Weniger residuelle Protheseninsuffizienz nach Edwards Sapien als nach CoreValve im Segeberger-Krozingen TAVI-Register
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Dr. Mohamed Abdel-Wahab, Bad Segeberg
Die kathetergestützte Aortenklappenimplantation (Transcatheter Aortic Valve Implantation = TAVI) hat raschen Einzug in die Behandlung der hochgradigen Aortenklappenstenose bei älteren Patienten mit hohem Operationsrisiko gefunden. Zurzeit werden in Deutschland hauptsächlich die ballonexpandierende Edwards SapienTM Klappe (Edwards Lifesciences, Irvine, CA, USA) und die selbstexpandierende Medtronic CoreValveTM Klappe (Medtronic Inc., Minneapolis, MN, USA) verwendet. Für beide Klappentypen wurden vielversprechende Daten zum prozeduralen Erfolg und zur Verbesserung der Lebensqualität im Kurz- und Langzeitsverlauf veröffentlicht.
Eine der klinisch relevanten Limitationen der TAVI Prozedur ist die postinterventionelle Protheseninsuffizienz, zumeist paravalvulär. In bis zu 50 % der Patienten bestehen leichtgradige Protheseninsuffizienzen. Höhergradige Insuffizienzen treten zwar deutlich seltener auf (7-20 %), sind jedoch klinisch bedeutsam. Bisher gibt es wenige Daten zum Vergleich zwischen der ballonexpandierenden und der selbstexpandierenden Prothese in Bezug auf die Inzidenz der postinterventionellen Protheseninsuffizienzen.
Aus prospektiv erhobenen TAVI-Daten zweier Herzzentren in Deutschland (Herzzentrum Bad Segeberg und Bad Krozingen) wurde deshalb die Inzidenz der Protheseninsuffizienz nach Implantation der CoreValve-Prothese mit der der Edwards Sapien-Prothese verglichen. Der primäre Endpunkt dieser Analyse war eine echokardiographisch diagnostizierte mindestens mittelgradige Protheseninsuffizienz umittelbar nach der TAVI Prozedur. Zudem wurden der prozedurale Erfolg (Device Success) und die 1-Jahres-Überlebensrate analysiert. Endpunkte wurden gemäß der Valve Academic Research Consortium (VARC) Kriterien definiert und sowohl unadjustiert als auch mit Propensity-Score-adjustierten Modellen analysiert.
In diese Studie wurden insgesamt 394 Patienten eingeschlossen. Davon wurden bei 276 Patienten eine CoreValve-Prothese und bei 118 Patienten eine Edwards Sapien-Prothese implantiert. Das Auftreten von mehr als einer leichtgradigen Protheseninsuffizienz war in der CoreValve-Gruppe signifikant höher als in der Edwards Sapien-Gruppe (12,7 % vs. 2,6 %, p = 0.002). Es verblieb auch nach Propensity-Adjustierung ein signifikanter Unterschied zwischen den beiden Gruppen (adjustierte Odds Ratio für CoreValve 4,59, 95% Konfidenzintervall 1,03-20,44). Der Anteil an Protheseninsuffizienzen aller Schweregrade war ebenfalls in der CoreValve-Gruppe höher (71,6 % vs. 56,9 %, p = 0,004). Device Success hing wesentlich von der postinterventionellen Protheseninsuffizienz ab. Daher konnten bessere Ergebnisse in der Edwards Sapien-Gruppe verzeichnet werden (95,8 % vs. 86,6 %, p = 0.007). Die 1-Jahres-Überlebensrate war zwischen beiden Gruppen nicht signifikant unterschiedlich (83,8 % CoreValve vs. 88,2 % Edwards Sapien, p = 0,42). Es zeigte sich jedoch ein signifikanter Unterschied in der 1-Jahres Überlebensrate zwischen Patienten mit postinterventionell mindestens mittelgradiger Protheseninsuffizienz und keiner oder leichtgradiger Protheseninsuffizienz (69,8 % vs. 87,4 %, p = 0.004) und bei denen mit Device Failure (65,6 % vs. 87,4 %, p < 0,001). Im deutschen TAVI-Register lag die Odds für eine mindestens mittelgradige Protheseninsuffizienz bei der CoreValve-Prothese ebenfalls höher als bei der Edwards Sapien-Prothese (adjustierte Odds Ratio 1,58, 95% Konfidenzintervall 0,73 - 3,40). Dies war jedoch statistisch nicht signifikant (1). Zu berücksichtigen ist, dass überwiegend die CoreValve-Prothese implantiert wurde (84 % vs. 16 %). Die verwendete Edwards Sapien-Prothese gehörte einer frühen Generation an mit einem Edelstahl-Stent und einer etwas anderen Implantationstechnik. Vor kurzem wurde in einer ausgewogenen Kohortenstudie des britischen TAVI-Registers von einer höheren Protheseninsuffizienzrate bei der CoreValve-Prothese im Vergleich zur Edwards Sapien-Prothese berichtet (452 implantierte CoreValve-Prothesen vs. 410 Edwards Sapien-Prothesen, mittel- oder hochgradige Protheseninsuffizienz 17,3 % vs. 9,6 %, p = 0,001) (2). Ähnliche Ergebnisse fanden sich in einer kleinen Kohortenstudie aus Kanada (mindestens mittelgradige Protheseninsuffizienz in 39 % der CoreValve-Prothesen und 22 % der Edwards Sapien-Prothesen, p = 0,09) (3). Diese Ergebnisse zeigten sich allerdings nicht in einem kürzlich veröffentlichten Artikel der PRAGMATIC Plus Initiative (4). Es mag diverse Erklärungen für die offensichtlichen Unterschiede zwischen den beiden Prothesentypen bezüglich der postinterventionellen Protheseninsuffizienzen geben. Eine signifikante paravalvuläre Aortenklappeninsuffizienz kann auf eine nicht optimale Position der Prothese beruhen. Dies kommt bei der selbstexpandierenden CoreValve-Prothese häufiger vor. Die hämodynamische Situation im Aortenanulus hängt bei der CoreValve-Prothese stärker vom anatomischen Winkel zwischen aszendierender Aorta und linksventrikulärem Ausflusstrakt ab. Hingegen ist die Position der kürzeren Edwards Sapien-Prothese vermutlich weniger von der individuellen Anatomie abhängig. Eine gewisse Überdimensionierung der Prothesen ist bei beiden Systemen nötig um eine gute Adaptation der Prothese an den Aortenanulus sicherzustellen. Bisher ist nicht bekannt, ob ein unterschiedliches Maß der Überdimensionierung der Prothesengröße zwischen ballon- und selbstexpandierender Prothesen sinnvoll ist. Es scheint schließlich, dass die selbstexpandierende Prothese eine geringere Radialkraft besitzt, und es deshalb vermert zu paravalvulären Leckagen kommt. Da es sich bei unseren Daten um eine nicht-randomisierte und retrospektive Studie handelt, sind die Daten einem Seleketionsbias unterworfen. Auch die Gruppengrößen sind nicht ausgeglichen. Deshalb wurden Propensity-Score Analysen durchgeführt. Trotzdem könnten Einflüsse von nichtanalysierten Confounder verbleiben. Die oben genannten möglichen Unterschiede zwischen den beiden Prothesen-Systemen werden deshalb genauer in der CHOICE-Studie analysiert. Diese Studie randomisiert 240 Patienten, denen entweder eine CoreValve-Prothese oder eine Edwards Sapien-Prothese implantiert wird. Der primäre Endpunkt ist Device Success. CHOICE wird den ersten randomisierten Kopf-an-Kopf-Vergleich beider Prothesentypen darstellen. Literatur 1) Abdel-Wahab M, Zahn R, Horack M, et al. Aortic regurgitation after transcatheter aortic valve implantation: incidence and early outcome. Results from the German transcatheter aortic valve interventions registry. Heart 2011;97:899-906. 2) Moat NE, Ludman P, de Belder MA, et al. Long-term outcomes after transcatheter aortic valve implantation in high-risk patients with severe aortic stenosis: The U.K. TAVI (United Kingdom Transcatheter Aortic Valve Implantation) Registry. J Am Coll Cardiol 2011;58:2130-8. 3) Nombela-Franco L, Ruel M, Radhakrishnan S, et al. Comparison of hemodynamic performance of self-expandable CoreValve versus balloon-expandable Edwards SAPIEN aortic valves inserted by catheter for aortic stenosis. Am J Cardiol 2013. Epub ahead of print. 4) Chieffo A, Buchanan GL, Van Mieghem N M, et al. Transcatheter aortic valve implantation with the Edwards SAPIEN versus the Medtronic CoreValve Revalving System devices A multicenter collaborative study: The PRAGMATIC Plus Initiative (Pooled-RotterdAm-Milano-Toulouse In Collaboration). J Am Coll Cardiol 2013;61:830-6. Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz und Kreislaufforschung e.V. (DGK) mit Sitz in Düsseldorf ist eine gemeinnützige wissenschaftlich medizinische Fachgesellschaft mit mehr als 8200 Mitgliedern. Sie ist die älteste und größte kardiologische Gesellschaft in Europa. Ihr Ziel ist die Förderung der Wissenschaft auf dem Gebiet der kardiovaskulären Erkrankungen, die Ausrichtung von Tagungen die Aus-, Weiter- und Fortbildung ihrer Mitglieder und die Erstellung von Leitlinien. Weitere Informationen unter www.dgk.org