Coronary Syndrome – ACS) ist das plötzliche Auftreten schwerer Herzbeschwerden infolge einer plötzlich eingeschränkten Durchblutung von Teilen des Herzmuskels. Ja nach EKG-Befund unterscheidet man zwischen einem ACS ohne Hebung der ST-Strecke (Non-STEMI) und einem ACS mit Hebung der ST-Strecke (STEMI) – dem „klassischen“ Herzinfarkt.