Clin Res Cardiol (2023). https://doi.org/10.1007/s00392-023-02180-w

Moderne Schnellladesysteme für Elektrofahrzeuge: Ist der Auflade-Vorgang sicher für Patienten mit Herzschrittmachern und Defibrillatoren?
C. Lennerz1, M. O´Connor2, A. Chouchane3, M. Bock1, K. Knoll1, C. Schaarschmidt1, F. Englert4, F. Bahlke1, H. Krafft1, T. Storz1, M. Kottmaier1, T. Reents1, F. Bourier1, S. Lengauer1, H. Schunkert1, G. Heßling4, I. Deisenhofer4, C. Kolb1
1Klinik für Herz- und Kreislauferkrankungen, Deutsches Herzzentrum München, München; 2Department of Cardiology, Auckland City Hospital, Auckland, NZ; 3Deutsches Herzzentrum München, München; 4Elektrophysiologie, Deutsches Herzzentrum München, München;

Hintergrund:
Der Verkauf und die Nutzung von batterieelektrischen Fahrzeugen (BEV) nimmt rasant zu. Elektroautos und ihre Ladestationen sind eine potenzielle Quelle elektromagnetischer Störungen (EMI) für Patienten mit kardialen implantierbaren elektronischen Geräten (CIEDs). Die neuen Schnell-Ladestationen haben das Potenzial, starke elektromagnetische Felder zu erzeugen und elektromagnetische Interferenzen in CIEDs zu induzieren. Ziel der Studie ist die Sicherheit von modernen Schnell-Ladestationen für Patienten mit Herzschrittmacher oder Defibrillator zu untersuchen.

Methoden:
Im Rahmen der Studie führten 130 CIED-Patienten 561 Lade-Vorgänge von 4 handelsüblichen BEV (Abbildung1) und einem Testfahrzeug (zur Nutzung von 350kW Ladeleistung) mit modernen Schnellladesystemen unter kontinuierlicher 6-Kanal-EKG-Überwachung durch. Das Ladekabel wurde direkt über dem Herzschrittmacher- oder ICD-Aggregat platziert. Die Geräte wurden so programmiert, dass die Wahrscheinlichkeit der EMI-Erkennung maximiert wird.  Nach der Exposition zu den elektromagnetischen Feldern während der unterschiedlichen Schnelllade-Vorgänge wurden die CIED erneut zum Nachweis von EMI abgefragt.

Ergebnisse:
Es gab kein Nachweis von EMI, insbesondere kein Hinweis auf Oversensing, Inhibition der CIED-Stimulation, inadäquate Tachykardie-Erkennung, Modus-Wechsel oder spontane Umprogrammierung. Das berechnete EMI-Risiko bei einer patientenbasierten Analyse beträgt 0/130 (95% KI [0% -2%]) und das kalkulierte EMI-Risiko bei einer gebührenbasierten Analyse beträgt 0/561 (95%-KI [0%-0,6%]). Das effektive Magnetfeld entlang des Ladekabels betrug 38,65μT und an der Ladestation 77,9μT.

Schlussfolgerung:
Die Benutzung von modernen Schnellladesystemen für Elektroautos scheint für Patienten mit Herzschrittmacher oder Defibrillator sicher zu sein. Eine klinische relevante Beeinträchtigung der Herzrhythmusimplantate durch EMI konnte nicht nachgewiesen werden. Dennoch sollte die Zeit in unmittelbarer Nähe zum Ladekabel minimiert werden, da das Auftreten sehr seltener Ereignisse nicht gänzlich ausgeschlossen werden kann.


Abbildung 1 zeigt den Ladevorgang. Als Worst-Case-Szenario wurde das Ladekabel während des Ladevorgangs unmittelbar über das CIED-Aggregat positioniert. In der Studie wurden für das Laden vier repräsentative Elektroautos verwendet, die hohe Ladeströme moderner Schnellladesysteme nutzen können: A) Porsche Taycan Turbo B) Tesla Model 3 Performance C) VW ID.3 Pro Performance D) Audi e-tron 55 Quattro. 


https://dgk.org/kongress_programme/jt2023/aP489.html