Clin Res Cardiol (2023). https://doi.org/10.1007/s00392-023-02180-w

Verbesserung der Beschwerdesymptomatik und Lebensqualität von Patienten mit koronaren Vasomotionsstörungen durch eine Endotyp-basierte medikamentöse Therapie
C. Kroll1, A. Hubert1, A. Seitz1, R. Bekeredjian1, U. Sechtem1, P. Ong1
1Kardiologie und Angiologie, Robert-Bosch-Krankenhaus, Stuttgart;
Hintergrund: Bei Patienten mit Angina pectoris (AP) ohne relevante Koronarstenosen (ANOCA-Patienten) sind koronare Vasomotionsstörungen eine häufige Ursache für deren Beschwerden. Jedoch stellt das heterogene Krankheitsbild durch ein breites Spektrum an Unterformen (sog. Endotypen) eine große therapeutische Herausforderung dar. Zahlreiche Patienten leiden unter einer langjährigen therapierefraktären Beschwerdesymptomatik und stark eingeschränkten Lebensqualität.
Ziel: Mit dieser Beobachtungsstudie soll gezeigt werden, dass die Lebensqualität dieser Patienten durch eine Endotypen-angepasste medikamentöse Therapie verbessert werden kann.
Methoden: Im Rahmen unserer kardiologischen Facharztsprechstunde wurden von 50 konsekutiven ANOCA-Patienten (56% Frauen, mittleres Alter 63±14 Jahre) mit gesicherter Diagnose einer koronaren Vasomotionsstörung die Patientencharakteristika und die verordnete Medikation im Zeitraum von 04/2021 bis 02/2022 systematisch erfasst und ausgewertet. Die Endotypeneinteilung erfolgte gemäß der diagnostisch unterscheidbaren Unterformen (Koronarspasmen: n=30; Vasodilatationsstörung: n=3; kombinierte Vasomotionsstörung: n=17). Basierend auf den Leitlinienempfehlungen der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie wurde unter Berücksichtigung der Anamnese eine individuelle Endotypen-angepasste Medikation verordnet. Die Wirksamkeit und Verträglichkeit der Medikamente wurden über einen Zeitraum von 3 Monaten durch die engmaschige Anbindung an die Sprechstunde überprüft und gegebenenfalls angepasst. Zusätzlich wurde die Lebensqualität mithilfe des Seattle Angina Questionnaire-7 (SAQ-7) zu Studienbeginn sowie nach 1, 2 und 3 Monaten quantitativ erfasst (Wert 0-100) und die häusliche Beschwerdesymptomatik mittels Patiententagebuch (PROM) wöchentlich dokumentiert. 
Ergebnisse: Im untersuchten Patientenkollektiv gehörten die arterielle Hypertonie (74%) und Hypercholesterinämie (80%) zu den häufigsten begleitenden kardiovaskulären Risikofaktoren. Nach 3-monatiger Endotyp-basierter antianginöser Therapie konnte innerhalb des Gesamtkollektivs bei 70% der Patienten eine klinisch relevante und signifikante Verbesserung des SAQ7-Scores um im Mittel 15 Punkte erreicht werden (p<0,001), während bei 14% der Studienteilnehmer keine Veränderung (<5 Punkte) und bei 16% eine Verschlechterung im klinisch relevanten Bereich (≥5 Punkte) verzeichnet wurde. In Übereinstimmung dazu zeigte sich auch im PROM-Stimmungsbild (Skala 1-5) eine signifikante Verbesserung um 0,5 Punkte (2,7±0,8 vs. 3,2±0,8; p<0,001; n=46) sowie eine signifikante Abnahme der monatlichen Anfallsanzahl um 38% (11,7±13,6 vs. 7,3±15,4; p=0,041) bzw. Nitroglycerineinnahme um 67% (2,7±5,9 vs. 0,9±2,6; p=0,004). Beim Vergleich der Anfangs- und Endmedikation konnte bei Patienten mit Koronarspasmen ein signifikanter Einnahmeanstieg in der Wirkstoffgruppe der Nicht-DHP-Calciumkanalantagonisten von 30% verzeichnet werden (p=0,004). Innerhalb des Patientenkollektivs mit kombinierter Vasomotionsstörung zeigte sich, dass Statine bzw. Ezetimib sowie Ranolazin um jeweils 35% signifikant häufiger am Ende des Beobachtungszeitraums eingenommen wurden (p=0,031). 
Schlussfolgerung: Eine gezielte Endotypen-basierte medikamentöse Therapie kann bei ANOCA-Patienten mit koronaren Vasomotionsstörungen entscheidend zu einer klinisch relevanten Verbesserung der Beschwerdesymptomatik und Lebensqualität beitragen.


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