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Einfluss der Ischämiegröße im Kardio-MRT auf die Prognose von Patienten mit koronarer Herzkrankheit

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Dr. Sorin Giusca, Heidelberg / Dr. Sebastian Kelle, Berlin 

Eine nicht-invasive Ischämiediagnostik kann in der klinischen Routine mittels Ergometrie, Stressechokardiographie, Stressmagnetresonanztomographie (Stress-MRT) oder Myokardszintigraphie durchgeführt werden. Alle Unter-suchungstechniken sind klinisch etabliert und dienen sowohl der diagnostischen Klassifikation als auch der Risikostratifikation von Patienten mit bekannter oder vermuteter koronarer Herzkrankheit (KHK).

 Die aktuellen ESC-Leitlinien für die Diagnose und Behandlung der stabilen Angina Pectoris heben die wichtige Rolle der nicht invasiven Ischämiediagnostik in der Behandlung von solchen Patienten hervor (1). Obwohl die Dobutamin-stressechokardiographie sowie die Myokardszintigraphie häufig zur Ischämiediagnostik eingesetzt werden, bietet die kardiale MRT die einzigartige Möglichkeit zur Erfassung der Myokardperfusion, Funktion und Vitalität mit hoher räumlicher und zeitlicher Auflösung sowie ohne Strahlenbelastung innerhalb einer Untersuchung. Erste Studien haben den hohen Stellenwert der Dobutamin-Stress-MRT (DSMR) zur Risikostratifikation von Patienten mit KHK berichtet (2). Unzureichend ist jedoch bisher untersucht worden, welche Rolle das Ausmaß der belastungsinduzierten Ischämie zur Abschätzung zukünftiger kardialer Ereignisse spielt. Aus diesem Grund wurde in unserer Studie die Rolle des Ischämieausmaßes mittels DSMR zur Erfassung zukünftiger kardialer Ereignisse in einer repräsentativen Patientenkohorte und über eine entsprechend lange Nachbeobachtungszeit untersucht. 

Die Studienpopulation umfasste insgesamt 3.166 Patienten aus drei tertiären kardiologischen Zentren (Universitätsklinikum Heidelberg, Deutsches Herzzentrum Berlin und King’s College, London). 17 Myokardsegmente wurden gemäß der aktuellen Leitlinien (AHA/ACC) in Ruhe und unter Hochdosis-DSMR analysiert. Zur Erfassung des Ischämieausmaßes wurden unsere Patienten in vier Gruppen eingeteilt: (i) keine Ischämie, (ii) 1 ischämisches Segment, (iii) 2 ischämische Segmente und (iv) 3 oder mehr ischämische Segmente. Kardialer Tod und nicht-tödlicher Myokardinfarkt wurden als harte kardiale Ereignisse gewertet. Da die Ergebnisse der DSMR-Untersuchung die unmittelbare Durchführung einer Revaskularisation (PTCA oder ACVB-OP) beeinflusst haben könnten, wurden die Patienten, die sich in den ersten drei Monaten nach DSMR-Untersuchung einer Revaskularisation unterzogen, von unserer Hauptanalyse ausgeschlossen.

Die Nachbeobachtungszeit betrug im Mittel 3,4 ± 1,8 Jahre (Median=3,1; Interquartilbereich: 2,0 bis 4,5 Jahre). 187 (5,9%) Patienten erlitten ein kardiales Ereignis (kardialer Tod bei 82 Patienten; Myokardinfarkt bei 105 Patienten). 2.349 (74,2%) Patienten zeigten keine induzierbare Ischämie, 189 Patienten (6%) zeigten eine Ischämie in einem Segment, 292 (9,2%) in 2 und 336 (10,6%) in 3 oder mehr Segmenten. Die Patienten mit nur einem ischämischen Segment hatten eine signifikant höhere Anzahl kardialer Ereignisse (~ 6% pro Jahr) im Vergleich zu Patienten ohne induzierbare Ischämie (~ 0,6% pro Jahr). Für Patienten mit Ischämie in entweder 2 (~ 5,5%) und in 3 oder mehr (~ 7%) Myokardsegmenten war die Rate an harten kardialen Ereignissen ähnlich hoch, wie bei Patienten mit nur einem ischämischen Myokardsegment im DSMR. 

Das Vorliegen von >10% ischämischem Myokard wird in den aktuellen Leitlinien mit einem hohen Risiko für zukünftige kardiale Ereignissen assoziiert (1). Dieser Grenzwert von 10% ischämischem Myokard stammt aus älteren nuklearmedizinischen Verfahren und wird im Fall der Stressechokardiographie bzw. der kardialen Stress-MRT als ≥ 2 Segmente mit Durchblutungsstörungen bzw. ≥ 3 Segmente mit belastungsinduzierten Wandbewegungsstörungen (WBS) interpretiert. Pathophysiologisch betrachtet, treten induzierbare WBS später als Perfusionsdefekte in der ischämischen Kaskade auf. Daher entspricht ein Myokardsegment mit einer induzierbaren WBS möglicherweise mehr als einem Segment mit einer Durchblutungsstörung. Obwohl die Anwesenheit von einem ischämischen Segment eine zehnfache Zunahme zukünftiger kardialer Ereignisse bedeutete, war in unserer Studie eine größere Ischämieausdehnung nicht mit einer weiteren Erhöhung des Risikos assoziiert (Figure 1). 

Basierend auf unseren Ergebnissen konnten wir somit zeigen, dass der Nachweis einer induzierbaren Ischämie in nur einem „culprit“-Segment im DSMR ausreicht, um Patienten mit erhöhtem Risiko eines zukünftigen kardialen Ereignisses zu erkennen. 

 Referenzliste

(1)        Task Force Members, Montalescot G, Sechtem U, Achenbach S, Andreotti F, Arden C, et al. 2013 ESC guidelines on the management of stable coronary artery disease: the Task Force on the management of stable coronary artery disease of the European Society of Cardiology. Eur Heart J. 2013 Oct;34(38):2949–3003.

(2)        Lipinski MJ, McVey CM, Berger JS, Kramer CM, Salerno M. Prognostic value of stress cardiac magnetic resonance imaging in patients with known or suspected coronary artery disease: a systematic review and meta-analysis. J Am Coll Cardiol. 2013 Aug 27;62(9):826–38.

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