Clin Res Cardiol (2023). https://doi.org/10.1007/s00392-023-02180-w

Weiterführende koronarphysiologische Abklärung bei MINOCA/ANOCA/INOCA- IDP als Standard?
-  Erste Ergebnisse mittels Coroventis-Coroflow (CFR/IMR) und ACh-Testung - Vivantes Friedrichshain Berlin
S. Kubik1, M. Manstein1, Y. Stoeckicht1, E. Piel1, D. Oh-Ici1, A. Bärisch1, S. Kische1
1Klinik für Innere Medizin - Kardiologie und konserv. Intensivmedizin, Vivantes Klinikum im Friedrichshain, Berlin;

Hintergrund:
Bei mindestens 20-40% der Pat. mit AP-Beschwerden kann keine obstruktive koronare Herzerkrankung (Stenose > 50%) als Ursache gefunden werden, sodass der Begriff „ANOCA“ (angina and non-obstructive coronary artery disease) etabliert wurde. Es konnte aufgezeigt werden, dass die mikrovaskuläre Dysfunktion (CMD) sowie der epikardiale Koronarspasmus ursächlich seien können.

Ähnlich Ähnlich verhält es sich bei Pat. mit akutem Myokardinfarkt, bei ca. 5-9%  zeigten sich „MINOCAs“ (myocardial infarction with non-obstructive coronary arteries), auch bei Patienten mit „INOCA" (ischemia with no obstructive coronary artery disease) findet sich gehäuft keine KHK. 

Bisher existiert noch kein klares Screening-Verfahren für das Vorliegen einer CMD oder eines Koronarspasmus.

Seit 2020 werden am Vivantes Klinikum im Friedrichshain- Berlin standardisiert Patient*innen mit ANOCA, INOCA und MINOCA mittels IDP (Coroventis Coroflow und Acetlycholin-Testung) weiterverfolgt und deren Risikofaktoren gescreent. Hier werden die Ergebnisse der ersten 50 Patient*innen vorgestellt.

Methodik:
Im Zeitraum 06/2020-8/2022 wurden insgesamt 50 Patient*innen bei ANOCA, INOCA und MINOCA mittels koronarphysiologischer Untersuchung bei V.a. CMD und Acetylcholin-Provokationstestung bei V.a. Koronarspasmus untersucht. Bei den hier untersuchten Patient*innen wurden die kardiovaskulären Risikofaktoren (HLP, art. Hypertonie, DM, Nikotinabusus) dokumentiert.

Ergebnisse: Bei den Untersuchten handelte es sich bei 70% um Männer, das durchschnittliche Alter betrug 62,38 Jahre. Insgesamt handelte es sich um 60% ANOCA-Pat., gefolgt von 26% MINOCA vor INOCA (14%). Bei 64% war eine KHK bekannt, hiervon waren knapp 60% mittels PCl versorgt worden. 80% der Untersuchten standen unter einer antihypertensiven Therapie bei art. Hypertonie, bei knapp jedem 2. Patient (46%) wurde eine Hypercholesterinämie medikamentös behandelt. Etwa ein Viertel (26%) litt an einem Diabetes Mellitus, 16% gaben einen regelmäßigen inhalativen Nikotinkonsum an. Bei einem relativ hohen Anteil von 44% war eine chronische Niereninsuffizienz bekannt.

Bei lediglich 10% wurde eine kardiale Genese ausgeschlossen, hiervon verteilten sich 80% auf die Gruppe der ANOCAs. Bei 76% konnte die Diagnose einer reinen CMD als Ursache diagnostiziert werden, bei 10% wurde ein rein epikardialer Koronarspasmus sowie bei 4% eine Mixed-Disease nachgewiesen.

Bei den Patienten mit einer reinen CMD zeigte sich mit 29% der mikrovaskuläre (mv) Spasmus bei ansonsten normwertigen Indices führend, gefolgt vom Triple-Nachweis (path. IMR, path. CFR und mv Spasmus) mit 24%.

Zusammenfassung: Es wurden überwiegend Männer eingeschlossen, das durchschnittliche Alter ist mit 62,38 Jahren im eher klassischen KHK-Alter, dies erklärt auch den hohen Anteil an Patient*innen mit KHK/Z.n. PCI.

Bei etwa ¾ (76%) der untersuchten Patient*innen trat ein mv Koronarspasmus alleinig oder mit pathologischen IMR/CFR-Werten auf, sodass dies die Notwendigkeit einer vollständigen IDP inklusive Acetylcholin-Provokationstestung unterstreicht. Der epikardiale Koronarspasmus scheint hier etwas unterrepräsentiert, in der  Subgruppenanalyse bei 15% der MINOCA-Patienten jedoch vergleichbar.

Der hohe Anteil an Patienten mit kardiovaskulärem Risikoprofil weist stark darauf hin, dass das „klassische KHK“-Risikoprofil auch ein CMD-Risikoprofil ist und gerade diese Patient*innen suffizient untersucht und medikamentös eingestellt werden müssen um Langzeitfolgen zu reduzieren.


https://dgk.org/kongress_programme/jt2023/aP880.html