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Herzinsuffizienz und Schlafqualität bei zentraler und obstruktiver schlafbezogener Atmungsstörung

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Dr. Anke Türoff et.al, Bad Oeynhausen 

Hintergrund: Die Schlafstruktur mit Anteil und Länge der einzelnen Schlafstadien bei Gesunden ist hinlänglich bekannt. Mittels Polysomnografie lassen sich wissenschaftlich anerkannte Kennzahlen des Schlafprofils objektiv erfassen. Hierzu gehören Schlafperiodendauer, totale Schlafzeit und Schlafeffizienz als Messwerte des nächtlichen Schlafvermögens. Der Anteil der einzelnen Schlafstadien gibt Aufschluss über Schlaftiefe, die Einschlaflatenz beschreibt die Einschlaffähigkeit.

Bei herzinsuffizienten Patienten liegt – durch Studien belegt – eine erhöhte Prävalenz von schlafbezogenen Atmungsstörungen (SAS) vor, die durch vermehrte nächtliche Apnoen und Hypopnoen gekennzeichnet sind und durch Weckreaktionen (Arousals) zu einer Fragmentierung der Schlafstruktur führen können (1).

Bei den SAS unterscheidet man die obstruktive Form (OSA) von der vor allem bei schwerer Herzinsuffizienz zu beobachtenden Cheyne-Stokes-Atmung, einer Unterform der zentralen Atmungsstörung (CSA). Während die OSA als eigenständiger Risikofaktor der arteriellen Hypertonie bekannt ist und im Langzeitverlauf zu einer Herzinsuffizienz führen kann, scheint für die Entstehung einer CSA eine vorliegende Herzinsuffizienz pathophysiologisch begünstigend zu sein.

Gegenstand dieser Arbeit ist die Beschreibung der Schlafstruktur bei herzinsuffizienten Patienten unter Berücksichtigung einer möglichen SAS. 

Patienten und Methodik: Wir untersuchten retrospektiv 100 konsekutive Patienten, die zur Evaluation einer möglichen SAS in das Herz- und Diabeteszentrum Bad Oeynhausen überwiesen wurden. Einschlusskriterium war eine Herzinsuffizienz (NYHA ≥ II) mit einer echokardiografisch nachgewiesenen Ejektionsfraktion (EF) von ≤ 45 Prozent.

Mittels Polysomnografie wurden EEG, EOG und EMG erfasst, anhand derer die Einteilung der Schlafphasen vorgenommen sowie Schlafperiodendauer, Einschlaflatenz und Arousal-Index  gemessen wird. Gleichzeitig erfolgte die Aufzeichnung der Atemexkursionen, des oro-nasalen Luftflusses und des Sauerstoffpartialdruckes, womit der Anteil von Hypo- und Apnoen gemessen wurde. Entsprechend der aktuellen Leitlinien wurde von einer schlafbezogene Atmungsstörung ausgegangen, wenn der Apnoe-Hypopnoe-Index bei fünf oder mehr Ereignissen pro Stunde lag. Je nach der Mehrzahl der Ereignisse erfolgte die weitere Einteilung in die Gruppe der obstruktiven bzw. der zentralen Atmungsstörung. 

Ergebnisse: Von den 100 untersuchten Patienten (89 Männer und 11 Frauen, Durchschnittsalter 66 ± 11 Jahre) hatten 50 eine OSA, 47 eine CSA und 3 keine SAS.

Im Durchschnitt wiesen die Patienten echokardiografisch eine Ejektionsfraktion von 33 ± 7 Prozent auf, die NYHA lag bei 45 Patienten bei 2, bei 53 Patienten bei 3 und 2 Patienten gaben eine NHYA von 4 an. Das NT-pro-BNP als objektiver Laborparameter lag im Durchschnitt bei 1821 ± 2755 pg/ml (NW < 400 pg/ml).

Bei 49 der untersuchten Patienten war die Herzinsuffizienz (HI) ischämischer Genese (bei 51 Pat nicht-ischämisch).

Ergebnisse der Polysomnografien von 100 herzinsuffizienten Patienten:

SAS

Totale Schlafperiode

(SPT)

in min

Gesamt-schlafzeit

(min)

Schlaf-effizienz

(%)

Einschlaf-dauer

(min)

Anteil von Wachphasen an SPT

(%)

Anteil von REM an SPT

(%)

Anteil von Leichtschlaf an SPT

(%)

Anteil von Tiefschlaf an SPT (%)

CSA

n = 47

416

± 48

365

± 61

83,5

± 11,5

18

± 26

13,1

± 11,1

9,5

± 6,1

54,4

± 15,2

22,4

± 14,9

OSA

n = 50

407

± 47

364

± 58

84,8

± 10,7

20

± 22

11,9

± 10,1

10,8

± 7,7

54,0

± 19,6

23,0

± 15,4

Keine SAS

n = 3

402

± 72

333

± 22

74

± 11

41

± 62

16,7

± 17

7,9

± 8

41,4

± 27

32,9±

± 37

 Schlussfolgerungen: Die 100 untersuchten Patienten wiesen mit einer durchschnittlichen EF von 33 % eine mittelgradig eingeschränkte Herzfunktion auf, entsprechend mit einem deutlich erhöhten NT-pro-BNP, als biochemischen Marker der kardialen Volumenbelastung.

Betrachtet man die beiden Gruppen der OSA und CSA im Hinblick auf die Ergebnisse der Schlafstruktur, so zeigen sich keine signifikanten Unterschiede bezüglich der untersuchten Schlafparameter. In beiden Gruppen liegt die Schlafeffizienz über 80 Prozent und die Einschlafdauer ist mit unter 30 min als normal zu bezeichnen. Auf einen Vergleich dieser Werte mit denen aus der Gruppe ohne SAS wird hier bewusst verzichtet, da die Fallzahl in dieser Gruppe zu gering und damit fehlerbehaftet ist.

Vergleicht man die einzelnen Anteile der Schlafstadien mit denen, die in einer Studie von Redline (2004) an schlafgesunden Patienten im Alter von 61-70 Jahren erhoben wurde (2), fallen folgende Unterschiede auf:

Der Anteil von Leichtschlaf ist bei den Patienten mit HI und SAS im Vergleich zu Gesunden vermindert, der Tiefschlafanteil leicht vermehrt. Auffallend ist vor allem ein deutlich geringerer Anteil an REM-Schlaf bei den Patienten mit HI und SAS.

Ein weiterer Vergleich erfolgte mit Daten aus einer Studie von Arzt et al. (2006), in der die Schläfrigkeit und das Schlafverhalten bei Patienten mit OSA und HI untersucht wurde (3). Hierbei zeigten Patienten mit HI ohne SAS ebenfalls einen reduzierten REM- und Tiefschlafanteil auf, ersterer fiel jedoch nicht so deutlich aus, wie bei Patienten mit HI und SAS.

Die Interpretation des Schlafmusters bei herzinsuffizienten Patienten ist schwierig, da die Schlafphysiologie und -struktur vielen internen und externen Einflussgrößen unterliegt und kausale Zusammenhänge bislang nur in Ansätzen verstanden werden. Hier wären weitere Vergleichsstudien zu Kontrollgruppen wünschenswert.

Interessant ist die Beobachtung, dass die Schlafstruktur zwischen herzinsuffizienten Patienten mit OSA und CSA sich nicht signifikant unterscheidet. Dies ist insofern auffällig, weil die Ätiologien der beiden SAS-Formen unterschiedlich sind. Während bei der OSA Hypo- und Apnoephasen vor allem in der atonen REM-Phase auftreten und durch Weckreaktionen zu einer Fragmentierung/Verkürzung dieser Phase führen können, tritt die Cheyne-Stokes-Atmung bevorzugt während des stabilen NREM Schlafes auf. Auch hier müssen weitere Untersuchungen erfolgen, die vor allem die Arousalquantität und -qualität analysieren.

Literatur:

(1) Woehrle H, Arzt M, Oldenburg O, Erdmann E, Teschler H, Graml A et al. Prevalence and predictors of sleep-disordered breathing in patients with stable chronic heart failure: the SchlaHF-registry. Eur Heart J 33[Suppl], 665. 2012.

(2) Redline S, Kirchner HL, Quan SF, Gottlieb DJ, Kapur V, Newman A. The effects of age, sex, ethnicity, and sleep-disordered breathing on sleep architecture. Arch Intern Med 164 (4):406-18. 2004

(3) Arzt M, Young T, Finn L, Skatrud JB et al Sleepiness and Sleep in Patients with both systolic heart failure and obstructive slaap apnoea. Arch Intern Med 166: 1716-22 

 

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