Rivaroxaban bei Patienten mit stattgehabtem akutem Koronarsyndrom
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Statement von Prof. Dr. Martin Moser / Freiburg
Trotz moderner, leitliniengerechter Behandlung besteht für Patienten, die ein akutes Koronarsyndrom oder einen Myokardinfarkt erlitten haben, ein Risiko von zirka zehn Prozent/Jahr, ein erneutes kardiovaskuläres Ereignis zu erleiden. Seit längerer Zeit gibt es Hinweise darauf, dass zusätzlich zur bislang durchgeführten Hemmung der Thrombozytenfunktion dieses Risiko durch die Hemmung der Blutgerinnungskaskade – zum Beispiel durch Marcumar – verringert werden kann. Allerdings war dieser Vorteil mit einem nicht akzeptablen Blutungsrisiko verbunden. Um zu prüfen, ob sich das Nutzen/Risikoverhältnis durch den Einsatz des neuen direkten Faktor-Xa-Antagonisten Rivaroxaban (= Xarelto) optimieren lässt, wurde die ATLAS ACS 2 TIMI 51-Studie durchgeführt. In Deutschland waren 23 Zentren beteiligt. In diese internationale, multizentrische, doppelblinde, ereignisgesteuerte Studie wurden 15.526 Patienten mit akutem Koronarsyndrom eingeschlossen.
Eine Schlaganfallanamnese oder eine Indikation zur therapeutischen Antikoagulation stellten Kontraindikationen für einen Studieneinschluss dar. Die eingeschlossenen Patienten wurden zusätzlich zur Standardbehandlung – bestehend aus ASS und wahlweise einem Thienopyridin (überwiegend Clopidogrel) – mit Rivaroxaban in einer niedrigen Dosis (2×5 mg/d), einer sehr niedrigen Dosis (2×2,5 mg/d) oder mit Placebo behandelt. Im Vergleich dazu beträgt die bei Vorhofflimmern wirksame Dosierung von Rivaroxaban 20mg/d.
Als Einschlusskriterium hatten 50,3 Prozent der Patienten einen ST-Hebungsinfarkt erlitten, 25,6 Prozent einen Nicht-ST-Hebungsinfarkt und 24 Prozent litten unter instabiler Angina Pectoris. Die Studienbehandlung wurde erst einige Tage nach dem initialen Ereignis begonnen. Die mittlere Behandlungsdauer betrug 13,1 Monate. Der primäre Endpunkt der Studie bestand aus kardiovaskulärem Tod, Myokardinfarkt oder Schlaganfall und trat in den mit Rivaroxaban behandelten Patienten signifikant seltener auf. Die Analyse der einzelnen Endpunktkomponenten zeigte, dass bei den Patienten in der Niedrig-Rivaroxaban-Dosisgruppe vor allem das Risiko eines erneuten Myokardinfarktes reduziert war. Dagegen waren in der Sehr-Niedrig-Rivaroxaban-Dosisgruppe besonders die kardiovaskuläre Todesrate (4,2 % vs. 2,5 %) und die Gesamttodesrate (4,5 % vs. 2,7 %) gegenüber Placebo signifikant reduziert. Darüber hinaus traten in dieser Dosisgruppe Stentthrombosen seltener auf (2,2 % vs. 2,9 %).
Praktisch regelhaft ist mit der Intensivierung der Antikoagulation eine Erhöhung des Blutungsrisikos verbunden. Dementsprechend war auch in ATLAS ACS 2 TIMI 51-Studie die Häufigkeit des primären Sicherheitsendpunktes bestehend aus nicht-bypassassoziierten TIMI-major-Blutungen unter Rivaroxaban erhöht (1,8 % in der 2x 2,5mg/d Gruppe und 2,4 % in der 2x5mg/d Gruppe versus 0,6 % in der Placebogruppe). In ähnlicher Weise waren leichtere Blutungen aber auch intrakranielle Blutungen unter Rivaroxaban erhöht. Allerdings ging die Behandlung mit Rivaroxaban erfreulicherweise nicht mit einem erhöhten Risiko für tödliche Blutungen oder anderen unerwünschten Wirkungen einher.
Sobald diese Therapie für die Klinik zugelassen sein wird, kann – statistisch gesehen – durch die Behandlung von 56 Patienten mit der sehr niedrigen Dosis Rivaroxaban zusätzlich zur Standardbehandlung mit ASS und Thienopyridin ein Todesfall verhindert werden. Diese Therapie wäre somit sehr effektiv.
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Prof. Dr. Martin Moser
Universitätsklinikum Freiburg
Innere Medizin III, Kardiologie und Angiologie
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