Clin Res Cardiol (2023). https://doi.org/10.1007/s00392-023-02180-w

Interessenkonflikte von Autoren der Herzinsuffizienz-Leitlinien der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) im Vergleich von 2012 bis 2021
B. Schneider1, C. Stöllberger2
1Sana Kliniken, Lübeck; 2Klinik Landstraße, Wien, Österreich;

Hintergrund und Ziel: Interessenkonflikte (IK) werden definiert als Situationen, die ein Risiko dafür schaffen, dass professionelles Urteilsvermögen oder Handeln, welches sich auf ein primäres Interesse bezieht, durch ein sekundäres Interesse unangemessen beeinflusst wird. Ein IK tritt auf, wenn materielle oder soziale Vorteile in einer Spannung zu primären medizinisch-ethischen Zielen stehen. Auch Autoren der Leitlinien werden verpflichtet, ihre IK anzugeben. Das Institute of Medicine (IOM) in Washington hat 2009 Standards für den Umgang mit IK bei der Erstellung von Leitlinien herausgegeben. Nach den Empfehlungen des IOM soll nur eine Minderheit der Mitglieder der Leitlinienkommission IK haben und der Vorsitzende keinen IK. Leitlinien-Ersteller sollen nur bei solchen Themen stimmberechtigt sein, bei denen sie keinen IK haben.

Ziel der Analyse war es, die 2021 publizierten Leitlinien der ESC zur Diagnostik und Therapie der akuten und chronischen Herzinsuffizienz im Hinblick auf die IK der Autoren zu untersuchen und mit den vorausgegangenen Leitlinien zu vergleichen.

Methode: Die IK-Erklärungen von Autoren der 2021 erschienenen und der korrespondierenden früheren Leitlinien von 2012 und 2016 wurden auf der ESC-Homepage gesucht und ausgewertet.

Ergebnisse: Bei den Leitlinien von 2012 gaben 24/26 Autoren (92%) zwischen 1 und 36 IK an. Insgesamt wurden 249 IK deklariert (10,4±7,3 pro Autor). Persönliche Zahlungen erhielten 20/26 Autoren (77%) (8,0±6,6 IK pro Autor, range 1-28). Der Vorsitzende gab 8 IK an. Von den 38 Reviewern der Leitlinie deklarierten 32 (84%) IK (8,1±5,9 IK pro Reviewer, range 1-29).

2016 gaben 19/21 Autoren (90%) IK an (range 1-35). Insgesamt wurden 250 IK berichtet (13,2±9,9 pro Autor). 17/21 Autoren (81%) hatten persönliche Zahlungen erhalten (10,4±7,4 IK pro Autor, range 1-28). Der Vorsitzende deklarierte die zweitmeisten IK (n=33) und der 2. Vorsitzende die viertmeisten IK (n=21). Von den Reviewern gaben 67/87 (77%) IK an (8,1±7,3 IK pro Reviewer, range 1-31).

2021 deklarierten 28/31 Autoren (90%) IK (range 2-54). Insgesamt wurden 391 IK angegeben (13,9±13,8 pro Autor), 23/31 Autoren (74%) erhielten persönliche Zahlungen (9,7±7,5 IK pro Autor, range 1-29). Die Vorsitzende der Leitlinienkommission gab 5 IK an. Von den Reviewern deklarierten 91/117 (78%) IK (4,8±4,3 IK pro Reviewer, range 1-20).

Unternehmen, welche ARNI, SGLT2-Inhibitoren und Eisen-Carboxymaltose vermarkten, wurden bei den IK-Erklärungen 2021 am häufigsten aufgeführt.

Konklusion: Entgegen den Empfehlungen des IOM aus dem Jahr 2009 liegt der Anteil von Autoren mit IK bei den Herzinsuffizienz-Leitlinien der ESC mit 90% unverändert hoch, wobei die Anzahl der IK pro Autor im Verlauf kontinuierlich zugenommen hat. 2021 erhielten 74% der Autoren persönliche Zahlungen. Um eine unangemessene Beeinflussung der Leitlinien zu vermeiden, sollte den IK und einem verantwortlichen Umgang mit ihnen mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden. Da es einen großen Bedarf an Leitlinien gibt, denen wir vertrauen können, sollte die ESC bei der Leitlinien- Erstellung den Empfehlungen des IOM folgen.

 


https://dgk.org/kongress_programme/jt2023/aP548.html