Erhöhtes myokardiales Extrazellulärvolumen bei Patienten mit Myokarditis: Quantifizierung durch die T1-Mapping-Magnetresonanztomographie
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Dr. med. Ulf K. Radunski, et al., Hamburg
Die Diagnose einer Myokarditis, deren klinische Erscheinungsbilder und Ursachen vielfältig sind, stellt weiterhin eine Herausforderung für die klinische Routine in der Kardiologie dar. Darüber hinaus mangelt es an verlässlichen Parametern, die eine Prognoseabschätzung bei Patienten mit Myokarditis erlauben.
Während die Charakterisierung von myokardialem Gewebe bei Patienten bis vor wenigen Jahren nur durch histopathologische Beurteilung endomyokardialer Biopsien möglich war, sind durch die fortschreitenden Entwicklungen auf dem Gebiet der kardialen Magnetresonanztomographie (MRT) neue Möglichkeiten zum nicht-invasiven Nachweis von Veränderungen der myokardialen Gewebestruktur entstanden. Insbesondere die Ödemdarstellung auf flüssigkeitssensitiven, T2-gewichteten Bildern sowie die T1-gewichtete „Late-Gadolinium-Enhancement“-(LGE)-Technik erlauben eine Visualisierung fokaler Myokardschäden wie Ödem, Nekrose oder Fibrose bei Patienten mit Myokarditis. Wesentliche Limitationen dieser Techniken sind allerdings die eingeschränkte Fähigkeit, diese Myokardschäden zu quantifizieren sowie der Nachweis diffuser Veränderungen. Durch die sogenannte „T1-Mapping“-Technik könnten diese Limitationen jedoch potentiell überwunden werden: Verschiedene Formen einer Myokardschädigung wie Ödem, Nekrose oder Fibrose führen zu veränderten nativen T1 Relaxationszeiten. Nach Kontrastmittelgabe wiederum kommt es in nekrotisch oder fibrotisch geschädigtem Myokard durch eine Akkumulation von Kontrastmittel zu einer überproportionalen Verkürzung der T1-Zeit im Vergleich zu normalem Myokard. Die T1-Zeiten lassen somit Rückschlüsse auf die Gewebezusammensetzung zu. Im Gegensatz zur T1-gewichteten LGE-Technik oder Ödemdarstellung durch die T2-gewichtete MRT werden beim T1-Mapping jedoch keine relativen Unterschiede im Signalverhalten zwischen normalen und geschädigten Myokardarealen eines Patienten ermittelt, sondern absolute T1-Werte quantifiziert. Durch die Bestimmung der T1-Zeit eines Myokardareals oder einer Myokardschicht lassen sich daher Myokardschäden quantifizieren und zudem diffuse, visuell auf konventionellen MRT-Bildern nicht nachweisbare Veränderungen nachweisen, ohne dass ein „gesundes“ Myokardareal als Referenz vorhanden sein muss. Insbesondere bietet das T1-Mapping unter Kombination von T1-Zeiten vor und nach Kontrastmittelgabe die Möglichkeit der Abschätzung des myokardialen Extrazellulärvolumens (EZV) als Korrelat eines veränderten Interstitiums. Ob sich bei Patienten mit Myokarditis Veränderungen des EZV mittels der T1-Mapping Technik nachweisen lassen, ist bisher nicht systematisch untersucht.
In unserer Studie wurden 105 Patienten mit dem klinischen Verdacht auf Myokarditis eingeschlossen und mittels Kardio-MRT (Philips Achieva, 1,5 Tesla) untersucht. Zusätzlich zu einem konventionellen Myokarditis-MRT-Protokoll erfolgte eine Quantifizierung der T1-Zeiten von linksventrikulärem (LV) Myokard und Blut vor und 15 Minuten nach Kontrastmittelgabe (0,075mmol/kg Gadolinium-BOPTA) durch eine sogenannte Modified Look-Locker Inversion recovery (MOLLI)-Sequenz. Mittels eines Plug-ins für die OsiriX-Software wurden dann T1-Karten erzeugt und für 16 LV Segmente das EZV anhand der Gleichung EZV = [1-Hämatokrit]*[D1/T1]Myokard/[D1/T1]Blut errechnet.
Im Patientenkollektiv konnten anhand konventioneller Kriterien 71 (68%) Patienten mit Myokarditis identifiziert werden. Abbildung 1 zeigt ein Beispiel für regional verlängerte T1-Zeiten vor Kontrastmittelgabe und verkürzte T1-Zeiten nach Kontrastmittelgabe im Bereich einer typischen, infero-lateral lokalisierten Läsion bei einem Patienten mit Myokarditis. Das aus den T1-Zeiten errechnete globale LV EZV war bei diesen Patienten signifikant größer als bei Patienten ohne Myokarditis (36±7 vs. 30±5%; p<0,0001). Darüber hinaus ließ sich bei Patienten mit regionalen Narben in der LGE-MRT ein signifikant größeres globales LV EZV als bei Patienten ohne regionale Narben nachweisen (36±7 vs. 32±6%; p<0,05). Die LV Segmente mit LGE wiesen ebenfalls ein signifikant größeres EZV auf als Segmente ohne LGE (36±10 vs. 33±9 %; p<0,0001). In der ROC-Analyse ergab sich eine Sensitivität von 73% und eine Spezifität von 65% zur Identifizierung von Patienten mit Myokarditis durch ein globales LV EZV >= 32% als Cut-off (AUC =0,76; p<0,0001). Zusammengefasst weisen unsere Ergebnisse darauf hin, dass die T1-Mapping-MRT bei Patienten mit Myokarditis ein erhöhtes LV EZV als Korrelat einer diffusen und/oder fokalen Myokardschädigung nachweisen kann. Die Quantifizierung des EZV bietet daher ein großes Potenzial für die Verbesserung der diagnostischen und möglicherweise auch prognostischen Aussagekraft der kardialen MRT bei Patienten mit klinischem Verdacht auf eine Myokarditis. Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz und Kreislaufforschung e.V. (DGK) mit Sitz in Düsseldorf ist eine gemeinnützige wissenschaftlich medizinische Fachgesellschaft mit mehr als 8200 Mitgliedern. Sie ist die älteste und größte kardiologische Gesellschaft in Europa. Ihr Ziel ist die Förderung der Wissenschaft auf dem Gebiet der kardiovaskulären Erkrankungen, die Ausrichtung von Tagungen die Aus-, Weiter- und Fortbildung ihrer Mitglieder und die Erstellung von Leitlinien. Weitere Informationen unter www.dgk.org