Clin Res Cardiol (2023). https://doi.org/10.1007/s00392-023-02180-w

Management Breitkomplextachykardie - #VTguideline 2022
J. Müller-Leisse1, N. Karfoul1, D. Duncker1
1Hannover Herzrhythmus Centrum, Klinik für Kardiologie und Angiologie, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover;

 

Fall

Ein 60-jähriger Patient (Vordiagnosen arterielle Hypertonie, Diabetes mellitus Typ 2, Hypercholesterinämie) stellte sich in der ZNA aufgrund starker Palpationen und pektanginöser Beschwerden vor. In der Vergangenheit bestanden bereits gelegentliche AP-Beschwerden CCS II entsprechend. Im EKG zeigte sich eine anhaltende Breitkomplextachykardie (siehe EKG1).

Vom Notarzt wurde Amiodaron verabreicht, woraufhin sich die Tachykardie verlangsamte (siehe EKG2).

In der ZNA wurde Adenosin verabreicht, was die Tachykardie nicht beeinflusste. Anschließend erfolgte eine primäre elektrische Kardioversion in den Sinusrhythmus. 

In der im weiteren stationären Aufenthalt durchgeführten Linksherzkatheteruntersuchung zeigte sich eine koronare Eingefäßerkrankung mit 80-90%iger ostialer RCA-Stenose und erfolgte eine primäre DE-Stentimplantation. Die Echokardiographie ergab eine erhaltene LV-Funktion und keine signifikanten Klappenvitien.

Der Patient erhielt eine elektrophysiologische Untersuchung. In der programmierten Kammerstimulation vom RV-Apex sowie RVOT ließ sich keine VT induzieren. Erst durch weitere programmierte Kammerstimulation vom LV über einen retrograden Zugang ließ sich die Index-VT induzieren. Bei Diagnose einer idiopathischen linksventrikulären Tachykardie (ILVT) aus dem posterioren Faszikel erfolgte in gleicher Sitzung die Ablation (siehe Bild1; blaue Punkte=Faszikelsignale; rote/rosa Punkte=Ablationsstelle; dargestellte intrakardiale Signale vom Ablationskatheter im Sinus Rhythmus (SR) abgeleitet; 1=Purkinjepotential; 2=Prä-Purkinjepotential; eingezeichnete Linien und Pfeile stellen Erregungsausbreitung entlang des Faszikels im SR dar).

Learning Points / Take-Home-Messages 
(Indikationsklassen nach Leitlinie in Klammern)

Adenosin ist bei unklarer Breitkomplextachykardie indiziert (IIa). In diesem Fall bestand jedoch eine klare AV-Dissoziation (Diagnose: VT). Primäre Akuttherapie ist eine elektrische Kardioversion, auch bei hämodynamischer Stabilität (I). 

Auch bei Patienten mit struktureller Herzerkrankung können idiopathische VTs bestehen. Weder Amiodarontherapie noch ICD-Therapie sind hierbei indiziert. Eine linksfaszikuläre VT stellt hingegen eine Indikation zur primären Katheterablation dar (I). 

Durch den besonderen Pathomechanismus der ILVT kann die Induktion in der EPU schwierig sein. Während die programmierte Kammerstimulation üblicherweise vom rechten Ventrikel erfolgt, kann eine linksventrikuläre Stimulation oder auch Vorhofstimulation hilfreich sein. Ablationsziel sind spezifische Potentiale, die auch im Sinusrhythmus aufgesucht werden können.



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