Adenosin Stress MR-Perfusion bei Patienten mit Vorhofflimmern
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Dr. Thomas Hucko, et al, Berlin
Vorhofflimmern ist eine hoch prävalente Herzrhythmusstörung, insbesondere im fortgeschrittenen Lebensalter. Die Wahrscheinlichkeit im Laufe des Lebens an Vorhofflimmern zu erkranken liegt für Menschen über 40 Jahre bei ca. 25%. Angesichts der zunehmenden Lebenserwartung in den Industrienationen sowie einer insgesamt alternden Gesellschaftsstruktur wird sich die derzeitige Prävalenz von 1,5-2% in den nächsten Jahrzehnten verdoppeln. Vorhofflimmern tritt gehäuft in Kombination mit anderen kardialen Erkrankungen (Koronare Herzerkrankung, Herzklappenerkrankungen) sowie den klassischen kardiovaskulären Risikofaktoren (Hypertonus, Diabetes mellitus, Übergewicht, Alter) auf.
Angesichts dieser Zusammenhänge ist bei Patienten mit Vorhofflimmern häufig eine Ischämiediagnostik indiziert. Diese stellt jedoch im klinischen Alltag nach wie vor eine große Herausforderung dar. Zwar können mittels Computertomographie signifikante Stenosen bei normfrequentem Vorhofflimmern erkannt werden, die Evaluation hinsichtlich relevanter Perfusionsdefizite jedoch bleibt weiterhin unzureichend. Gleichzeitig sind die single-photon Emissions-Computer-Tomographie (SPECT) wie auch die Stress-Echokardiographie in ihrer Aussagekraft deutlich reduziert. Bei den ergometrischen Testverfahren kommt es häufig dyspnoebedingt zu einem vorzeitigen Abbruch der Untersuchung durch den Patienten. Die Unterbrechung einer frequenzlimitierenden Therapie mit dem Ziel die kardiale Ausbelastung zu erreichen, ist in der Regel aus klinischer Sicht nicht ratsam; bei Einnahme von Digitalis-Präparaten ist die Analyse der ST-Strecke darüber hinaus nicht zulässig. Dobutamin-Stress-Protokolle sind bei bestehendem Vorhofflimmern nur in seltenen Fällen sinnvoll und als letzte Wahl anzusehen.
Die Adenosin-Stress Perfusions-Magnetresonanzbildgebung stellt im Rahmen der routinemäßigen Ischämiediagnostik bei Patienten mit Sinusrhythmus ein gutetabliertes Verfahren mit verlässlich hohem diagnostischem und prognostischem Wert dar wie dies bereits anhand verschiedener Studien belegt werden konnte. Die Durchführbarkeit dieser Untersuchungstechnik bei Patienten mit Vorhofflimmern ist jedoch noch nicht ausreichend untersucht. Hinsichtlich des bis dato unbefriedigenden Repertoires an Ischämietests für Patienten mit Vorhofflimmern führten wir eine Studie mit dem Ziel durch, den Nutzen der MR-Perfusionsbildgebung bei Patienten mit Vorhofflimmern und bekannter bzw. vermuteter koronarer Herzkrankheit zu evaluieren.
Wir untersuchten 38 Patienten mit Verdacht auf myokardiale Ischämie mittels Adenosin-Stress- und Ruhe-MR-Perfusion (bSSFP, TE/TR/alpha 1,3ms/2,5ms/50°, 3 Schichten/Herzschlag, Voxelgröße 2,9×3,0x10mm) sowie Late Gadolinium Enhancement (LGE) (free breathing single shot, bSSFP, TE/TR/alpha 1,6ms/3,1ms/50°, Voxelgröße 1,8×1,9x10mm) an einem 1.5T-Magnetresonanztomographen. Alle Datensätze wurden von zwei unabhängigen Untersuchern (Inter-observer) hinsichtlich der Bildqualität auf einer 4-Punkte-Skala bewertet (1=exzellent, 2=gut, 3=moderat, 4=nicht-diagnostisch). Die Perfusions- und LGE-Datensätze wurden segmentweise auf stressinduzierte Ischämie hin überprüft. Die so ermittelten Perfusionsdefizite wurden dann mit den Ergebnissen der invasiven Koronarangiographie patienten- und territoriumsbasiert verglichen. Nicht koronarangiographierte Patienten wurden bezüglich kardiovaskulärer Ereignisse (kardiovaskulärer Tod, Myokardinfarkt, PTCA, Bypass-OP) nachverfolgt.
Alle eingeschlossenen Patienten konnten erfolgreich untersucht werden. Die mittlere Bildqualität der Perfusionsbildgebung war mit 1,73 ± 0,61 gut. Zudem war die patienten- und territoriumsbasierte Inter-observer Variabilität der Perfusionsbildgebung sehr gering (κ=0,94 bzw. 0,89). LGE fand sich bei 12 Patienten, wobei die mittlere Bildqualität der LGE-Aufnahmen 2,16 ± 0,69 betrug. Alle Patienten mit stressinduzierten Perfusionsdefiziten (n=9) wurden koronarangiographiert. Dabei wurden Koronarstenosen ≥50% bzw. ≥70% bei 8 (89%) bzw. 7 (78%) Patienten festgestellt. Sieben Patienten wurden trotz einer negativen MR-Untersuchung invasiv untersucht, in keinem dieser Fälle lag eine Stenose ≥70% vor. Die verbliebenen 22 Patienten mit negativer Stress MR-Perfusion wurden über einen durchschnittlichen Zeitraum von 14 ± 7 Monaten (median: 12,9 Monate) nachverfolgt. Keiner dieser Patienten erlitt ein kardiovaskuläres Ereignis.
Somit lässt sich schlussfolgern, dass relevante Koronarstenosen auch bei Patienten mit Vorhofflimmern durch die Adenosin-Stress MR-Perfusion mit guter Bildqualität und geringer Inter-observer Variabilität erkannt werden können. Die MR-Perfusionsbildgebung könnte daher bei Patienten mit Vorhofflimmern eine geeignete Alternative für den Ischämienachweis bzw. für die Risikostratifizierung und das Management hinsichtlich einer Koronarrevaskularisierung darstellen. Angesichts der sicheren und zuverlässigen Durchführbarkeit der Untersuchungen im Rahmen unserer Studie sollte der prognostische Wert der MR-Perfusionsbildgebung nun anhand größerer Patientenzahlen ermittelt werden.
Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz und Kreislaufforschung e.V. (DGK) mit Sitz in Düsseldorf ist eine gemeinnützige wissenschaftlich medizinische Fachgesellschaft mit mehr als 8200 Mitgliedern. Sie ist die älteste und größte kardiologische Gesellschaft in Europa. Ihr Ziel ist die Förderung der Wissenschaft auf dem Gebiet der kardiovaskulären Erkrankungen, die Ausrichtung von Tagungen die Aus-, Weiter- und Fortbildung ihrer Mitglieder und die Erstellung von Leitlinien. Weitere Informationen unter www.dgk.org