Gentherapie für schwache Herzen – Expertengruppe aus Heidelberg führend
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Statement Prof. Dr. Patrick Most, Leiter der Molekularen und Translationalen Kardiologie Sektion der Medizinischen Klinik III der Universität Heidelberg
Die chronische Herzmuskelschwäche (HI, Herzinsuffizienz) ist trotz deutlicher Fortschritte in der klinischen Behandlung eine lebensbedrohende Erkrankung geblieben. Gegenwärtige medikamentöse Therapien, die auf einer breiten Basis leitliniengestützt eingesetzt werden, haben das Potential, das Herz gegen Mechanismen sekundärer Schädigung abzuschirmen; der fortschreitende Verlust an Herzkraft ist durch sie jedoch weder aufzuhalten noch umzukehren. Neuartige molekulare Therapien zielen dagegen auf eine funktionelle Regeneration des Herzmuskels. Dazu zählt die Gentherapie der chronischen Herzmuskelschwäche, welche Nukleinsäure-basierte Wirkstoffe gezielt zu einer aktiven Verbesserung der Funktion des geschädigten Herzmuskels nutzt. Diese innovative Behandlungsform hat nach langjähriger Entwicklung im Labor die Phase der klinischen Prüfung erreicht und könnte die Behandlung der chronischen Herzmuskelschwäche in naher Zukunft revolutionieren.
Die Erforschung molekularer Krankheitsmechanismen hatte die Identifikation bestimmter Proteine im Herzmuskel zur Folge, deren veränderte Konzentrationen eine Schlüsselrolle bei fortschreitendem Verlust der Herzkraft einnehmen. Insbesondere Regulatorproteine des Kalziumstoffwechsels spielen hierbei eine übergeordnete Rolle. Gentherapie ermöglicht nun im Gegensatz zur klinisch medikamentösen Therapie die gezielte Korrektur dieser Defekte am Ort der Störung. Mit Hilfe modifizierter Viren wird DNA, welche das veränderte Protein kodiert, in erkrankte Herzmuskelzellen eingebracht und der Syntheseapparat der Zelle genutzt, um die Konzentration des Proteins zu normalisieren.
Gentherapeutisches Verfahren in den ersten Phasen klinischer Prüfung
Gegenwärtig befindet sich ein gentherapeutisches Verfahren in den ersten Phasen klinischer Prüfung. Diese hat den Ersatz eines herzmuskelzelleigenen Enzyms zum Ziel, dessen Funktion es ist, die Aufrechterhaltung des Kalziumflusses in der Herzmuskelzelle zu gewährleisten, das sogenannte SERCA2a Protein. Die Arbeitsgruppe um Prof. Dr. Roger Hajjar am Mount Sinai Hospital, New York, USA, hat diesen Faktor in langjährigen Arbeiten als erfolgversprechendes Molekül zur Therapie der chronischen Herzmuskelschwäche charakterisiert. Mit der CUPID Studie (Calcium Upregulation by Percutaneous Administration of Gene Therapy in Cardiac Diseases) ist die Gentherapie der chronischen Herzmuskelschwäche zur klinischen Realität geworden. Jenseits der ersten Phase der kürzlich abgeschlossenen klinischen Sicherheitsprüfung erwarten wir mit großer Spannung die Wirksamkeit in größeren Patientenkollektiven.
Heidelberger Team untersucht molekulares Wirkprinzip
Unser Team in Heidelberg verfolgt die therapeutische Nutzung eines anderen molekularen Wirkprinzips. In unserer Abteilung finden wir hierzu mit Herrn Prof. Hugo Katus einen starken Förderer unserer Forschungsarbeit und ideale Strukturen zur Synthese molekularer und translationaler kardiologischer Forschung. Unsere Aufmerksamkeit gilt einem Molekül namens S100A1, das in den Regulationsmechanismen des Kalziumstoffwechsels im Herzmuskel eine Stufe höher steht als SERCA2a. Unsere Daten zeigen, dass S100A1 nicht nur direkt SERCA2a kontrolliert, sondern eine Reihe weiterer elementarer Faktoren in Herzmuskelzellen, die für deren Kalziumstoffwechsel sowie der Regulation kalziumabhängiger Prozesse wie zum Beispiel Membranpotentialstabilität und Energieproduktion verantwortlich zeichnen. Mit den jüngsten Tests der S100A1-Gentherapie in human-relevanten Krankheitsmodellen der chronischen Herzmuskelschwäche konnten wir die Phase der präklinischen Entwicklung erfolgreich beenden. Wir glauben, dass die Kombination einer langwirksamen und sicheren Regeneration der Herzfunktion, welche gepaart ist mit einem Schutz vor Rhythmusstörungen und der Stabilisierung des myokardialen Energiestoffwechsels, eine noch effektivere Strategie ist, therapeutisch etwas zu bewegen.
Lücke in der klinischen Behandlung der chronischen HI schließen
Der Zulassungsprozess zu ersten klinischen Sicherheitsstudien mit der US-amerikanischen Arzneimittelbehörde (FDA) ist begonnen worden und in den nächsten Monaten möchten wir diesen Prozess auch in Europa mit der EMEA einleiten. Gegenwärtig erhalten wir hierfür eine einzigartige Unterstützung durch das Gene Therapy Resource Program (GTRP) des National Institute of Health (NIH). Wir bringen unsere damit verbundene Expertise und Erfahrung in der Entwicklung molekularer Therapieverfahren auch gezielt in das Deutsche Zentrum für Herz- und Kreislaufforschung (DZHK), in dem Heidelberg einen der Partnerstandorte stellt.Der derzeit andauernde Prozess mit der FDA ist vielschichtig, aber wir hoffen, unseren Patienten schon sehr bald eine sichere und hochwirksame neue Therapieoption zur Verfügung stellen zu können und eine Lücke in der klinischen Behandlung der chronischen Herzmuskelschwäche zu schließen.
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Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz und Kreislaufforschung e.V. (DGK) mit Sitz in Düsseldorf ist eine gemeinnützige wissenschaftlich medizinische Fachgesellschaft mit mehr als 8200 Mitgliedern. Sie ist die älteste und größte kardiologische Gesellschaft in Europa. Ihr Ziel ist die Förderung der Wissenschaft auf dem Gebiet der kardiovaskulären Erkrankungen, die Ausrichtung von Tagungen die Aus-, Weiter- und Fortbildung ihrer Mitglieder und die Erstellung von Leitlinien. Weitere Informationen unter www.dgk.org