Perkutane Aortenklappenimplantation und gleichzeitige perkutane Koronarintervention bei Hochrisiko-Patienten mit Aortenstenose und begleitender koronarer Herzkrankheit
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Dr. med. Ömer Aktug et.al, Aachen
Hintergrund: Die perkutane Aortenklappenimplantation (TAVI) hat sich als therapeutische Alternative zum chirurgischen Aortenklappenersatz (AKE) bei Hochrisikopatienten mit schwerer symptomatischer Aortenstenose (AS) erwiesen. Aufgrund einer alternden Bevölkerung und einer steigenden Prävalenz von kardiovaskulären Risikofaktoren in den westlichen Ländern steigt die Inzidenz sowohl der verkalkten AS und als auch der koronaren Herzkrankheit (KHK) an. In den vorherigen Beobachtungsstudien wurde eine Prävalenz der KHK im Bereich von 52-68% bei TAVI-Patienten berichtet. Die Kombination des chirurgischen AKE und der koronaren Bypass-Operation (CABG) ist bei Patienten mit AS und begleitender KHK mit erhöhten operativen Risiken verbunden. Es gibt wenige Kenntnisse über das Ergebnis der kombinierten Durchführung einer perkutanen Koronarintervention (PCI) in Kombination mit dem perkutanen Aortenklappenersatz.
Ziel der Studie: Untersuchung der Mortalität bei Kombination von TAVI und PCI bei Hochrisiko-Patienten mit symptomatischer hochgradiger AS und relevanter KHK. Neben dem prozeduralen Ergebnis untersuchte diese Studie auch die Auswirkung einer Kombination von PCI und TAVI auf das 30-Tage Überleben sowie die Sicherheit und Durchführbarkeit der Revaskularisation bei TAVI-Patienten. Darüber hinaus wurden die Ergebnisse des einzeitigen Verfahrens (single-stage) im Vergleich zum zweizeitigen (staged procedure) Verfahren analysiert.
Methoden: Von Januar 2008 bis Juni 2012 wurden konsekutiv 338 Patienten (79.9 ± 6 Jahre, logEuroSCORE 18 ± 11%), die erfolgreich mit Medtronic CoreValve™ (n=183), Edwards-SAPIEN™ (n=146) oder Symetis ACURATE™ Bioprothese (n = 9) behandelt wurden, in die Analyse aufgenommen. Bei 179 Patienten (51.4%) wurde der transfemorale, bei 155 Patienten der transapikale und bei jeweils 2 Patienten (0.7%) der transsubklaviäre und transaortale Zugangsweg gewählt. Alle Patienten mit schwerwiegenden Komorbiditäten, die von der chirurgischen Behandlung aufgrund von Kontraindikationen ausgeschlossen wurden, wurden dem interdisziplinären Herzklappen-Team vorgestellt. 221 Patienten (66%) hatten eine KHK. 66 Patienten (19.5%, 33 weiblich) mit relevanter KHK unterzogen sich einer kombinierten Prozedur (TAVI und PCI). In 58 Patienten (Gruppe A) wurde ein zweizeitiges Konzept (staged approach) für PCI und TAVI gewählt mit einem mittleren Zeitraum von 13 ± 9 Tagen zwischen den beiden Prozeduren. 8 Patienten (Gruppe B) wurden in einer einzigen Prozedur (single-stage) behandelt mit PCI zuerst. 272 Patienten erhielten nur TAVI (Gruppe C).
Ergebnisse: Die klinischen Charakteristika zwischen den drei analysierten Gruppen unterschieden sich bis auf die Inzidenz der KHK nicht. Die Gruppe mit alleiniger TAVI hatte in 58% zusätzlich eine KHK, während die PCI und TAVI Gruppe in 100% eine KHK hatte. Die durchschnittliche effektive Klappenöffnungsfläche betrug 0,7 ± 0.2 cm2. Bei 329 Patienten (97.3%) konnte der TAVI-Eingriff erfolgreich vorgenommen werden. Der nachfolgende mittlere Aufenthalt auf der Intensivstation lag bei 4 ± 9 Tagen, der gesamte Krankenhausaufenthalt betrug 21 ± 7 Tage. Klinische Ereignisraten für die kombinierte Prozedur im Vergleich zu TAVI allein sind in Tabelle 1 angegeben. Die 30-Tage-Mortalität für Patienten mit TAVI plus PCI war ähnlich wie bei Patienten mit isolierter TAVI (12.1% vs 9.9%; OR=1.4, 95% CI 0.6 bis 3.267, p=0.436). 7 Patienten (10.6%) der TAVI plus PCI-Gruppe erlitten einen periprozeduralen Myokardinfarkt (NSTEMI) und ein zerebraler Insult trat bei zwei Patienten (4.7%) auf. Es gab keine signifikanten Unterschiede zwischen TAVI plus PCI-Gruppe vs TAVI alleine in Bezug auf vaskuläre Komplikationen und postprozeduralem akuten Nierenversagen. Der Kontrastmittelverbrauch bei TAVI Implantation war in der Gruppe B höher im Vergleich zur Gruppe A (251 ± 60 vs 179 ± 73 ml; p = 0.022).
Fazit: Die koronare Herzerkrankung ist bei Patienten mit schwerer AS, die sich einer TAVI unterziehen, häufig. Bei Patienten mit AS und gleichzeitiger KHK ist die Kombination aus PCI und TAVI nicht mit erhöhten prozeduralen Risiken verbunden. Es gibt keinen kurzfristigen Überlebensvorteil eines einzeitigen vs zweizeitigen Interventionsverfahrens. In dieser Hochrisiko-Patientenpopulation kann die katheterinterventionelle Revaskularisation zusätzlich zur TAVI entweder als single-stage oder als gleichzeitige Intervention sicher durchgeführt werden
Tabelle 1. Klinische Ereignisraten für TAVI plus PCI Patienten verglichen mit TAVI allein (n=338)
TAVI+PCI (n=66) |
TAVI alleine (n=272) |
OR |
CI 95% |
P-Wert |
|
Insult |
4.7% |
3% |
1.6 |
0.415-6.249 |
0.491 |
Linksschenkelblock |
32.8% |
37.4% |
0.793 |
0.445-1.413 |
0.431 |
AV-Block |
15.6% |
17.4% |
0.863 |
0.410-1.817 |
0.698 |
Schrittmacher-Implantation |
21.9% |
27.4% |
0.738 |
0.385-1.414 |
0.359 |
Vaskuläre Komplikationen |
9.4% |
14.8% |
0.595 |
0.240-1.471 |
0.261 |
Akutes Nierenversagen |
1.6% |
5.2% |
0.295 |
0.038-2.289 |
0.243 |
30-Tage-Mortalität |
12.1% |
9.9% |
1.4 |
0.6-3.267 |
0.436 |
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