Clin Res Cardiol (2023). https://doi.org/10.1007/s00392-023-02180-w

Nicht immer eine Infektion – Auffällige Aggregattasche nach CRT-D-Aggregatwechsel
H. A. K. Hillmann1, J. Müller-Leisse1, T. König1, J. Bauersachs1, D. Duncker1
1Kardiologie und Angiologie, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover;
Hintergrund
Auffälligkeiten im Bereich der Aggregattasche entsprechen, insbesondere bei zusätzlich vorhandenen systemischen Infektzeichen, häufig einem Tascheninfekt. Die leitliniengerechte Therapie besteht primär in der Gabe ausgewählter Antiinfektiva. Neben einer Tascheninfektion sollten aber auch andere, weniger häufige Differentialdiagnosen, berücksichtigt werden.

Falldarstellung
Ein 67-jähriger Patient erhielt 05/21 bei Batterieerschöpfung einen komplikationslosen Aggregatwechsel seines sekundärprophylaktisch implantierten Defibrillators mit kardialer Resynchronisationstherapie. Nach 07/21 unauffälligem ersten Follow-up erfolgte 11/21 eine außerplanmäßige Vorstellung, da der Patient eine Auffälligkeit an der Aggregattasche bemerkt hatte. Bei Inspektion zeigte sich eine kleine mit Schorf belegte kreisrunde Läsion ca. 2 cm unterhalb der eigentlichen Narbe ohne Infektzeichen. Bei Verdacht auf eine Tascheninfektion erfolgte der Beginn einer Antibiotikatherapie mit Eskalation bei notfallmäßiger stationärer Aufnahme aufgrund systemischer Infektzeichen mit Fieber. Zur weiterführenden Diagnostik bei nicht typischem, sezernierend und intermittierend blutigem, auffälligem Taschenbefund sowie Fieber und systemischen Infektzeichen erfolgte die Durchführung einer PET-CT Untersuchung, in der sich eine fokal mäßig FDG-anreichernde kutane Läsion im Bereich der Aggregattasche ohne Hinweis auf Sondeninfektion zeigte. Nach interdisziplinärer Beurteilung erfolgte bei V.a. einer Neoplasie unklarer Dignität DD Granuloma pyogenes eine Exzision mit histopathologischem Befund eines malignen Melanoms und Notwendigkeit der Nachresektion, postoperativ ohne Hinweis auf Residuen oder lokale Metastasierung. Der Patient befindet sich aktuell in dermatologischen Nachkontrollen, bisher ohne Hinweis auf ein Rezidiv oder Metastasierung.

Diskussion
Tascheninfektionen sind nicht selten und benötigen eine strukturierte und leitliniengerechte Diagnostik. Bei gesichertem Tascheninfekt ist meist eine komplette Systemextraktion erforderlich. Bei lokalen Auffälligkeiten, die sich 1) nicht im unmittelbaren Narbenareal befinden oder keinen Anschluss an das Narbenareal haben, 2) einen atypischen Lokalbefund mit Ulzeration, Sezernierung und Blutung zeigen oder 3) mit deutlichem zeitlichem Abstand zu einer vorangegangenen Operation entstehen, sollte differentialdiagnostisch aber auch an weitere Differentialdiagnosen gedacht werden. Neoplasien stellen eine seltene Differentialdiagnose dar und benötigen ggf. eine interdisziplinäre Beurteilung.

07/2013 CRT-D-Implantation bei HFrEF und Linksschenkelblock 
05/2021 CRT-D-Aggregatwechsel 
 13.07.2021 Unauffälliges 1. Follow-up nach Aggregatwechsel 
 03.11.2021 Außerplanmäßige Vorstellung bei auffälligem Lokalbefund 
 11.11.2021 Beginn einer antibiotischen Therapie mittels Clindamycin und Flucloxacillin 
 17.11.2021 Stationäre Aufnahme bei Fieber und AZ-Verschlechterung
 22.11.2021 Durchführung eines FDG-PET-CTs mit kutaner FDG-Speicherung im Bereich der Aggregattasche 
 03.12.2021 Exzision der kutanen Läsion
 07.12.2021 Histopathologie: Malignes Melanom, pTNM-Klassifikation (AJCC 2017): pT4b, pNx, PN0, R1
 16.12.2021 Nachexzision mit Sentinellymphknotenentfernung

Tabelle 1: Zeitlicher Verlauf der Krankheitsgeschichte



Abbildung 1: Lokalbefund im Bereich der Aggregattasche in Bezug zur Operationsnarbe.

https://dgk.org/kongress_programme/jt2023/aV1491.html