Clin Res Cardiol (2023). https://doi.org/10.1007/s00392-023-02180-w

Die intraepidermale Nervenfaserdichte in Hautstanzbiopsien ist ein unabhängiger Risikofaktor für die Entwicklung einer Kardiomyopathie bei Morbus Fabry
K. Lau1, D. Liu1, M. Gram1, K. Hu1, P. Albertová1, D. Oder1, A. Lang2, C. Wanner1, C. Sommer2, N. Üçeyler2, P. Nordbeck1
1Medizinische Klinik und Poliklinik I, Universitätsklinikum Würzburg, Würzburg; 2Neurologische Klinik und Poliklinik, Universitätsklinikum Würzburg, Würzburg;
Hintergrund: Erste Symptome des Morbus Fabry (MF) können brennende neuropathische Schmerzen vorwiegend an den Akren sein, welche bereits in der frühen Kindheit auftreten. MF-assoziierte Schmerzen entstehen auf Basis einer Kleinfaserpathologie, die sich morphologisch als verminderte intraepidermale Nervenfaserdichte (IENFD) in Hautstanzbiopsien manifestieren kann. Obwohl das klinische Bild des MF sehr stark variiert und neurologische und andere Organmanifestationen nicht direkt miteinander korrelieren, fanden Üçeyler et al. einen Zusammenhang zwischen der Reduktion der IENFD und der Nierenfunktionseinschränkung bei Patienten mit MF [1]. Bislang wurden Zusammenhänge zwischen der IENFD und kardialen Funktion nicht untersucht.
 
Methode: In dieser retrospektiven Kohortenstudie wurden die klinischen Daten von MF-Patienten untersucht, die in unserem Fabry Zentrum eine Hautstanzbiopsie am lateralen Unterschenkel erhalten haben. Auf der Grundlage der IENFD wurden drei Untergruppen gebildet (normale IENFD / reduzierte IENFD / Verlust von IENF). Es wurden zwei kardiale Endpunkte definiert und die ereignisfreie Zeit analysiert. Der erste Endpunkt war definiert als das Auftreten von spätem Gadolinium-Enhancement (LGE) im kardialen MRT, der zweite als die Implantation eines Schrittmachers oder ICD. Die Überlebensanalysen wurden mittels einem Cox-Regressionsmodells durchgeführt, das für Geschlecht und Alter angepasst wurde.
 
Ergebnisse: 170 MF-Patienten wurden in die Analysen einbezogen, wobei 55 Patienten für die Analyse des ersten Endpunkts zur Verfügung standen. Ausschlussgründe waren die Nichtverfügbarkeit von MRT-Daten, LGE bei Studienbeginn oder eine fehlende Nachbeobachtung. 124 Patienten wurden in die zweite Endpunktanalyse aufgenommen, wobei 46 Patienten aufgrund eines zuvor implantierten ICD/Schrittmachers oder fehlender Nachbeobachtung ausgeschlossen wurden. Abbildung 1a zeigt das Cox-Regressionsmodell für den ersten Endpunkt (LGE). Die mediane Nachbeobachtungszeit betrug 3,2 Jahre. Patienten mit reduzierter IENFD hatten ein 5,9-fach höheres Risiko ein LGE zu entwickeln als Patienten mit normaler IENFD (HR: 5,9, p=0,011, 95% CI: 1,5-22,9). Patienten mit einem vollständigen Verlust der IENF hatten ein 52,8-fach höheres Risiko, ein LGE im MRT zu entwickeln (HR: 52,8, p<.001, 95%-CI: 6,9-405,3). Abbildung 1b zeigt den zweiten Endpunkt, der als Schrittmacher-/ICD-Implantation definiert ist. Die mediane Nachbeobachtungszeit betrug 5,1 Jahre. Patienten mit einem vollständigen Verlust der IENF hatten ein 4,7-fach höheres Risiko für eine ICD-/Herzschrittmacherimplantation als Patienten mit normaler oder reduzierter IENFD (HR: 4,71, p=0,032, 95%-CI: 1,14 - 19,4). Es wurde kein Unterschied zwischen Patienten mit normaler oder reduzierter IENFD festgestellt.
 
Diskussion: Unsere Analysen zeigen, dass MF-Patienten mit reduzierter IENFD oder einem vollständigen Verlust der IENF ein höheres Risiko für die Entwicklung einer Herzfibrose und/oder eine Indikation für eine Herzschrittmacher-/ICD-Therapie haben. Das Risiko einer Implantation war bei MF-Patienten mit vollständigem Verlust der IENF besonders hoch. Auf der Grundlage unserer Ergebnisse stellen wir die Hypothese auf, dass eine frühe Schädigung kleiner Nervenfasern die künftige Entwicklung einer Fabry-Kardiomyopathie vorhersagen kann. Somit wäre die IENFD ein gutes prognostisches Instrument für das Auftreten von kardialen Ereignissen bei MF.

[1] Üçeyler et al.: doi: 10.1186/1471-2377-13-47.


Abbildung 1:


https://dgk.org/kongress_programme/jt2023/aV431.html