Einleitung:
Die kalzifizierende Aortenklappenstenose ist eine der
häufigsten kardio-vaskulären Erkrankungen. Perspektivisch bedingt der
demographische Wandel eine zunehmende Relevanz der Aortenstenose, die
letztendlich in einer dilatativen Kardiomyopathie mit einhergehender
Herzinsuffizienz mündet.
Die einzige kurative Behandlung ist der chirurgische Aortenklappenersatz
durch meist biologische Prothesen. Aufgrund ausstehender substanzbasierter Therapieoptionen
ergibt sich die Notwendigkeit, zugrundeliegende pathophysiologische, passive
und aktiv-zellulär gesteuerte Prozesse intensiver zu erforschen. Fokus sind valvuläre,
interstitielle Zellen und deren Regulation mit dem Ziel, Strategien für
pharmakologische Interventionen zu entwickeln. Bedingt durch Limitationen von in
vitro und in vivo Modellen, werden unterstützend ex vivo
Ansätze zur Kultur von Aortenklappengewebe angestrebt, realisiert z.B. durch
mikrophysiologische Systeme (MPS). MPS, auch als Lab/Organ-on-a-Chip Systeme
bekannt, ermöglichen die Simulation (patho)physiologischer Parameter der komplexen
Aortenklappenposition.
Hypothese:
Die pulsatil-dynamische Kultur von porcinem und humanem
Aortenklappengewebe in einem modularen MPS mit TIC (tissue incubation chamber) unter Erhalt der Viabilität realisiert
den Erhalt des ursprünglichen Aufbaus und der Zusammensetzung der
Extrazellularmatrix. Die MPS-TIC-Gewebekultur ermöglicht die Analyse integren
Aortenklappengewebes einschließlich der Zell-Zell- und Zell-Matrix-Kontakte sowie
die Modulation (patho)physiologischer Prozesse.
Material und Methoden:
An den Koaptationsrand angrenzende Gewebebereiche porciner und humaner
Aortenklappengewebe wurde auf 3 x 5 mm² zugeschnitten und auf 10 ± 0,5 mg Masse-normiert. Die Zuschnitte
wurden anschließend in radialer Ausrichtung in die TIC eingenäht und bei
Scherkräften von 0,26 dyn/cm² für 14 Tage inkubiert. Eine statische sowie eine
Totzellgewebskontrolle (Triton X100) wurde mitgeführt. Zur Etablierung wurden porcine
Aortenklappen von Schlachttieren verwendet. Die Masse wurde nach Experimentende
bestimmt und die Viabilität durch histologische Analyse der LDH-Aktivität am
Gefrierschnitt validiert. Um die Modulation der Extrazellularmatrix und die
Kalzifizierung zu untersuchen, wurden MOVAT’s Pentachrom-, Picrosiriusrot‑, und
Alizarinrot-Färbungen durchgeführt. Immunhistochemisch wurde die Expression
von α-SMA und CD31 nachgewiesen.
Resultate:
In der Endpunkanalyse zeigte sich eine signifikante Reduktion der Probenoberfläche
und der Masse nach pulsatiler, dynamischer Kultur im MPS-TIC, bei Erhalt der
Viabilität. Dabei wurde durch die Pentachrom-Färbung der Dreischichtaufbau des
Aortenklappengewebes belegt sowie sporadisch eine aufgelockerte ECM-Morphologie.
Die Quantifizierung der Picrosiriusrot-Färbung ergab eine signifikante Erhöhung
des Kollagengehaltes im dynamischen und statischen Ansatz im Vergleich zu
nativen Proben. Glykosaminoglykane, α-SMA-und CD31-Expression hingegen blieben unverändert. Eine Anreicherung
von Kalziumhydroxyapatit zeigte sich nicht.
Schlussfolgerung:
Die pulsatil-dynamische Gewebskultur resultiert in Veränderungen der Extrazellular-matrix
unter Erhalt des Dreischichtaufbaus des Aortenklappengewebes. Parallelen
initialer degenerativer Veränderungen der Aortenklappe werden reflektiert. Die
Charakterisierung pathophysiologischer und die Optimierung der physiologischen biomechanischen
Simulation im MPS-TIC sind weiterführend Projektziele.