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Assoziation von klinisch-medizinischem Profil und Depressivität bei kardiovaskulären Erkrankungen – projektübergreifende Analysen aus dem Kompetenznetz Herzinsuffizienz

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Dr. med. Thomas Müller-Tasch, Weinsberg

Depressionen sind bei Patienten mit kardiovaskulären Erkrankungen (KVE) und v.a. bei Patienten mit Herzinsuffizienz (HI) häufig. Die betroffenen Patienten leiden unter einer eingeschränkten Lebensqualität, der Krankheitsverlauf und die Prognose werden durch die depressive Komorbidität negativ beeinflusst. Es gibt nur wenige Untersuchungen über die Häufigkeit depressiver Erkrankungen bei Patienten in unterschiedlichen Stadien einer KVE bzw. über mögliche Zusammenhänge zwischen einer Depression und somatischen Faktoren. Dies ist u.a. durch einen Mangel an ausreichend großen, gut charakterisierten Patientenkollektiven bedingt, die für derartige Analysen notwendig wären. Das Kompetenznetz Herzinsuffizienz (KNHI), das seit 2003 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert wird bietet eine gute Datenbasis für derartige Fragestellungen. Ziel der vorliegenden projektübergreifenden Analysen aus dem KNHI war es daher, die Prävalenz einer depressiven Symptomatik in Abhängigkeit von Schweregrad und Ätiologie der KVE, sowie Assoziationen der Depressivität mit dem klinischen Profil der Patienten zu untersuchen.

Acht Teilprojekte des KNHI trugen n=3.433 Patienten bei, deren klinisches Profil (soziodemografische Angaben, klinische Symptomatik, kardiovaskuläres Risikoprofil, kardiovaskuläre und andere medizinische Erkrankungen, linksventrikuläre Auswurffraktion (LVEF), Medikation) prospektiv mittels standardisiertem Basisdatensatz inkl. Depressionsscreening mit dem Patient Health Questionnaire 9 (PHQ-9) erhoben wurde. Wie von dessen Autoren empfohlen, wurde ein kategorialer Algorithmus benutzt, um „keine“, „minor“ und „major Depression“ zu definieren. Die Patienten wurden unter Berücksichtigung der ACC/AHA (American College of Cardiology/American Heart Association) und der New York Heart Association (NYHA) Klassifizierung, sowie der Ätiologie der KVE vier Gruppen zugeordnet:

Gruppe 1 (keine KVE bekannt, noch nie HI-Symptome, LVEF >45%, ≥1 der folgenden KV Risikofaktoren: Diabetes mellitus, Hypertonie, Body Mass Index >30kg/m2, Hyperlipidämie);
Gruppe 2 (nachgewiesene KVE, noch nie HI-Symptome, LVEF >45%,);
Gruppe 3 (ischämisch bedingte HI, NYHA II-IV, LVEF ≤45%, nachgewiesene Koronare Herzkrankheit [KHK]);
Gruppe 4 (nicht-ischämische HI, NYHA II-IV, LVEF ≤45%, KHK ausgeschlossen).

Bei den Ergebnissen zur Prävalenz der Depressivität fallen deutliche Unterschiede zwischen den untersuchten Gruppen auf (s. Tabelle): bei Patienten mit klinisch manifester KVE finden sich höhere Depressivitätsraten als bei Patienten ohne manifeste KHK (Gruppe 1 vs 2); Patienten mit systolischer HI leiden häufiger unter Depressivität als Patienten ohne HI (Gruppe 1+2 vs 3+4); eine „major depression“ nach PHQ-9 ist in der Patientengruppe mit ischämisch bedingter HI häufiger als in der Patientengruppe mit nicht-ischämischer HI (Gruppe 3 vs 4).

Folgende Faktoren waren in der multivariablen Analyse mit Depression assoziiert: NYHA Stadium (OR 2.07 pro Stadium, p<0.001), Ödeme (OR 1.53, p<0.001), Belastungsdyspnoe (OR 1.89, p=0.004), Rauchen (OR 1.49, p=0.003), kein Alkoholkonsum (OR 1.31, p=0.012), Antidepressiva-Einnahme (OR 2.16, p=0.001), sowie ischämische Ätiologie der HI (OR 1.25, p=0.033). Nur in der univariaten Analyse mit Depression assoziiert waren: Weibliches Geschlecht, Vorhofflimmern, zerebrovaskuläre Erkrankung, Anämie, Hyperurikämie und Diuretika-Einnahme; LVEF>45%, Hypercholesterinämie und Betablocker-Einnahme waren invers mit Depression assoziiert. Die komplexen Interaktionen zwischen den klinischen Variablen zeigen sich in Korrelationsanalysen zwischen den genannten unabhängigen Faktoren und Variablen, die nicht im finalen Regressionsmodell enthalten sind: während z.B. die chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) univariat mit Depressivität assoziiert ist (OR 1.73, p<0.001), ist sie im finalen Regressionsmodell nicht enthalten; deren prädiktive Aussagekraft auf die Depressivität wird möglicherweise durch die Belastungsdyspnoe getragen, mit der sie korreliert ist (r=0.15, p<0.001). Die hier vorgestellten Untersuchungen bestätigen den Wert der prospektiv erhobenen, qualitativ hochwertigen Daten des großen Patientenkollektivs des KNHI. Sie zeigen einen signifikanten Anstieg der anhand des PHQ-9 geschätzten Depressionsprävalenz von asymptomatischen Patienten mit KV Risiko über Patienten mit manifester KVE zu Patienten mit manifester HI-Symptomatik. Dabei finden sich bei Patienten mit ischämisch bedingter HI noch häufiger Symptome einer Depression als bei Patienten mit nicht-ischämischer HI. Die Symptomlast ist dabei neben der ischämischen Ätiologie der Herzerkrankung ein wesentlicher Faktor. Zu beachten ist im klinischen Kontext die komplexe Wechselwirkung zwischen der Depressivität und der HI-Symptomatik. So erscheint eine depressive Krankheitsverarbeitung bei ausgeprägten HI-Symptomen genauso plausibel wie eine mögliche Aggravation der Symptomschilderung aufgrund einer depressiven Grundstimmung. Ob die Unterschiede der Depressionsprävalenz zwischen den hier untersuchten Patientengruppen prognostische Auswirkungen haben, ist aktuell Gegenstand weiterer Analysen. Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz und Kreislaufforschung e.V. (DGK) mit Sitz in Düsseldorf ist eine gemeinnützige wissenschaftlich medizinische Fachgesellschaft mit mehr als 8200 Mitgliedern. Sie ist die älteste und größte kardiologische Gesellschaft in Europa. Ihr Ziel ist die Förderung der Wissenschaft auf dem Gebiet der kardiovaskulären Erkrankungen, die Ausrichtung von Tagungen die Aus-, Weiter- und Fortbildung ihrer Mitglieder und die Erstellung von Leitlinien. Weitere Informationen unter www.dgk.org