Clin Res Cardiol (2023). https://doi.org/10.1007/s00392-023-02180-w

Kalzifizierung der Aortenklappentaschen: Unabhängiger Prädiktor für AV-Block III nach TAVI
S. Jung1, F. Ammon1, S. Smolka1, M. Moshage1, M. Marwan1, S. Achenbach1
1Med. Klinik 2 - Kardiologie, Angiologie, Universitätsklinikum Erlangen, Erlangen;
Hintergrund
Das Auftreten von Leitungsstörungen, insbesondere des atrioventrikulären (AV-) Blocks und die damit einhergehende Notwendigkeit zur Schrittmacher-Implantation, stellt eine häufige Komplikation nach transfemoralem kathetergestütztem Aortenklappenersatz (TAVI) dar. Eine Erweiterung der Indikation zur TAVI hin zu Patientinnen/Patienten (Pt.) mit niedrigem operativem Risiko setzt voraus, das Risiko für das Auftreten von Leitungsstörungen und somit die Rate an Schrittmacherimplantationen zu reduzieren. In dieser Arbeit untersuchten wir deshalb die Rolle der Kalzifizierung der Aortenklappentaschen und des linksventrikulären Ausflusstraktes (LVOT) als potentielle Prädiktoren für die Notwendigkeit zur Herzschrittmacher-Implantation nach TAVI.
 
Methoden
In einer Kohorte von 1200 konsekutiven Pt. ohne Herzschrittmacher, die eine transfemorale TAVI erhielten, wurden die klinischen und prozeduralen Charakteristika systematisch erfasst. Bei allen Pt. erfolgte präinterventionell eine kardiale Computertomographie mit quantitativer Bestimmung des Kalkvolumens im Bereich der Aortenklappe, der einzelnen Aortenklappentaschen sowie des LVOT im Kontrast-Scan (s. Abbildung).
 
Ergebnisse
Das mediane Alter der Pt. betrug 81 (IQR 7) Jahre, 50% waren männlich. Eine ballonexpandierbare Prothese erhielten 68% der Pt., eine selbstexpandierbare Prothese 32%. Postinterventionell zeigte sich bei n=155 Pt. (13%) ein höhergradiger AV-Block mit Notwendigkeit zur Implantation eines Herzschrittmachers. In dieser Gruppe fand sich eine signifikant höhere Kalklast im Bereich der Aortenklappentaschen als in der Gruppe derjenigen ohne höhergradigen AV-Block (s. Tabelle). In der univariaten Regressionsanalyse erwiesen sich der präinterventionelle komplette RSB (p<0,001, OR 8,564), die Implantation einer selbstexpandierbaren Prothese (p=0,013, OR 1,549) und die Kalzifizierung der akoronaren (p=0,016, OR 1,001) und linkskoronaren Tasche (p=0,025, OR 1,001) als signifikante Prädiktoren für die Notwendigkeit zur Implantation eines Herzschrittmachers. In der multivariaten Regressionsanalyse verblieben die genannten Prädiktoren signifikant, so auch die Kalzifizierung der akoronaren Tasche (p=0,037, OR 1,001). Pro mm3 Kalzifizierung steigt also das Risiko für das Auftreten eines höhergradigen AV-Blocks um 0,1%. Bei einer medianen Kalzifizierung von 225 mm3 im Bereich der akoronaren Tasche sind dies also 22,5%.
Schlussfolgerung
Neben in der Literatur bereits mehrfach analysierten Faktoren, wie dem präinterventionellen kompletten RSB oder der selbstexpandierbaren Prothese, erwies sich hier auch eine Kalzifizierung der Aortenklappentaschen, insbesondere der akoronaren Tasche, als wichtiger anatomischer Prädiktor für die Notwendigkeit zur Schrittmacher-Implantation.  Dies lässt sich durch die Nähe des AV-Knotens und des linken Tawara-Schenkels zur akoronaren Tasche und somit erhöhte Kompressionsgefahr im Rahmen der Klappenimplantation erklären. Die Ergebnisse dieser Arbeit tragen somit zur Stratifizierung bezüglich eines erhöhten Risikos für die Implantation eines Herzschrittmachers nach TAVI bei.
 
 Kalzifizierung [mm3]  Schrittmacher-Implantation  Keine Schrittmacher-Implantation  p-Wert
 Aortenklappe gesamt  539 (456)  452 (482)  0,004
 Nicht-koronare Tasche (NCC)  225 (238)  189 (219)  0,033
 Linkskoronare Tasche (LCC)  138 (172)  112 (151)  0,007
 Rechtskoronare Tasche (RCC)  146 (176)  119 (164)  0,006
 LVOT  0 (16)  0 (13)  0,804
Tab.: Datenangabe als Median (IQR)


Abb.: Bestimmung Kalkvolumen

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