Clin Res Cardiol (2023). https://doi.org/10.1007/s00392-023-02180-w

Die sehr frühe Prothesen-Endokarditis nach operativem und interventionellem Aortenklappenersatz: ein Vergleich
I. Ried1, H. Omran1, T. K. Rudolph1, S. Scholtz1, S. Bleiziffer2, C. Piper1
1Allgemeine und Interventionelle Kardiologie/Angiologie, Herz- und Diabeteszentrum NRW, Bad Oeynhausen; 2Klinik für Thorax- und Kardiovaskularchirurgie, Herz- und Diabeteszentrum NRW, Bad Oeynhausen;

Zielsetzung: Die sehr frühe Prothesen-Endokarditis (PIE), innerhalb von 30 Tagen nach Klappenersatz, stellt eine diagnostische und therapeutische Herausforderung dar. Daten zu Risikofaktoren und Outcome sind limitiert. Ziel dieser Analyse war es, die sehr frühe PIE nach operativem (AKE) mit der nach interventionellem (TAVI) Klappenersatz zu vergleichen.

Methodik: Alle Patienten, die zwischen 01/12-12/18 einen primären Aortenklappenersatz in unserem Zentrum erhielten wurden prospektiv erfasst, bis 06/19 nachverfolgt und anschließend retrospektiv analysiert.

Ergebnisse: 5.716 Patienten erhielten zwischen 01/12-12/18 einen primären Aortenklappenersatz in unserem Zentrum, 3.447 (60,3%) davon operativ und 2.269 (39,7%) interventionell. Bis 06/19 erkrankten insgesamt 37 AKE-Patienten (4,9 Fälle/100 Patientenjahre) und 20 TAVI-Patienten (2,4 Fälle/100 Patientenjahre) an einer PIE (p=0,49). Davon erkrankten sechs AKE-Patienten (16,2%), aber nur ein TAVI-Patient (5%) innerhalb der ersten 30 Tage nach Klappenersatz an einer PIE (p=0,215). Die sehr frühe TAVI-PIE wurde durch Staphylokokken verursacht, während bei den sehr frühen AKE-PIEs Staphylokokken und Enterokokken in jeweils drei Fällen ursächlich waren. Risikofaktoren für die Entwicklung einer sehr frühen PIE waren in beiden Gruppen insbesondere periprozedurale Komplikationen (HR 80,9; p<0,05), ein postprozeduraler Schlaganfall (HR 45; p<0,05) sowie die Dauer des Krankenhausaufenthaltes (HR 1,1; p=0,009). Bei den sieben Patienten mit sehr früher PIE war bei einem AKE-Patienten die rein antibiotische und bei weiteren drei Patienten (zwei AKE- und ein TAVI-Patient) auch die zusätzlich operative Therapie nicht erfolgreich. Insgesamt war die PIE <30 Tagen gegenüber der PIE > 30 Tagen bei den AKE-PIE-Patienten mit einem signifikant höheren Mortalitätsrisiko (HR 6,4; p=0,36) assoziiert und ging mit einem nicht-signifikant schlechteren mittleren Überleben von 24,2±7,8 Monaten gegenüber 61,3±7 Monaten einher (p=0,206). Das mittlere Überleben bei TAVI-PIE < 30 Tagen war mit 6 Monaten gegenüber 22,3±4,8 Monaten bei TAVI-PIE > 30 Tagen ebenfalls deutlich schlechter (p=0,212).

Schlussfolgerung:

Die sehr frühe PIE tritt nach TAVI trotz der vielen Komorbiditäten der TAVI-Patienten nicht häufiger auf als nach AKE. Staphylokokken und Enterokokken sind die häufigsten Erreger der sehr frühen PIE. Ein postprozeduraler Schlaganfall und periprozedurale Komplikationen, wie beispielsweise eine linksventrikuläre Dekompensation, eine Annulus-Ruptur, ein Koronarostienverschluss oder eine postprozedurale akute Dialyse, erhöhen das Risiko an einer sehr frühen PIE zu erkranken stark. Eine Prävention dieser Komplikationen ist von hohem Stellenwert, um zukünftig das Erkrankungsrisiko innerhalb der ersten 30 Tage nach Klappenersatz zu reduzieren. Insbesondere, da Patienten mit einer sehr frühen PIE deutlich schlechtere Überlebenswahrscheinlichkeiten haben, als solche mit einer PIE nach mehr als 30 Tagen.


https://dgk.org/kongress_programme/jt2023/aV1235.html