Clin Res Cardiol (2023). https://doi.org/10.1007/s00392-023-02180-w

Alkohol-induziertes Vorhofflimmern geht mit CaMKII-abhängigem spätem Natriumstrom einher
M. Baier1, J. Mustroph1, L. S. Maier1, S. Neef1
1Klinik und Poliklinik für Innere Med. II, Kardiologie, Universitätsklinikum Regensburg, Regensburg;
Hintergrund: Neben dem chronischen Alkoholabusus ist bereits der einmalige Alkoholexzess bzw. wiederholte Alkoholexzesse (binge drinking, Blutalkoholkonzentration >0.8‰) ein wichtiger Risikofaktor für atriale und ventrikuläre Arrhythmien. Obgleich schon lange bekannt ist, dass Alkohol akut Arrhythmien auslöst (insbesondere Vorhofflimmern im Sinne eines sogenannten Holiday-Heart-Syndroms), sind die Mechanismen dieser akuten Alkohol-induzierten Herzrhythmusstörungen nur unzureichend verstanden. Ein wichtiges Enzym im Kontext der myokardialen Arrhythmogenese ist die Calcium-Calmodulin abhängige Proteinkinase II (CaMKII). Unsere Arbeitsgruppe konnte vor kurzem zeigen, dass Ethanol über die NADPH-Oxidase II (NOX2) in Herzmuskelzellen reaktive Sauerstoffspezies (ROS) induziert, welche dann oxidativ die CaMKII aktivieren können, und dass hierdurch SR Ca2+-Leck entsteht. Andere CaMKII-abhängige Mechanismen wie der ebenfalls proarrhythmogene später Natriumstrom (late INa) sind aber bislang noch nicht untersucht.
Methoden: Die Induktion atrialer Arrhythmien nach oraler Ethanol-Gabe (Schlundung auf ca. 3 ‰ Blutalkoholkonzentration mit Ethanol vs. Vehikel) wurde mittels elektrophysiologischer Untersuchung (EPU) in Wildtyp Mäusen (WT, C57BL6) untersucht. Atriale Kardiomyozyten wurden aus WT Mäusen isoliert und mit Ethanol (3 ‰) oder Vehikel für 30 min inkubiert. Anschließend wurde late INa mittels Patch Clamp gemessen. Ein Teil der atrialen Kardiomyozyten wurde zusätzlich mit dem CaMKII-Inhibitor AiP (2 µM, 30 min) behandelt. Zudem wurde der späte Natriumstrom auch in humanen atrialen Kardiomyozyten nach akuter EtOH-Exposition (3 ‰, 30 min) im Vergleich zur Kontrollgruppe gemessen. Die angegebenen Daten stellen die Mittelwerte pro Maus dar.
Ergebnisse: Akuter Alkoholkonsum (Schlundung auf 3 ‰ Blutalkoholkonzentration) führt in Mäusen zu in der EPU nachweisbarem Vorhofflimmern in vivo (Ethanol 10/10 Mäuse Vorhofflimmern vs. Vehikel 1/10, p<0.001). Akute Ethanolexposition bewirkt in isolierten atrialen Maus-Kardiomyozyten eine signifikante Steigerung des späten Natriumstroms im Vergleich zur Kontrollgruppe (Veh:-24.6 ± 3.93 A*ms/F vs. EtOH: -67.5 ± 9.82 A*ms/F, p<0.001, n=5), welche durch die gleichzeitige Inkubation mit AiP verhindert werden kann (EtOH + AiP: -22.2 ± 7.16 A*ms/F, p<0.001 vs. EtOH, n=5). Auch in humanen atrialen Kardiomyozyten zeigte sich nach Ethanolexposition ein stark erhöhter später Natriumstrom (Veh: -18.9 ± 5.74 A*ms/F vs. EtOH: -79.4 ± 22.25 A*ms/F, p=0.04, n=6/7).
Zusammenfassung: Akute Alkoholexposition führt in vivo zu Vorhofflimmern in Mäusen. Dieses ist assoziiert mit CaMKII-abhängiger Entstehung von spätem Natriumstrom in Vorhofkardiomyozyten. Auch in humanen atrialen Zellen kommt es durch Alkohol zu einem hohen späten Natriumstrom. Weitere Experimente sollen die Bedeutung des späten Natriumstroms für alkoholinduzierte Rhythmusstörungen untersuchen – insbesondere auch translational als mögliches neuartiges Therapieziel.

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