Clin Res Cardiol (2023). https://doi.org/10.1007/s00392-023-02180-w

Subklinischer Myokardschaden durch onkologische Therapien bei Brustkrebspatientinnen entdeckt in der kardiovaskulären Magnetresonanztomographie
J. Kersten1, M. Kersten2, L. May1, S. Nunn1, M. Tadic1, J. Huober3, I. Bekes3, V. Fink2, W. Rottbauer1, D. Buckert1
1Klinik für Innere Medizin II, Universitätsklinikum Ulm, Ulm; 2Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Universitätsklinikum Ulm, Ulm; 3Brustzentrum St. Gallen, Kantonsspital St. Gallen, St. Gallen, CH;
Hintergrund
Brustkrebs ist die häufigste maligne Erkrankung der Frau. Dank moderner Therapiemöglichkeiten können heutzutage 5-Jahres-Überlebensraten von ca. 90% erreicht werden. Hierbei kommt ein breites Spektrum an Therapien zum Einsatz, von denen viele kardiotoxisches Potential haben. Ziel dieser Untersuchung ist die bildgebende Phänotypisierung kardialer Veränderungen unter Tumortherapie bei Brustkrebspatientinnen mittels der kardiovaskulären Magnetresonanztomographie (CMR).
 
Methodik
In dieser prospektiven Longitudinalstudie wurden 34 Patientinnen mit histologisch gesichertem Mammakarzinom mit kurativ intendierter kardiotoxischer Therapie eingeschlossen. Alle Patientinnen unterzogen sich vor Therapieeinleitung sowie nach 6 und 12 Monaten einer CMR an einem 1,5 T Scanner (Achieva, Philips). Das Untersuchungsprotokoll umfasste bSSFP-Sequenzen in 3 Langachsen- und konsekutiven Kurzachsenschnitten zur Volumetrie- und Funktionsanalyse. Daneben erfolgte parametrisches Mapping (natives T1, T2, Extrazellulärvolumen [ECV]) sowie eine late gadolinium enhancement (LGE)-Sequenz. Mittels feature tracking-Analyse wurden darüber hinaus Deformationsparameter bestimmt.
 
 
Ergebnisse
Von den 34 Patientinnen schlossen 32 alle 3 CMR-Untersuchungen ab. Baseline-Charakteristika und wesentliche Informationen zur durchgeführten Tumortherapie können Tabelle 1 entnommen werden. Bei keiner Patientin kam es zu kardialen Beschwerden oder einer Hospitalisierung aus kardiovaskulärer Ursache. Im Beobachtungszeitraum kam es zu einer signifikanten Reduktion der linksventrikulären und rechtsventrikulären Ejektionsfraktion. Linksventrikulär waren radialer (p = 0,008), zirkumferentieller (p = 0,010) und longitudinaler Strain (p = 0,036) bei der Nachuntersuchung ebenfalls reduziert. Der rechtsventrikuläre longitudinale Strain zeigte keine signifikanten Veränderungen im follow-up. Im parametrischen Mapping kam es zu einem passageren Anstieg der nativen T1-Zeit (1037 ± 41 ms vs. 1068 ± 51 ms vs. 1017 ± 57 ms, p < 0,001) und der T2-Zeit (55 ± 4 ms vs. 59 ± 3 ms vs. 57 ± 3 ms, p = 0,001) bei unverändertem ECV und relativem LGE. Die wesentlichen Ergebnisse sind in Abbildung 1 dargestellt. 18/32 (56,3%) der Patientinnen erfüllten die Definition einer zumindest leichtgradigen krebstherapiebedingten kardialen Dysfunktion gemäß ESC-Leitlinie.
 
Diskussion
Bei Patientinnen unter kardiotoxischer Therapie eines Mammakarzinoms kommt es therapiebedingt zu einer signifikanten myokardialen Funktionsverschlechterung. Diese zeigt sich eindrücklich in einer Reduktion der linksventrikulären Strain-Parameter und ist auch 12 Monate nach Therapieeinleitung noch vorhanden. Passagere Veränderungen in der nicht-invasiven Gewebecharakterisierung sind vergleichbar mit einer myokardialen Inflammation gemäß aktualisierter Lake-Louise-Kriterien.

Tabelle 1. Patientencharakteristika.


Abbildung 1. Wesentliche Ergebnisse. Dargestellt sind die linksventrikuläre (A) und rechtsventrikuläre (B) Ejektionsfraktion, die linksventrikulären Strainparameter (C bis E) und die nicht-invasive Gewebecharakterisierung einschließlich nativer T1-Zeit (F), T2-Zeit (G) und dem Extrazellulärvolumen (H).

https://dgk.org/kongress_programme/jt2023/aV1263.html