Clin Res Cardiol (2023). https://doi.org/10.1007/s00392-023-02180-w

Erfolgreiche Etablierung eines Peer-Review-Verfahrens in der STEMI-Patienten-Versorgung in Niedersachen als Instrument einer kollegialen, interdisziplinären Qualitätssicherung/-verbesserung
M. Schroeter1, A. Franke2, W. Raut3, J. Tongers4, C. Weiß5, C. Vahlhaus6, C. Fleischmann7, T. Wittlinger8, S. Berlage9, K. H. Scholz10
1Herzzentrum, Klinik für Kardiologie und Pneumologie, Universitätsmedizin Göttingen, Göttingen; 2Abteilung Kardiologie, Klinikum Siloah, Hannover; 3Med. Klinik Kardiologie und Angiologie, Krankenhaus Buchholz und Winsen gGmbH, Buchholz in der Nordheide; 4Kardiologie und Angiologie, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover; 5Klinik für Kardiologie, Städt. Klinikum Lüneburg gGmbH, Lüneburg; 6Klinik für Kardiologie und Angiologie, Klinikum Leer, Leer (Ostfriesland); 7Medizinische Klinik I, Klinikum Wolfsburg, Wolfsburg; 8Medizinische Klinik I, ASKLEPIOS Harzklinikum Goslar, Goslar; 9Zentrum für Qualität und Management im Gesundheitswesen, Ärztekammer Niedersachsen, Hannover; 10Med. Klinik I - Kardiologie, St. Bernward Krankenhaus, Hildesheim;

Hintergrund und Ziel:

Peer Review ist definiert als kontinuierliche, systematische und kritische Reflexion durch mehrere Gesundheitsberufe über die eigene Leistungsfähigkeit und die der Kollegen*Innen unter Verwendung eines strukturierten Prozesses mit dem Ziel einer kontinuierlichen Verbesserung der Qualität der Patientenversorgung. Insbesondere sollen Lücken zwischen Erhebung und Auswertung von Qualitätsdaten, Feedback der Ergebnisse und Ableitung konkreter Verbesserungsmaßnahmen bei Qualitätsdefiziten geschlossen werden. Erste Impulse für die Einführung von Peer Reviews gingen von niedergelassenen Ärzten und von der Initiative Qualitätsmedizin aus sowie von der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Notfall- und Intensivmedizin. In der Inneren Medizin bzw. Kardiologie existierte bisher noch kein entsprechendes Programm.

Methodik:

2015 erfolgte die Neugründung der Arbeitsgemeinschaft (AG) Herzinfarktversorgung Niedersachsen, auch unter Einbeziehung der Erfahrungen durch das FITT-STEMI-Projekt, welches mittlerweile bundesweit in den 55 beteiligten Zentren die Erfahrung aus über 50.000 STEMI-Fällen zur Qualitätsverbesserung erfolgreich nutzen kann. Durch die AG wurde ein spezifischer Erhebungsbogen zur STEMI-Versorgung der verschiedenen Phasen (allgemeine Kennzahlen, n=5; Rettungsdienst, n=6; Schnittstelle Notaufnahme, n=10; Herzkatheterlabor, n=12; Nachbehandlung stationär/ poststationär, n=13 sowie 3 Qualitätsindikatoren Outcome) mit Selbst- vs. Peereinschätzung entwickelt. Es fand eine mehrtägige curriculare Ausbildung der AG-Mitglieder zum sog. Peer statt. Zusätzlich müssen diese mind. an 2 Vor-Ort-Terminen teilnehmen und beteiligen sich an regelmäßigen Feedback-Veranstaltungen.

Ergebnisse:

Seit 2016 finden regelmäßig mind. einmal jährlich Treffen der AG statt, bei denen der spezifische Peer-Review-Prozess überprüft und weiterentwickelt wird. Es nahmen seit 2017 n=9 größere kardiologische Kliniken in Niedersachsen an Vor-Ort-Besuchen durch das externe Expertenteam teil, die jeweils von n=4-5 Peers (3-4 Ärzte*Innen und 1 Pflegekraft), darunter 1 Leitender Peer und zusätzlich 1 Mitarbeiter*In des Zentrums für Qualität und Management der Ärztekammer Niedersachsen, besucht wurden. Das Peer Review erfolgte jeweils an einem Arbeitstag in der entsprechenden Klinik nach einem vorher vereinbarten Zeitplan (siehe allg. Ablaufplan unten). Abschließend erfolgte die Erstellung eines schriftlichen Berichtes mit spezifischen SWOT-Analysen (Stärken/Schwächen + Chancen/Risiken) sowie Empfehlungen und Best-Practice-Analyse. Die Evaluationsergebnisse direkt danach und nach 6 Monaten zeigten eine sehr gute Akzeptanz des Peer Reviews und signifikante Ansätze für eine Optimierung der Qualität der STEMI-Versorgung. Weitere Evaluationsergebnisse auch im langfristigen Verlauf folgen noch.

Schlussfolgerungen und Ausblick:
Der neu geschaffene Prozess des Peer Reviews in der STEMI-Versorgung bietet eine gute Möglichkeit der externen Qualitätsüberprüfung und -sicherung auf einer kollegialen Basis mit gegenseitiger Austauschmöglichkeit. Er grenzt sich von Zertifizierungsverfahren ab bzw. ergänzt diese und zeigt nach den ersten Evaluationen Verbesserungen im kurz- und mittelfristigen Bereich auf. Ziel ist eine Ausweitung der Zahl von auszubildenden Peers (ärztliches + pflegerisches Personal) sowie eine Erweiterung der STEMI-Peer-Reviews auf weitere Kliniken in Niedersachen und auch bundesweit. Zusätzliche Evaluationen auch im Langzeitverlauf sollen folgen.




https://dgk.org/kongress_programme/jt2023/aP1300.html