Clin Res Cardiol (2023). https://doi.org/10.1007/s00392-023-02180-w

Die H`s und HITS - Die (Kokain) Intoxikation als seltene reversible Ursache eines prolongierten Kreislaufstillstands
T. Scheller1, D. Nauheimer1, N. Werner1, J. Leick1
1Innere Medizin III, Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Trier, Trier;

Wir präsentieren den Fall einer 34-jährigen Patientin welche in Anwesenheit des aufgrund unspezifischer Symptomatik alarmierten Rettungsdienstes einen außerklinischen Herzkreislaufstillstand (OHCA) erlitt. Als primärer Rhythmus habe laut Rettungsdienst eine pulslose elektrische Aktivität (PEA) vorgelegen.

Nach 60 Minuten Low Flow Zeit sowie präklinischer Lyse erreichte die Patientin unter mechanischer Reanimation (mCPR) unsere Intensivstation zur extrakorporalen CRP (eCPR). Hier zeigte sich erfreulicherweise im primary survey ein Spontankreislauf (ROSC).

Da eine Fremdanamnese aufgrund der Herkunft aus dem „Rotlicht Milieu“ äußerst erschwert war, mussten wir nach Ausschluss einer kardialen, intrakraniellen und pulmonalvaskulären Genese des OHCA und Aussagen der Patientin unmittelbar vor dem Ereignis neben einer möglichen hypoxischen Genese von einer Intoxikation als seltene reversible Ursachen eines Kreislaufstillstands ausgehen. Die Blutgasanalyse mit metabolischer Azidose und zusätzlicher vergrößerter Anionenlücke erhärtete diesen Verdacht. In enger Rücksprache mit dem Giftnotruf der Universitätsklinik Mainz entschlossen wir uns bei initialem Verdacht auf Ingestion eines toxischen Alkohols für eine toxikologische Untersuchung der gewonnen Asservate sowie eine gesteuerte intravenöse Ethanolgabe zur Blockierung der eventuellen toxischen Metabolitbildung.

Die toxikologische Untersuchung bestätige einen Urin Schnelltest und wies hochpositiv Kokain nach.

Nach passagerem Delir und Therapie einer Aspirationspneumonie klarte die Patientin auf. Nach Extubation war eine Eigenanamneseerhebung möglich. Hier berichtete die Patientin von einem ausgeprägten mehrfach täglichen Kokaingebrauch. Auch unmittelbar vor dem OHCA habe Sie Kokain geschnupft. Im Anschluss habe Sie gefühlt, dass „etwas nicht stimme“ und habe den anwesenden Mann aufgefordert den Rettungsdienst zu alarmieren. Nach 11 Tagen konnte die Patientin ohne neurologisches Defizit aus unserer stationären Behandlung entlassen werden.

 

Diskussion:

Intoxikationen sind seltene reversible Ursachen eines OHCA. Das Therapiekonzept ist hier neben einer symptomatischen Therapie Substanz abhängig. Bekanntlich sind nicht für jede Substanz spezifische Antidote verfügbar, viele sind zusätzlich nicht über Hämodialyse zu eliminieren. Mittlerweile zeigen Fallserien den Erfolg einer ECMO oder eCPR-Strategie auch bei selektionierten Patienten mit Intoxikationen oder intoxikationsbedingtem OHCA.

 

In der Präklinik ist zwischen Regionen zu unterscheiden welche über ein zeitnah erreichbares ECMO-Zentrum verfügen und Rettungsdienstbereiche ohne eine solche Möglichkeit. Im vorliegenden Fall ist sicherlich die äußerst lange Zeit bis zur eCPR-Vorstellung in unserem Haus zu diskutieren und ein „load-and-go Konzept“ klar zu präferieren.

 

Amphetamine und insbesondere Kokain können auch bei jungen Patienten fulminante Koronarspasmen und spontane Koronardissektionen auslösen (SCAD). Hier ist die interdisziplinäre Zusammenarbeit in einem Cardiac Arrest Center entscheidend, da hier eine interventionelle Versorgung möglich und nötig ist.

 


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