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Depressive Symptome bei Patienten mit Vorhofflimmern in der Allgemeinbevölkerung

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Dr. Renate Schnabel, Hamburg

Psychosoziale Belastungsfaktoren wie eine Depression sind mit einem erhöhten Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen und mit einem ungünstigeren Verlauf nach Manifestation der Erkrankung verbunden.1, 2 Die beste Datenlage hierfür gibt es für die koronare Herzerkrankung. Kaum Daten sind verfügbar für Vorhofflimmern. Das kann daran liegen, dass die Bedeutung von Vorhofflimmern in der Allgemeinbevölkerung trotz einer zunehmenden Prävalenz häufig noch unterschätzt wird. Dabei hat sich gezeigt, dass psychosoziale Faktoren einen Einfluss auf Hämodynamik, autonome Funktionen, Entzündungspara¬meter, Gerinnungsstatus und Vasomotorik haben können, die sowohl in der Pathogenese als auch bei Komplikationen von Vorhofflimmern eine Rolle spielen.

Erste kleinere Untersuchungen bei Patienten mit Vorhofflimmern deuten darauf hin, dass depressive Symptome häufig sind und einen Einfluss auf die Lebensqualität haben.3-5 Da Daten in der Allgemeinbevölkerung zur Prävalenz depressiver Symptome weitgehend fehlen, haben wir bei 10.000 Individuen der populationsbasierten Gutenberg Gesundheitsstudie im Alter zwischen 35 und 74 Jahren Zeichen einer depressiven Stimmungslage bei Vorhofflimmern untersucht. In computer-assistiertem Interview wurden depressive Symptome im Patient Health Questionnaire (PHQ-9) und die Diagnose einer Depression unter standardisierten Bedingungen erfragt. Vorhofflimmern wurde anhand der Anamnese und des 12-Kanal EKGs am Studienzentrum erfasst. Wir identifizierten 309 Individuen mit Vorhofflimmern, die erwartungsgemäß im Mittel älter (64.8±8.2 Jahre versus 55.2±10.8 Jahre bei Studienteilnehmern ohne Vorhofflimmern) und häufiger männlich 70% versus 50% waren. Das klassische kardiovaskuläre Risikoprofil war generell ungünstiger bei Individuen mit Vorhofflimmern unabhängig vom Alter. Anamnestisch lagen bei Teilnehmern mit Vorhofflimmern eine koronare Herzerkrankung bei 22.8%, ein Myokardinfarkt bei 13,9% und eine Herzinsuffizienz bei 12% vor. Die anamnestische erfasste Diagnose einer Depression war jedoch ähnlich häufig bei Vorhofflimmerindividuen im Vergleich zu Teilnehmern ohne Vorhofflimmern. Die PHQ-9-Werte unterschieden sich geringfügig mit höheren Werten im Median (25./75. Perzentile) von 4 (2/6) bei Vorhofflimmern im Vergleich zu 3 (2/6). Teilnehmer mit Vorhofflimmern schätzten ihren körperlichen Gesundheitszustand schlechter ein als Individuen ohne die Erkrankung, während für die geistigen Fähigkeiten subjektiv kein Unterschied bestand. In multivariabel-adjustierten logistischen Regressionsanalysen für PHQ-9 waren depressive Symptome signifikant mit Vorhofflimmern assoziiert (Odds Ratio 1.04, 95% Konfidenzintervall 1.005-1.08, P=0.023), was überwiegend durch somatische Zeichen einer Depression erklärt wurde (Odds Ratio 1.08, 95% Konfidenzintervall 1.02-1.15, P=0.0084), während sich für kognitive Zeichen einer Depression keine signifikante Korrelation ergab, P=0.15. Die Ergebnisse ähnelten sich in den Subgruppen von Individuen, die sich der Diagnose Vorhofflimmern bewusst waren, im Vergleich zu Teilnehmern mit neu diagnostiziertem Vorhofflimmern. Eine Interaktion für Alter und Symptome einer Depression konnten in Bezug auf Vorhofflimmern nicht nachgewiesen werden. Zeichen einer somatischen Depression (3 (1.17/4) versus 2 (1/3), P=0.068) und die Anamnese einer Depression (26.9% versus 14%, P=0.036)) waren bei Individuen mit Vorhofflimmern tendenziell häufiger anzutreffen, wenn keine feste Partnerschaft bestand. Keine klinisch relevanten Unterschiede ergaben sich in Bezug auf depressive Symptome in Abhängigkeit vom zusätzlichen Vorliegen einer Herzinsuffizienz.

Unsere Daten zeigen, dass depressive Symptome, insbesondere somatische Beschwerden, in der Allgemeinbevölkerung bei Individuen mit Vorhofflimmern häufiger sind unabhängig von Alter und Begleiterkrankungen. Dies ist unter anderem zurückzuführen auf eine körperliche Beeinträchtigung durch die Erkrankung, während die geistige Gesundheit im Mittel nicht schlechter eingeschätzt wurde.

Die Bedeutung von depressiven Symptomen für Komplikationen von Vorhofflimmern und das langfristige Überleben muss in zukünftigen Studien untersucht werden ebenso wie der Beitrag zur Ätiologie und die Relevanz für Therapie und Rehabilitation. Welche gesundheitsökonomischen Auswirkungen darüber hinaus depressive Symptome bei Patienten mit Vorhofflimmern haben, bleibt zu evaluieren.

Reference List

(1) Rosengren A, Hawken S, Ounpuu S, Sliwa K, Zubaid M, Almahmeed WA, Blackett KN, Sitthi-amorn C, Sato H, Yusuf S. Association of psychosocial risk factors with risk of acute myocardial infarction in 11119 cases and 13648 controls from 52 countries (the INTERHEART study): case-control study. Lancet 2004 September 11;364(9438):953-62.

(2) Vaccarino V, Johnson BD, Sheps DS, Reis SE, Kelsey SF, Bittner V, Rutledge T, Shaw LJ, Sopko G, Bairey Merz CN. Depression, inflammation, and incident cardiovascular disease in women with suspected coronary ischemia: the National Heart, Lung, and Blood Institute-sponsored WISE study. J Am Coll Cardiol 2007 November 20;50(21):2044-50.
(3) Thrall G, Lip GY, Carroll D, Lane D. Depression, anxiety, and quality of life in patients with atrial fibrillation. Chest 2007 October;132(4):1259-64.
(4) Lange HW, Herrmann-Lingen C. Depressive symptoms predict recurrence of atrial fibrillation after cardioversion. J Psychosom Res 2007 November;63(5):509-13.
(5) Lane DA, Langman CM, Lip GY, Nouwen A. Illness perceptions, affective response, and health-related quality of life in patients with atrial fibrillation. J Psychosom Res 2009 March;66(3):203-10.

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