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Pressemitteilung DGK

Einfluss von Alter und Geschlecht auf den CMR Phänotypen von Patienten mit hypertropher Kardiomyopathie

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Prof. Dr. med. Theano Papavassiliu, Mannheim 

Die hypertrophe Kardiomyopathie (HCM) ist die häufigste genetisch bedingte Kardiomyopathie mit einer Inzidenz von 1:500 in der Allgemeinbevölkerung. Die HCM zeichnet sich durch eine außergewöhnlich phänotypische Vielfalt und hohe Variabilität an klinischen Symptomen aus. Auch andere Einflüsse wie Geschlecht, Alter, Umweltfaktoren und genetische sowie epigenetische Faktoren scheinen zu dieser phänotypischen Varianz beizutragen.

Epidemiologische Studien konnten zeigen, dass das Geschlecht einen entscheidenden Einfluss auf das Manifestationsalter, die Klinik und Therapie, sowie den Verlauf bei kardiovaskulären Erkrankungen hat. Ähnlich scheinen auch bei der HCM geschlechtsspezifische Unterschiede eine wichtige Rolle zu spielen. Frauen mit HCM sind symptomatischer und haben ein höheres Risiko eine fortgeschrittene Herzinsuffizienz. Die genauen zugrunde liegenden Mechanismen und Zusammenhänge sind jedoch derzeit noch unklar.

Ziel der Studie war es, den Einfluss von Geschlecht und Alter auf den CMR Phänotypen von Patienten mit HCM zu untersuchen. Hierfür wurden 310 Patienten mit HCM (99 Frauen, 59±16 Jahre) aus 3 Zentren (Department of Cardiology, University Hospital of Mannheim, Department of Cardiology, University of Heidelberg, DZHK- Deutsches Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung, Standorte Heidelberg/Mannheim, sowie Department of Cardiology, VU University Medical Center, Amsterdam) und 40 gesunde Probanden mittels late gadolinium enhancement cardiac magnetic resonance imaging (LGE CMR) untersucht. Die Ergebnisse der Patienten mit HCM wurden mit denen nach Alter und Geschlecht gematchten gesunden Probanden verglichen. Dabei wurden links- und rechtsventrikuläre, sowie atriale Volumina, die linksventrikuläre enddiastolische Masse (LVM), die myokardiale Dicke, der LV remodelling index (LVRI): LVM / LV enddiastolisches Volumen (LVEDV) und das Ausmaß von late gadolinium enhancement (LGE) evaluiert.

Bei den gesunden Probanden zeigten Männer eine signifikant höhere LVM (51±10 vs. 66±11g/m², p=0.0001), sowie eine prominentere Wanddicke der LV Hinterwand (7±1 vs. 9±2mm, p=0.01) als Frauen. Der LVRI war bei gesunden männlichen Probanden bei vergleichbaren enddiastolischen Volumina signifikant (0.76±0.15 vs. 0.91±0.20g/ml, p=0.02) höher als bei Frauen. Es gab keine weiteren geschlechtsspezifischen Unterschiede in dem Probandenkollektiv. Bei den Frauen nahm das linksventrikuläre enddiastolische Volumen mit zunehmendem Alter (r=0.47, p=0.04) ab, während sich bei den Männern nur ein Trend abzeichnete.  Die LVM wurde vom Alter nicht beeinflusst.

Bei dem gesamten HCM Patientenkollektiv waren 32% Frauen, die tendenziell älter bei Diagnosestellung (60±16 vs. 56±15 Jahre, p=0.07) waren. Die links- und rechtsventrikuläre Auswurffraktionen, sowie das Ausmaß von LGE waren zwischen Männern und Frauen vergleichbar. Ähnlich wie bei den Probanden waren die LVM (85±25 vs. 105±30g/m², p=0.0001), sowie die Wanddicke der Hinterwand bei Männern signifikant größer als bei Frauen. Frauen mit HCM wiesen jedoch im Vergleich zu den Männern und anders als bei den Probanden signifikant niedrigere links- und rechtsventrikuläre Volumina, sowie kleinere Dimensionen ventrikulär und atrial auf. Zusätzlich konnte im Gegensatz zu den Probanden kein Unterschied mehr in dem LVRI zwischen den Geschlechtern nachgewiesen werden. Diese signifikanten Unterschiede bei den Volumina und Dimensionen zwischen Männern und Frauen mit HCM und der Angleich der Werte für den LVRI lassen darauf schließen, dass der Remodellingprozess bei der HCM einem geschlechtsspezifischen Mechanismus unterliegt. Um die zugrundeliegende Pathophysiologie besser zu verstehen, untersuchten wir zusätzlich das Verhältnis aller relevanten Parameter zwischen Patienten mit HCM und entsprechenden gesunden Probanden.

Im Vergleich zu den gesunden Probanden war die LV Masse sowohl bei Männern als auch bei Frauen mit HCM signifikant größer, wobei Frauen einen signifikant höheren Zuwachs an Myokardmasse aufwiesen als Männer (56.1±55.8% vs. 39.9±49.5%, p=0.01, Abbildung 1). Die linksventrikulären enddiastolischen Volumina hingegen zeigten einen gegensätzlichen  Verlauf (Abbildung 2). Frauen mit HCM zeigten im Vergleich zu den gesunden Probanden eine Abnahme des enddiastolischen Volumens, während Männer eine Zunahme des Volumens aufwiesen (-3.2±27.0% vs. +14.9±9.3%, p<0.0001). Daraus resultiert eine Zunahme des LVRI sowohl bei Männern als auch bei Frauen mit HCM, welche jedoch bei Frauen aufgrund der gleichzeitigen Volumenabnahme deutlich ausgeprägter war (30.3±57.4% vs.12.8±49.8%, p=0.01, Abbildung 3). Vergleichbare Befunde waren auch in der Subgruppenanalyse bei Patienten mit einer obstruktiven (HOCM n=101, Frauen n=32) und nicht-obstruktiven Kardiomyopathie (HNCM n=209, Frauen n=62) nachweisbar.

Zusätzlich untersuchten wir den Einfluss des Alters auf die verschiedenen CMR Parameter. Mit zunehmendem Alter zeigen Frauen mit HCM eine Zunahme der LV Myokardmasse, eine Dilation des rechten Ventrikels sowie eine abnehmende TAPSE. Bei den Männern hingegen nahm mit zunehmendem Alter nur die MAPSE ab. Das Alter hatte bei Männern keinen signifikanten Einfluss auf die LVM.

Zusammenfassend konnte in der vorliegenden Arbeit gezeigt werden, dass Geschlecht und Alter einen entscheidenden Einfluss auf den CMR Phänotypen von Patienten mit HCM haben. Im Rahmen der HCM entwickeln beide Geschlechter eine signifikante Myokardhypertrophie, welche bei Frauen ausgeprägter ist. Diese Myokardhypertrophie geht wiederum mit einer Zunahme des Volumens und Dilatation des linken Ventrikels bei Männern bzw. einer Abnahme des Volumens bei Frauen einher. Ob geschlechts- und altersspezifizische Unterschiede zur Risikostratifizierung bei Patienten mit HCM beitragen, sollten an weiteren Langzeitstudien untersucht werden.

Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz und Kreislaufforschung e.V. (DGK) mit Sitz in Düsseldorf ist eine gemeinnützige wissenschaftlich medizinische Fachgesellschaft mit mehr als 8200 Mitgliedern. Sie ist die älteste und größte kardiologische Gesellschaft in Europa. Ihr Ziel ist die Förderung der Wissenschaft auf dem Gebiet der kardiovaskulären Erkrankungen, die Ausrichtung von Tagungen die Aus-, Weiter- und Fortbildung ihrer Mitglieder und die Erstellung von Leitlinien. Weitere Informationen unter www.dgk.org