Clin Res Cardiol (2023). https://doi.org/10.1007/s00392-023-02180-w

Eine neue interventionelle Behandlungsstrategie atrialer Arrhythmien mittels Vorhoftätowierung
P. L. Blochberger1, F. Wiedmann1, J. Sánchez2, P. Martínez Díaz2, A. Paasche1, B. Yesilgoez1, M. Kraft1, A. Loewe2, S. Kallenberger3, N. Frey1, C. Schmidt1
1Klinik für Innere Med. III, Kardiologie, Angiologie u. Pneumologie, Universitätsklinikum Heidelberg, Heidelberg; 2Institut für Biomedizinische Technik, Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Karlsruhe; 3NCT Heidelberg, University Hospital Heidelberg, Heidelberg;

Einleitung: Vorhofflimmern ist mit über 3% Betroffenen weltweit die häufigste anhaltende Arrhythmie und eine der wesentlichen Kausalitäten für thrombembolische Ereignisse und Hospitalisierung. Während bei der Katheterablation durch Destruktion des Myokards oftmals Inhomogenitäten in der Reizweiterleitung geschaffen werden, haben wir eine neue interventionelle Therapiemethode gegen Vorhofflimmern entwickelt. Durch gezielte Tätowierung von zirkulären Linien erhöhter Leitfähigkeit im Vorhof, wird die Ausbreitung irregulärer Erregungen synchronisiert. Zur Erhöhung der myokardialen Leitfähigkeit werden Silbernanowires verwendet, die durch eine Tätowierungsapplikation in das atriale Myokard eingebracht werden.

 

Methoden und Ergebnisse: Die neue interventionelle Therapiemethode wurde in einem etablierten Großtier-Vorhofflimmermodell (Schwein) in-vivo getestet. Vorhofflimmern wurde im Tiermodel nach durchgeführter AV-Knotenablation durch einen Device basierten Tachy-Pacing-Biofeedback-Mechanismus induziert. Es erfolgte ein kontinuierliches Rhythmusmonitoring mit Quantifizierung der Vorhofflimmerepisoden. Hausschweine mit Vorhofflimmern beziehungsweise Sinusrhythmus wurden in Interventions- und Kontrollgruppe randomisiert. Die Interventionsgruppe erhielt eine Injektion mit Silbernanowires. Die Applikation erfolgte in einer zirkulären Linie im Atrium. Die Kontrollgruppe erhielt bei gleicher Durchführung der Applikation eine 0,9-prozentige NaCl-Lösung. Anschließend wurden die Tiere 21 Tage lang überwacht. In diesem Zeitraum wurden - neben einer täglichen klinischen Untersuchung und EKG-Ableitung - Echokardiographien, konventionelle elektrophysiologische Untersuchungen sowie 3D-Mapping, Blutentnahmen und Multielektrodenarraymessungen initial und final durchgeführt. Danach wurde das Herz entnommen und histologisch sowie molekular untersucht. Die Vorhofflimmerlast der Interventionsgruppe mit erhaltener Silbernanowire-Tattoo-Linie konnte im Vergleich zur Kontrollgruppe signifikant reduziert werden. Dabei ist eine Korrelation zwischen injizierter Menge an Silbernanowires und Vorhofflimmerlast zu erkennen. Auf molekularer Ebene zeigte sich eine signifikante Hochregulation von Connexin 43 im Bereich der injizierten Silbernanowire-Linie. Die Auswertungen der Multielektrodenarraymessungen und 3D-Maps zeigten eine deutliche Beeinflussung der Erregungsleitung im Bereich der Silbernanowire-Linie und eine Synchronisierung von Erregungsfronten durch die Intervention. Laborchemisch und histologisch ergab sich kein Anhalt für eine Inflammationsreaktion oder Fibrose-Induktion.

 

Zusammenfassung: Die neu entwickelte interventionelle Therapiemethode konnte die Erregungsleitung durch Beeinflussung der myokardialen Leitfähigkeit im Atrium von Schweinen signifikant verändern und Vorhofflimmern terminieren. Anstelle der Beeinflussung der Erregungsleitung im Vorhofmyokard durch myokardiale Destruktion wie bei der klassischen Ablationstechnik, wird bei dieser Methode die Erregungsfront synchronisiert und damit in ihrer Geschwindigkeit homogenisiert. Zukünftig könnte dies eine vielversprechende Therapieoption zur Behandlung von Vorhofflimmern und atrialen Kardiomyopathien bieten.


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