Validierung von NT-proBNP Cut-off-Werten für die Risikostratifizierung von Nicht-Hochrisiko Patienten mit akuter Lungenembolie
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Dr. Mareike Lankeit, et.al, Mainz
In der Bundesrepublik Deutschland versterben jährlich ca. 40.000 Patienten an den Folgen einer akuten Lungenembolie (Abbildung 1). Sowohl die Europäische (ESC) [1] als auch die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie (DGK) [2] betonen in ihren aktuellen Leitlinien die Bedeutung der Risikostratifizierung zur Abschätzung des Todes- und Komplikationsrisikos in der Akutphase. Natriuretische Peptide wie das N-terminal pro-brain natriuretic peptide (NT-proBNP), als Marker der neurohumoralen Aktivierung infolge einer ventrikulären Volumenbelastung und Dilatation (Abbildung 2), wurden in den vergangenen Jahren in zahlreichen Studien als laborchemische Biomarker für die Risikostratifizierung getestet [3]. Während unumstritten ist, dass erhöhte Plasmakonzentrationen mit einem erhöhten Risiko für einen ungünstigen klinischen Verlauf und Letalität in der Akutphase assoziiert sind, konnten bislang kein einheitlicher Cut-off-Wert für NT-proBNP identifiziert werden.
In dieser großen, prospektiven, multizentrischen, Europäischen Studie, die als Poster für die 79. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung e.V. (DGK) angenommenen wurde (Abstract Nr. 701), wurden daher verschiedene NT-proBNP Cut-off-Werte hinsichtlich ihres prognostischen Wertes bei normotensiven Patienten mit akuter Lungenembolie untersucht, verglichen und validiert.
Dazu untersuchten wir 688 normotensive Patienten (326 Männer (47,4%), mittleres Alter 70 Jahre) mit akuter Lungenembolie. Bei allen Patienten wurden zum Zeitpunkt der Aufnahme die Plasmakonzentrationen von NT-proBNP mittels quantitativen Elektrochemilumineszenzassay (Elecsys 2010, Roche Diagnostics, Mannheim) bestimmt (Median: 683 [IQR: 160-2591] pg/ml).
Während der ersten 30 Tage nach Diagnosestellung erreichten 39 Patienten (5,7%) den primären Endpunkt, definiert als Tod, Reanimation, Intubation oder Katecholaminbedürftigkeit. Sekundäre Endpunkte wurden von 29 Patienten (Tod jeglicher Ursache, 4,2%) und 18 Patienten (Lungenembolie-assoziierter Tod, 2,6%) erreicht. Wie erwartet hatten Patienten, die einen primären oder sekundären Endpunkt erreichten, signifikant höhere NT-proBNP Spiegel im Vergleich zu jenen mit unkompliziertem Verlauf (p<0,001, p<0,001 und p=0,001). In der ROC Analyse konnte eine AUC von 0,71 (95% KI: 0,62-0,79) für NT-proBNP in Bezug auf den primären Endpunkt berechnet werden. Der Cut-off-Wert von 600 pg/ml [4] war, verglichen mit den Cut-off-Werten 1000 pg/ml [5] und 500 pg/ml [6], mit der besten prognostischen Sensitivität und Spezifität assoziiert (Tabelle 1). In der logistischen Regressionsanalyse war dieser Cut-off-Wert außerdem mit dem höchsten Odds Ratio in Bezug auf das Erreichen des primären Endpunktes assoziiert (Tabelle 2). Der unabhängige prognostische Stellenwert von NT-proBNP ≥600 pg/ml konnte auch nach Korrektur für Geschlecht, Alter, Niereninsuffizienz und Herzinsuffizienz bestätigt werden. Vergleichbare Ergebnisse wurden bei Betrachtung der beiden sekundären Endpunkte erzielt. In weiterführende Analysen mit Betrachtung aller Endpunkte erschienen jedoch der myokardiale Ischämiemarker hoch-sensitives Troponin T (hsTnT) und der simplified Pulmonary Embolism Severity Index (sPESI) dem Biomarker NT-proBNP hinsichtlich der prognostischen Aussagekraft überlegen (Tabelle 3). Insbesondere erschien keiner der betrachten NT-proBNP Cut-off-Werte geeignet um Patienten mit niedrigem Risiko zu identifizieren: von 314 Patienten mit NT-proBNP Plasmakonzentrationen <500 pg/ml erreichten 6 Patienten (1,9%) den primären Endpunkt und 4 Patienten (1,3%) verstarben. Während der sechsmonatigen Nachbeobachtungsperiode verstarben 59 Patienten (8,6%). Mittels Cox Regressionsanalysen und Kaplan-Meier-Analysen konnte der prädiktive Stellenwert von NT-proBNP auch hinsichtlich der Langzeitprognose bestätigt werden. Zusammenfassend konnte in diesem großen, multizentrischen Kollektiv der prognostische Stellenwert von NT-proBNP für die Risikostratifizierung von Patienten mit akuter Lungenembolie bestätigt und einen Cut-off-Wert von 600 pg/ml als optimalen Cut-off-Wert identifiziert werden. NT-proBNP allein erscheint jedoch nicht geeignet, um Patienten für ein ambulantes Behandlungskonzept zu identifizieren. Literatur
1. Torbicki et al., Guidelines on the diagnosis and management of acute pulmonary embolism: the Task Force for the Diagnosis and Management of Acute Pulmonary Embolism of the European Society of Cardiology (ESC).
Eur Heart J 2008; 29:2276-2315.
2. Konstantinides et al., Kommentar zu den ESC-Leitlinien „Guidelines on Diagnosis and Management of Acute Pulmonary Embolism“.
Kardiologe 2009; 3:272-282.
3. Klok et al., Brain-type natriuretic peptide levels in the prediction of adverse outcome in patients with pulmonary embolism: a systematic review and meta-analysis.
Am J Respir Crit Care Med 2008; 178:425-430.
4. Pruszczyk et al., N-terminal pro-brain natriuretic peptide in patients with acute pulmonary embolism.
Eur Respir J 2003; 22:649-653.
5. Binder et al., N-terminal pro-brain natriuretic peptide or troponin testing followed by echocardiography for risk stratification of acute pulmonary embolism.
Circulation 2005; 112:1573-1579.
6. Kucher et al., Low pro-brain natriuretic peptide levels predict benign clinical outcome in acute pulmonary embolism.
Circulation 2003;107:1576-1578.
Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz und Kreislaufforschung e.V. (DGK) mit Sitz in Düsseldorf ist eine gemeinnützige wissenschaftlich medizinische Fachgesellschaft mit mehr als 8200 Mitgliedern. Sie ist die älteste und größte kardiologische Gesellschaft in Europa. Ihr Ziel ist die Förderung der Wissenschaft auf dem Gebiet der kardiovaskulären Erkrankungen, die Ausrichtung von Tagungen die Aus-, Weiter- und Fortbildung ihrer Mitglieder und die Erstellung von Leitlinien. Weitere Informationen unter www.dgk.org