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Kosteneffektivität des ICDs in der Sekundärprävention

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 Priv.-Doz. Dr. Beat Schär, Basel

Die 2 großen randomisierten Studien MADIT und AVID belegten in den späten 1990er Jahren die Effizienz (Mortalitätsreduktion) des ICDs bei Patienten mit überlebtem plötzlichem Herztod. Darauf basierend wurden dann Berechnungen angestellt, die eine vernünftige Kosteneffektivität bezüglich QALYs ergaben. Die letzten realen Analysen stammen aber etwa aus dem Jahre 2000 oder basieren auf komplexen Modellen (Markov, Monte Carlo). Ziel der aktuellen Studie war es deshalb, eine Annäherung an die Kosteneffektivität im Langzeitverlauf mit Hilfe eines seit 1994 geführten Registers zu generieren. Bewusst wird das Wort Annäherung verwendet, da für die Studie einige Annahmen getroffen werden mussten, die sicherlich diskutabel sind.

Aus dem Register wurden die 405 Patienten mit sekundärpräventiver Indikation und ischämischer (n=325) oder dilatativer (n=80) Kardiomyopathie ausgewählt (36% aller Patienten des Registers). Rund 25% hatten ein effektives Kammerflimmern überlebt, bei 75% war eine monomorphe Kammertachykardie Indexarrhythmie gewesen. Die mittlere LVEF lag bei 33%. Endpunkt der Studie war das Überleben in Monaten nach einer ersten adäquaten ICD-Therapie entweder bis zum Tod oder dem Studienende am 31.1.2014. Um das Modell für unterschiedliche Gesundheitssysteme anwenden zu können (z. B. waren/sind in der Schweiz die ICD Hardware-Kosten deutlich höher als in Deutschland), wurden 3 Kostensettings gebildet. Zudem wurden 2 verschiedene Settings im Bereich der ICD Therapie gewählt, da ATP für eine Kammertachykardie mit einer Frequenz von 180/min nicht die gleiche Bedeutung hat wie die Defibrillation eines effektiven Kammerflimmerns. Diese beiden Settings sind in Abbildung 1 zusammengefasst. Für die Berechnung der QALys wurde die gängige Formel Kosten/gerettetes Lebensjahr x 0.85 angewendet.

Der mittlere Follow-up in der Studie betrug 80±54 Monate. Bei den 405 Patienten wurden dabei total 648 ICDs „verbraucht“. 228 Patienten erhielten eine ICD Therapie gemäß den etwas lascheren, 80 Patienten eine solche gemäß den strengeren Kriterien. Die Rate an adäquaten ICD-Therapien und die Mortalität nach 5 respektive 10 Jahren ist in Abbildung 2 dargestellt. Die effektiv „geretteten“ Lebensmonate aller Patienten lagen im lascheren Setting bei 15‘685 und im strengeren Setting bei 6‘295 Monaten. In der finalen Berechnung (Gesamtkosten der ICDs geteilt durch „gerettete“ Monate mal Faktor 0.85) ergeben sich je nach Setting deutlich unterschiedliche Kosten (siehe Abbildung 3), die aber allesamt gemäss gängiger Lehrmeinung als kosteneffektiv angesehen werden dürfen.

Naturgemäß müssen einige relevante Limitationen erwähnt werden. Anders als in den erwähnten randomisierten Studien können wir nicht von effektiv geret-teten Leben ausgehen, da eine ICD Therapie (auch ein Schock zur Termination eines Kammerflimmerns) nicht mit einem sicher verhinderten plötzlichen Herztod gleichgesetzt werden darf. Berücksichtigt wurden zudem nur die effektiven Gerätekosten, Follow-up Kosten oder Medikamente (die formal aber auch ohne gleichzeitige ICD-Implantation indiziert wären), wurden außen vor gelassen. Es handelt sich zugegeben um eine recht simplifizierte, aber dennoch aussagekräftige Berechnung.

Zusammengefasst lassen sich 3 Punkte festhalten: 1) Patienten mit einer sekundärpräventiven ICD-Indikation weisen über 10 Jahre gesehen eine hohe, d.h. 65% Rate an ICD-Therapien auf. 2) Unabhängig vom gewählten Setting sind die in der Studie berechneten QALYs als vernünftig zu bezeichnen. 3) Je länger ein Patient und sein erster ICD überleben, desto tiefer sind die berechneten QALYs.

 

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