Clin Res Cardiol (2023). https://doi.org/10.1007/s00392-023-02180-w

Peri- und postprozedurale Therapie mit Edoxaban und Thrombozytenaggregationshemmern bei PCI in VHF-Patienten in der klinischen Routine in Deutschland – Snapshot-Daten aus der ENCOURAGE-AF-Studie
A. Goette1, S. Baldus2, H. Möllmann3, W. Rottbauer4, A. Burden5, J. Beyer-Westendorf6
1Medizinische Klinik II, Kardiologie, St. Vincenz-Krankenhaus GmbH, Paderborn; 2Klinik für Kardiologie, Angiologie, Pneumologie und Internistische Intensivmedizin, Herzzentrum der Universität zu Köln, Köln; 3Klinik für Innere Medizin I, Kath. St. Paulus Gesellschaft, Dortmund; 4Klinik für Innere Medizin II, Universitätsklinikum Ulm, Ulm; 5Daiichi Sankyo Europe GmbH, München; 6Medizinische Klinik I, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus an der TU Dresden, Dresden;
Hintergrund
Für Patienten mit Vorhofflimmern (VHF), die sich einer perkutanen Koronarintervention (PCI) unterziehen, empfehlen die Leitlinien der European Society of Cardiology (ESC) für die antithrombotische Therapie nach dem Eingriff ein frühes Absetzen von Acetylsalicylsäure (ASS) nach ≤1 Woche in unkomplizierten Fällen und ≤30 Tagen bei erhöhtem Risiko für Stentthrombosen und eine duale Therapie mit einem Antikoagulans und einem P2Y12-Inhibitor (P2Y12i) bis zu 12 Monaten.Die Anwendung von Edoxaban bei VHF-Patienten nach PCI wurde in der randomisierten ENTRUST-AF PCI-Studie untersucht, Real-World-Daten zur Umsetzung der Leitlinienempfehlung sind bislang begrenzt verfügbar und fehlen für den periinterventionellen Zeitraum ganz.

Methoden
ENCOURAGE-AF (NCT04519944), eine prospektive, nicht-interventionelle, einarmige Studie an Patienten mit VHF, untersuchte die Kombination von Edoxaban mit antithrombotischer Therapie nach PCI in der klinischen Praxis in Deutschland. Einen Monat und ein Jahr nach PCI fanden telefonische Follow-Ups statt; in der Zwischenzeit erfolgte patientenseitig eine Dokumentation per Tagebuch. Primäres Studienziel war die Dokumentation des peri- und postprozeduralen Gebrauchs von Antikoagulantien und Thrombozytenaggregationshemmern bei VHF-Patienten mit PCI bis zu einem Jahr nach dem Eingriff.

Ergebnisse
Diese Snapshot-Analyse schloss 620 Patienten ein, für 15 davon lagen keine Post-Baseline-Daten vor.  Die Patienten waren zu Studienbeginn im Median 77 Jahre [IQR 70,0; 81,0], hatten einen HAS-BLED-Score von 3,0 [IQR 2,0; 3,0] und einen CHA2DS2-VASc-Score von 3,0 [IQR 3,0; 5,0]. 31% der Patienten hatten ein akutes Koronarsyndrom und 9% eine Bypass-Operation in der Anamnese, 42% hatten bereits in der Vergangenheit eine PCI. Gründe für die Index-PCI waren stabile Angina (50% der Patienten), instabile Angina (18%), Myokardinfarkt ohne bzw. mit ST-Streckenhebung (16% bzw. 5%) und stille myokardiale Ischämie (12%).
Zu Baseline (4-72h nach Index-PCI) erhielten 24% der Patienten eine Triple-Therapie aus Antikoagulans, ASS und P2Y12i, 74% eine duale Therapie aus Antikoagulans und P2Y12i. Bei insgesamt 39% der Patienten wurde im postprozeduralen Zeitraum im Median für 7 Tage (IQR 4,0; 30,0) eine Triple-Therapie aus Edoxaban, ASS und P2Y12i eingesetzt, die im Median 1 Tag (IQR 1,0; 2,0) nach Index-PCI gestartet wurde. 30 Tage nach PCI erhielten noch 7,4% eine Triple-Therapie. Bei ca. 25% der Patienten wurde Edoxaban dosisreduziert auf 30 mg QD initiiert.


In den ersten 30 Tage nach Index-PCI traten bei 0,8% der Patienten schwere und bei 2,7% klinisch relevante nicht-schwere (CRNM) Blutungen auf. Kein Blutungsereignis verlief tödlich. 1,1% der Patienten starben in den ersten 30 Tagen nach PCI, 0,3% hatten einen Schlaganfall, 0,2% benötigten eine weitere ungeplante PCI.

Fazit
Erste Daten aus ENCOURAGE-AF zeigten in den ersten 30 Tagen nach Index-PCI niedrige Raten an schweren und CRNM-Blutungen (3,5% der Patienten). Zum Vergleich traten in ENTRUST-AF PCI bei gleichem HAS-BLED (Median 3,0; IQR 2,0; 3,0) und etwas höherem CHA2DS2-VASc-Score (Median 4,0; IQR 3,0; 5,0) in den ersten 14 Tagen nach Index-PCI 4,2% schwere und CRNM-Blutungen auf.2
Bei 92% der Patienten wurde der Empfehlung zum Absetzen von ASS max. 30 Tage nach erfolgreicher PCI gefolgt, ein Indiz für gute Umsetzung der ESC-Leitlinien zu VHF und PCI in der täglichen Praxis.
 
1Hindricks G et al. 2020. Eur Heart J 42:373-498
2Vranckx P et al. 2020. Eur Heart J 41:4497-4504

https://dgk.org/kongress_programme/jt2023/aV454.html