Clin Res Cardiol (2023). https://doi.org/10.1007/s00392-023-02180-w

Patienten mit vorbestehender arterieller Hypertonie im Schock haben nach 24 Stunden eine signifikant schlechtere sublinguale Mikrozirkulation
R. R. Bruno1, S. N. Binnebößel1, G. Wolff1, M. Kelm1, C. Jung1
1Klinik für Kardiologie, Pneumologie und Angiologie, Universitätsklinikum Düsseldorf, Düsseldorf;

Hintergrund und Ziele

Patienten im Schock weisen unabhängig von der Genese des Schocks eine hohe Mortalität auf. Der Schock ist pathophysiologisch durch eine gestörte Mikrozirkulation mit entsprechend eingeschränkter Perfusion der Organe gekennzeichnet. Verschiedene Grunderkrankungen können die Mikrozirkulation chronisch beeinflussen. Eine der häufigsten Komorbiditäten im Schock ist der arterielle Hypertonus (aH). Die Hypothese dieser Arbeit war, dass sich Patienten im Schock mit vorbestehendem aH von Patienten ohne aH in ihrer Mikrozirkulation unterscheiden.

Methoden

Analysiert wurden Patienten im Schock (definiert als persistierend erhöhtes Serum-Laktat trotz Volumensubstitution und Notwendigkeit von medikamentöser Kreislaufunterstützung), bei denen 24 Stunden nach Aufnahme auf die Intensivstation eine sublinguale nicht-invasive und bettseitige Messung der Mikrozirkulation mittels SDF-Kamera erfolgte. Die Videos wurden anschließend durch den AVA 4.3C Algorithmus (Microvision Medical, Amsterdam, Niederlande) analysiert.

Ergebnisse

Insgesamt wurden 115 Patienten analysiert, wobei bei 52 Patienten (45%) eine vorherbestehende aH hatten. Es gab keine Unterschiede zwischen den Gruppen hinsichtlich der Geschlechterverteilung (männliches Geschlecht: 73% in der Gruppe ohne aH versus 71% in der Gruppe mit aH, p=0,837), des Alters (67,5 ± 13,1 Jahre versus 70,8 ± 11,83 Jahre, p=0,157) oder der Genese des Schocks. Auch der SOFA-Score bei Aufnahme (9,3±4,3 versus 8,7±3,2, p= 0,379 und das Serum Laktat bei Aufnahme war nicht signifikant unterschiedlich (5,8 ± 4,2 mmol/L versus 4,7 ± 3,4 mmol/L, p=0,139). Ebenso war die intensivmedizinische Therapie hinsichtlich der Notwendigkeit von invasiver Beatmung (89% versus 85% aH, p= 0,583), des Einsatzes von Nierenersatzverfahren (16% versus 10%, p=0,409) und auch Therapielimitationen vergleichbar (45% versus 46%, p=1,00). Patienten mit aH benötigten häufiger mechanische Herzkreislaufunterstützung, allerdings ohne, dass dies statistische Signifikanz erreichte (1,6% versus 9,6%, p=0,09). Weder die Aufenthaltsdauer auf der Intensivstation (14,7±27,9 versus 10,4± 12,8 Tage, p= 0,311), noch im Krankenhaus (20,6 ± 29,1 Tage versus 19,1 ± 19,8 Tage, p=0,758) zeigte Unterschiede zwischen den Gruppen. Auch die 30-Tages-Mortalität war in beiden Gruppen ohne statistisch signifikante Differenz (47,6% versus 39,2%, p=0,449). Nach 24 Stunden kreislaufstabilisierender Maßnahmen wiesen die Patienten mit vorherbestehender aH signifikant schlechtere Mikrozirkulationsparameter auf. Dies betraf sowohl die Parameter der Gefäßdichte (angegeben sind immer die small vessels; Number of Crossings 24,7 ± 9,2 versus 19,5 ±12,8, p=0,035; DeBacker Density 5,3 ± 2,0 versus 4,1 ± 2,7, p=0,028) als auch die Parameter der Perfusion (Perfused Number of Crossings 21,4 ± 7,9 versus 16,6 ± 10,7, p=0,024; Perfused DeBacker Density 4,5 ±1,7 versus 3,5±2,3, p=0,024).

Schlussfolgerung

Bei kritisch kranken Patienten im Schock war eine vorbestehende chronische arterielle Hypertonie mit einer schlechteren Mikrozirkulation nach 24 Stunden kreislaufstabilisierender Maßnahmen assoziiert. Für die Evaluation der intensivmedizinischen Relevanz dieser Beobachtungen sind weitere Forschungen notwendig.


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