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Pressemitteilung DGK

Geschlechtsspezifische Faktoren als Prädiktoren des Überlebens und der Lebensqualität nach kardiopulmonaler Reanimation beim akuten Myokardinfarkt (STEMI und NSTEMI)

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Dr. Carolin Zwadlo et al., Hannover

Die neuesten Zahlen des Statistischen Bundesamtes von 2011 bestätigen die unverändert hohe Inzidenz an kardiovaskulären Todesfällen in Deutschland (ca. 40% aller Todesfälle). Neben chronischer koronarer Herzerkrankung und der chronischen Herzinsuffizienz ist der akute Myokardinfarkt weiterhin eine der häufigsten Todesursachen. Die Mortalität innerhalb des ersten Monats liegt unverändert bei 30 bis 50 Prozent, wobei die Geschlechterverteilung zu Ungunsten des weiblichen Geschlechtes liegt (40% Männer versus 60% Frauen). In Deutschland werden pro Jahr zirka 280.000 ST- und Nicht-ST-Hebungsmyokardinfarkte (STEMI/NSTEMI) diagnostiziert, wovon zirka 30 bis 35 Prozent mit einer kardiopulmonalen Reanimation einhergehen. In den vergangenen Jahren konnte die Mortalitätsrate reanimierter Patienten durch Verbesserung in der Rettungskette und Einführung technischer Fortschritte wie Kühlung und Kreislaufunterstützungssysteme deutlich gesenkt werden – sie ist allerdings weiterhin hoch. Geschlechtsspezifische Unterschiede in der Ausprägung der individuellen Beschwerdesymptomatik hinsichtlich Heterogenität der zugrundeliegenden Risikofaktoren, Alter, Schmerzempfindung und Beginn der Therapie sind seit langem bekannt. Unklar bleibt jedoch deren Einfluss auf die Lebensqualität nach überlebtem STEMI/NSTEMI mit kardiopulmonaler Reanimation.

Wir haben deshalb an der Klinik für Kardiologie und Angiologie der Medizinischen Hochschule Hannover im Rahmen unserer Qualitätssicherungs- und Verbesserungsanalysen bei der Behandlung von reanimierten Patienten eine retrospektive Datenbankanalyse durchgeführt und geschlechtsspezifische Faktoren für die Prädiktion der Lebensqualität nach kardiopulmonaler Reanimation untersucht. Ziel war es, kognitive und physische Einschränkungen nach kardiopulmonaler Reanimation bei akutem Myokardinfarkt (STEMI und NSTEMI) zu erfassen und diese unter geschlechterspezifischen Aspekten aufzuschlüsseln. Die Analyse bestand aus zwei Teilkomponenten: einem Fragebogen und der Ermittlung klinischer Daten anhand der elektronischen Krankenakte. Der Fragebogen umfasste allgemeine und spezielle Fragen zu der aktuellen sozialen und gesundheitlichen Lebenssituation wie zum Beispiel Benutzung einer Gehhilfe, Zuhilfenahme eines Pflegedienstes, häusliche Situation, Angabe von Luftnot, Brustschmerzen oder Rhythmusstörungen. Die Fragen waren allgemeinverständlich formuliert, um ein möglichst vollständiges Ausfüllen der Fragebögen zu gewährleisten. Ziel war es, die aktuelle Lebenssituation der Patienten durch Abfragen verschiedener Aspekte möglichst plastisch und umfangreich abzubilden. Ferner wurden klinische Parameter, unter anderem das Infarktgefäß, Anzahl der betroffenen Koronargefäße, Ejektionsfraktion beim Indexereignis, maximaler CK- und BNP-Wert sowie Jahreszeit des Reanimationsereignisses erfasst, um einen möglichen Zusammenhang zwischen dem Krankheitsverlauf und der heutigen Lebenssituation darstellen zu können.

 In der Zeit von 2000 bis 2011 wurden in der Klinik für Kardiologie und Angiologie der Medizinischen Hochschule Hannover 381 Patienten/Patientinnen nach kardiopulmonaler Reanimation bei STEMI/NSTEMI behandelt, von denen 75 Prozent (n=287) Männer und 25 Prozent (n=94) Frauen waren. 290 Patienten/Patientinnen (n=232 Männer und n=58 Frauen) wurden entlassen, das heißt 62 Prozent der Frauen und 80 Prozent der Männer, die nach/unter Reanimation das Krankenhaus erreichten, konnten entlassen/verlegt werden. Somit betrug erstaunlicherweise die Krankenhaus-Mortalität 38 Prozent bei Frauen und 20 Prozent bei Männern. Die Lebensqualität wurde ≥ 6 Monate nach überlebtem Reanimationsereignis erfasst. Zum Zeitpunkt der Fragebogenerhebung bestand diese Gruppe aus 138 Patienten/Patientinnen (n=108 (78%) Männer und n=30 (22%) Frauen).

 In der getrennten Analyse dieser Gruppe ergab sich kein geschlechtsspezifischer Unterschied, das heißt: 52 Prozent der Frauen und 47 Prozent der Männer hatten das Reanimationsereignis mindestens sechs Monate überlebt. Die weiterführende Analyse der Mortalität zeigte, dass mehr Frauen (61%) im Herbst/Winter (Oktober bis einschließlich März) verstarben, während in der warmen Jahreszeit (April bis einschließlich September) nur 39 Prozent der reanimierten Frauen verstarben. In der Gruppe der männlichen Patienten gab es keinen jahreszeitlichen Unterschied. Im Hinblick auf die klinischen Parameter, das heißt den angiographischen Befund, das Infarktgefäß sowie die systolische linksventrikuläre Funktion zum Indexereignis, ergaben sich keine Unterschiede zwischen Männern und Frauen. Auch im Hinblick auf die soziale Situation ≥ 6 Monate nach dem Indexereignis sind keine signifikanten geschlechtsspezifischen Unterschiede eruierbar. Die Mehrzahl der Patienten/Patientinnen lebt mit einer oder mehreren Personen in einem Haushalt. Nur wenige leben alleine oder in einem Pflegeheim. Während Angina-Pectoris-Beschwerden oder Rhythmusstörungen von der Mehrzahl der weiblichen und männlichen Patienten verneint wird, geben doch mehr als die Hälfte der Patienten oder Patientinnen Zeichen der Herzinsuffizienz an. Die alltäglichen Arbeiten können jedoch ohne Hinzunahme eines Pflegedienstes durchgeführt werden.

 Zusammenfassend soll diese Evaluation der Langzeitlebensqualität nach Reanimation einen Beitrag zur Qualitätsverbesserung der Patientenversorgung nach Reanimation und speziell mögliche geschlechtsspezifische Faktoren als Prädiktoren des Überlebens und der Lebensqualität liefern. Die Daten des Registers ergaben, dass die Gesamt-Mortalität nach kardiopulmonaler Reanimation beim akuten Myokardinfarkt mit 24 Prozent weiterhin hoch ist. Frauen erleiden zwar insgesamt seltener als Männer ein Reanimationsereignis, jedoch versterben Frauen im Rahmen dieses Ereignisses prozentual häufiger als Männer (38% vs. 20%). Auffällig ist insbesondere ein Anstieg der Mortalität bei Frauen in der kalten im Vergleich zu der warmen Jahreszeit. Der angiographische Befund, Biomarker und klinische Daten liefern für diesen geschlechtsspezifischen Unterschied keine Befunde. Auch in Bezug auf die subjektive Lebensqualität ≥ 6 Monate nach kardiopulmonaler Reanimation zeigt sich zwischen den beiden Geschlechtern kein signifikanter Unterschied. Obwohl doch deutliche geschlechtsspezifische Unterschiede in der individuellen Beschwerdesymptomatik und auch dem Beginn einer klinischen Therapie bestehen, führen diese anscheinend zu keinem signifikanten Unterschied in der Lebensqualität zwischen Männern und Frauen nach Reanimation.