Clin Res Cardiol (2023). https://doi.org/10.1007/s00392-023-02180-w

Ein Einblick in die ambulante telemedizinische Versorgung von Patienten mit kardialen Implantaten in Deutschland
B. Steiner1, B. Zippel-Schultz1, E. Thoden1, J. C. Geller2, T. Klingenheben3, A. Kröttinger4, V. G. Leonhardt5, J. Placke6, T. M. Helms1
1Deutsche Stiftung für chronisch Kranke, Berlin; 2Rhythmologie und invasive Elektrophysiologie, Zentralklinik Bad Berka GmbH, Bad Berka; 3Praxis für Kardiologie Bonn, Bonn; 4Praxis Bad Wiessee, Bad Wiessee; 5HIZ BERLIN Herzschrittmacher- & ICD-Zentrum, Berlin; 6Gemeinschaftspraxis für Kardiologie, Rostock;

Hintergrund: Kardiale Implantate sind ein wesentlicher Bestandteil der Diagnostik und Therapie symptomatischer Herzerkrankungen. Durch die Weiterentwicklung telemedizinischer Strukturen im deutschen Gesundheitswesen gewinnen sie an Bedeutung, um eine ambulante, lückenlose und bedarfsgerechte Versorgung zu gewährleisten. Aktuell fehlen jedoch adäquate Qualitätssicherungsmaßnahmen (QS-Maßnahmen) zum Prozedere nach Ereignismeldung.

Methodik: „DOQUVIDE – Dokumentation der Qualität bei der Erhebung von Vitalparametern durch implantierte Devices“ ist ein Messinstrument zur Erfassung der Versorgungsrealität ambulant telekardiologisch betreuter Patienten mit implantierten Schrittmacher-/ICD-/CRT‑D-Devices. DOQUVIDE erfasst kardiale Ereignisse, telemedizinisch gewonnene Vitalparameter und durch standardisierte Bögen das Prozedere nach Ereignismeldung.

Praxen: 2022 haben insgesamt 74 Praxen/Kliniken an DOQUVIDE teilgenommen, vor allem aus Nordrhein-Westfalen (n=12) und Sachsen (n=10). Aus Bremen und dem Saarland liegen keine Daten vor. Im Mittel werden pro Praxis jährlich 28 (2021) Patienten eingeschlossen. Die Streuung ist hoch. 47,2% der Praxen schließt jährlich weniger als 10 Patienten ein; nur 4 Praxen mehr als 100.

Patienten: Etwa 60% der 2021 registrierten Patienten sind männlich. Das Durchschnittsalter lag bei 76,95 Jahren (±11,53). Die meisten Patienten (67,8%) weisen eine NYHA-Klasse II auf; nur wenige die NYHA-Klasse III (n=70; 6,44%) und IV (n=3; 0,28%). 1009 der 1087 in 2021 mit DOQUVIDE registrierte Patienten (92,8%) nahmen bei Einschluss mind. ein kardiales Medikament; im Schnitt sind es 3,37 (±1,78) pro Patient. Nur ein geringer Anteil (15,1%) nimmt zusätzlich nicht-kardiale Medikamente. 15% der Patienten (n=164) litten unter weiteren behandlungsbedürftigen Erkrankungen. Zu den häufigsten Komorbiditäten zählen Schilddrüsenerkrankungen (29,3%), Beschwerden der Magen- und Speiseröhrenschleimhaut (28,3%) und Diabetes mellitus (26,2%).

Implantationen: 2021 wurden 1087 kardiologische Implantationen registriert - etwa 10% mehr als 2020. Der Trend steigt seit 2016. Häufigste Indikation war das Sick-Sinus-Syndrom, gefolgt vom atrioventrikulären Block in unterschiedlichem Schweregrad. Neuimplantationen (41,7%) und Wechsel (51,2%) von einfachen Herzschrittmachern machen mehr als 90% der Implantationen aus. Insgesamt fanden Geräte-Wechsel mit 55,5% deutlich häufiger statt als Neuimplantation (43,8%).

Ereignismeldungen: 2021 wurden insgesamt 5273 Ereignisbögen als Folge telekardiologischer Ereignisse, wie signifikanter Vorhofflimmerlast oder stattgefundener Gerätetherapie, in DOQUVIDE generiert. Auf 2946 dieser Ereignisse (55,8%) folgten diagnostische Maßnahmen. Überwiegend (93%) wurden die Patienten angerufen. Eine invasive Diagnostik (1%), Elektro-Kardioversion (1%) oder stationäre Einweisung (2%) folgten selten. In 4% der Fälle wurde eine Antikoagulation gestartet. Eine Anpassung der Medikation fand bei 80 Patienten (5%) statt, ein Implantat-Wechsel bei 4.

Fazit: Bisher ist die ambulante telekardiologische Versorgung in Deutschland nicht weit verbreitet. Deshalb sind weiterführende QS-Maßnahmen erforderlich. Mit DOQUVIDE ist es möglich, erstmalig die telekardiologische Versorgungsrealität abzubilden. Die so geschaffene Transparenz eröffnet die Möglichkeit, vergleichende Analysen durchzuführen, um letztlich die ambulante, telekardiologische Versorgungsqualität in Deutschland besser bewerten zu können.

https://dgk.org/kongress_programme/jt2023/aP1689.html