Klinischer Verlauf der Noncompaction Kardiomyopathie (NCCM): Daten des Deutschen Noncompaction-Registers der ALKK
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Dr. Birgit-Jutta Gerecke, Wolfsburg
1984 wurde der weltweit erste Fall einer Isolierten Noncompaction Kardiomyopathie (NCCM) einschließlich des typischen echokardiographischen Erscheinungsbildes von R. Engberding und F. Bender an der Universitätsklinik Münster beobachtet und publiziert. Zwischenzeitlich wurden zahlreiche weitere Einzelfallbeschreibungen oder Zusammenfassungen kleiner Patientenzahlen veröffentlicht. 2006 wurde die NCCM von der American Heart Association als primär genetische Kardiomyopathie klassifiziert. Im selben Jahr erfolgte auf Vorschlag von R. Engberding die Gründung des Deutschen Noncompaction-Registers der Arbeitsgemeinschaft Leitende Kardiologische Krankenhausärzte (ALKK) auf der Jahrestagung in Lübeck. Das Register, das seither aus 37 aktiven Zentren besteht – Kliniken einschließlich Universitätskliniken und kardiologische Praxen – erlaubt an Hand größerer Fallzahlen bessere Aussagen zum klinischen Verlauf dieser seltenen Herzmuskelerkrankung. Der Einschluss der Patienten erfolgt dabei nach einstimmiger Beurteilung der Bilddaten durch drei erfahrene Untersucher. Bis Anfang Februar 2012 wurden 233 Patienten in das Register eingeschlossen (75 Frauen, 158 Männer, Alter 18 – 87 Jahre, im Mittel 56,2 Jahre). Die mittlere Beobachtungsdauer umfasst derzeit 2,1 Jahre.
Die meisten Patienten mit einer NCCM weisen bei Diagnosestellung die Symptome einer Herzinsuffizienz auf, wobei das Spektrum von einer milden Symptomatik mit Belastungsdyspnoe bis zur schweren kardialen Dekompensation reicht. Die zweite wichtige Gruppe einer klinischen Manifestation umfasst Herzrhythmusstörungen. Auch hier gibt es eine weite klinische Spannbreite von Palpitationen bis zum plötzlichen Herztod. Es treten bradykarde als auch tachykarden Arrhythmien auf. Die NCCM hat durch Bildung von Thromben in den nichtkompakten Anteilen der linksventrikulären Wand als auch durch das Auftreten von Vorhofflimmern ein erhöhtes Risiko an thrombembolischen Ereignissen. 7,3% der Patienten des Registers wiesen ein thrombembolisches Ereignis auf (cerebraler Insult, TIA, periphere arterielle Embolie). In der Literatur wurden auch spezifische neuromuskuläre Erkrankungen bei NCCM berichtet. Diese waren bei den Patienten des ALKK-Registers nur selten zu finden (1,7%).
Die Therapie der Patienten mit NCCM war im Register für die Behandlung der Herzinsuffizienz weitgehend stadiengerecht und orientierte sich an den üblichen Leitlinien. Die medikamentöse Therapie führte bei mehr als 80 Prozent der Patienten zu einer Verbesserung der Symptomatik. Vereinzelt kam es aber im Verlauf auch zu einer Verschlechterung unter medikamentöser Therapie. Eine CRT-Implantation bei schwerer LV-Dysfunktion und Linksschenkelblock, der bei NCCM-Patienten relativ häufig auftritt, besserte die Herzinsuffizienzsymptomatik in zehn von elf Fällen. Drei Patienten mit NCCM und Herzinsuffizienz im Endstadium erhielten eine Herztransplantation, die erfolgreich verlief.
Auch für die Behandlung von Arrhythmien kamen verschiedene medikamentöse Optionen, als auch nicht-medikamentöse Therapieverfahren zum Einsatz. Eine Ablationsbehandlung erfolgte bei AVNRT oder WPW-Tachykardien aber auch bei Isthmusabhängigem Vorhofflattern. 4,3 Prozent der Patienten erhielten einen Herzschrittmacher bei bradykarden Rhythmusstörungen. Bei 51 Patienten wurde ein implantierbarer Defibrillator (ICD) implantiert, davon in 36 Fällen als Primärprävention. Bei fünf von 24 Patienten mit schwergradig reduzierter LV-Funktion und primärpräventiver Indikation waren adäquate Schockabgaben nachweisbar.
Nach stattgehabter cerebraler Ischämie bei NCCM (auch bei fehlendem Nachweis von Thromben und Vorhofflimmern) und bei dokumentiertem Vorhofflimmern erhielten die Patienten eine Antikoagulation, ebenso in vielen Fällen mit alleiniger schwerer LV-Dysfunktion.
Innerhalb der Beobachtungsdauer verstarben 18 Patienten. Vier Patienten wurden nach einem Herzkreislaufstillstand erfolgreich reanimiert.
Die Analyse der Daten ergab, dass schwerwiegende Ereignisse wie Tod, Herzkreislaufstillstand, Kammertachykardien oder Kammerflimmern, schwere Herzinsuffizienzsymptome (NYHA III und IV) oder thrombembolische Ereignisse signifikant häufiger bei Patienten mit schwerer LV-Dysfunktion (EF < 35%) auftraten. Das Vorliegen von Vorhofflimmern oder Linksschenkelblock waren weitere statistisch signifikante Risikomarker für eine schlechte Prognose bei NCCM. Es empfiehlt sich eine regelmäßige kardiologische Kontrolle der Patienten mit NCCM, um das Auftreten von Risikomarkern frühzeitig zu erfassen und die geeigneten Therapiestrategien einzuleiten.