TAVI: Aortenklappenersatz für alte und Hochrisiko Patienten
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Statement Prof. Dr. Christian Hamm, Direktor der Medizinischen Klinik I, Universität Gießen und der Abteilung für Kardiologie an der Kerckhoff-Klinik in Bad Nauheim; Präsident elect der DGK
Die Verengung der Aortenklappe (Aortenstenose) ist der häufigste Herzklappenfehler im hohen Lebensalter. Typische Symptome sind Atemnot und Anfälle von Bewusstlosigkeit („Synkopen“). Durch die Belastung wird der Herzmuskel zudem chronisch geschädigt. Der operative Ersatz der Aortenklappe ist für viele Menschen die einzig mögliche Therapie.
Der Eingriff an der Aortenklappe erfolgt nach wie vor bei den meisten Patienten in einer offenen Operation. Dabei wird der Brustkorb eröffnet und die Kreislaufversorgung über längere Zeit mit der Herz-Lungen-Maschine aufrechterhalten. Die Operation hat bei jüngeren, sonst Gesunden ein geringes Risiko, ist allerdings belastend und bedeutet für sehr alte oder kranke Menschen ein hohes Risiko.
Seit kurzem gibt es allerdings eine Alternative: Die Transkatheter-Aorteklappen-Implantation (TAVI; Transcatheter Aortic Valve Impantation). Dabei wird die Ersatzklappe in zusammengefaltetem Zustand mittels Herzkatheter an ihren Einsatzort gebracht und dort entfaltet. Es stehen zwei Zugänge zur Auswahl: die Klappe kann über die großen Blutgefäße (transvaskulär) oder über die Herzspitze (transapikal) in die linke Herzakmmer eingebracht werden. Das alles geschieht bei schlagendem Herzen, die Herz-Lungen-Maschine wird nicht benötigt. Mit der vergleichsweise jungen TAVI gibt es allerdings noch weniger Erfahrungen als mit der seit Jahrezehnten angewendeten offenen Operation. Die TAVI wird gegenwärtig als Therapiealternative für Patienten gesehen, die dringend eine Aortenklappe benötigen, bei denen jedoch eine Operation an der Herz-Lungen-Maschine mit einem hohen Risiko verbunden wäre oder die als zu al (>75 Jahre) betrachtet werden.
Daten des deutschen Aortenklappen-Registers GARY
Den Stellenwert von TAVI zeigen jetzt die Daten des deutschen Aortenklappen-Registers (German Aortic Valve RegistrY – GARY). GARY ist das erste große Register, das TAVI und konventionelle Operation über einen längeren Zeitraum erfasst. Die aktuellen Daten aus diesem Register mit einer Beobachtungszeit von einem Jahr liegen jetzt vor und beziehen sich auf 13.860 Patienten, die während des Jahres 2011 in Deutschland einen Aortenklappenersatz erhielten. Konkret waren das 6.523 Fälle mit offenem, chirurgischem Aortenklappenersatz, 3.462 Patienten, bei denen zusätzlich mindestens ein Bypass gelegt wurde, 2.694 transvaskuläre TAVIs und 1.181 transapikale TAVIs. Das wichtigste Ergebnis: Patienten mit einem hohen Risiko können mit der TAVI mindestens mit gleichem Erfolg wie von einer konventionellen Operation behandelt werden, mit dem Vorteil, dass TAVI der schonendere Eingriff ist.
Eine Auswertung der Mortalität im Krankenhaus zeigte für die TAVI eine Sterberate von 5,5% (transvaskulär) bzw. 7,8% (transapikal). Während oder unmittelbar nach einem offenen Aortenklappenersatz starben nur 2,2% der Patienten. Werden die Daten in den Hochrisikogruppen verglichen, so findet sich bei der TAVI im Vergleich zur konventionellen Operation kein erhöhtes Sterberisiko mehr. Auch die höhere Sterblichkeit nach transapikaler TAVI lässt sich dadurch erklären, dass diese hauptsächlich bei sehr kranken Patienten mit schlechtem Gefäßzustand zum Einsatz kommt.
Bei der überwiegenden Mehrzahl der Patienten (98,1%) war eine Beobachtung über ein Jahr möglich. Nach diesem Jahr waren noch fast 12.000 der Patienten am Leben. In allen Patientengruppen war eine Zunahme der Sterblichkeit zu verzeichnen. Nach offener Klappenimplantation war die Gesamtsterblichkeit am geringsten, gefolgt von der offenen Klappenimplantation mit Bypass, transvaskulärer TAVI und transapikaler TAVI. In den TAVI-Gruppen lag die Mortalität nach einem Jahr über 20%. In die Bewertung dieser Daten müssen freilich die Ausgangsbedingungen eingerechnet werden: So waren mehr als 80% der TAVI-Patienten älter als 75 Jahre und im Durchschnitt deutlich kränker.
Die aktuellen Ergebnisse bestätigen die bisherigen Daten aus einer randomisierten Studie und zeigen, dass bei Patienten mit hohem Risiko die Katheter-gestützte Intervention zumindest gleichwertig mit der Operation ist.
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